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Die Bank im Park

Die Bank im Park

Titel: Die Bank im Park
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie eine normale Sterbliche gewesen wäre, aus ihrem Bett aufstehen, ihre Gemächer verlassen und selbst nachsehen können. Das war jedoch absolut nicht in Frage gekommen. Die Würde der Dauphine, noch schwer angeschlagen vom Kuß im Bois, hätte sich damit einfach nicht vertragen.
    Am Morgen, beim Ankleiden, wollte Margarete von ihrer Kammerzofe wissen, was sich nachts zugetragen hatte.
    »Nachts?« antwortete das Mädchen völlig erstaunt.
    »Hast du wieder nichts gehört?« ärgerte sich die Dauphine.
    »Überhaupt nichts, Königliche Hoheit.«
    »Es ging doch zu, daß einem himmelangst werden konnte.«
    »Ich habe, wie ich Euch schon oft sagte, einen sehr tiefen Schlaf, Königliche Hoheit.«
    Die Kammerzofe war ein kluges Kind, ein dienender Geist, der wußte, wann es sich empfahl, vorsichtshalber nichts gesehen, nichts gehört, nichts bemerkt zu haben. »Sich aus allem raushalten!« lautet die Devise der Schwachen, wenn die Mächtigen sich in den Haaren liegen.
    »Weißt du, woran ich glaube?« sagte die Dauphine zu ihrer Kammerzofe.
    »Woran, Königliche Hoheit?«
    »Daß du deinen Schlaf wieder mit einem deiner Liebhaber geteilt und deshalb nichts anderes mehr gehört und gesehen hast. Wie viele hast du denn eigentlich?«
    »Keinen, Königliche Hoheit, ich bin ein reines Mädchen.«
    »Keinen?«
    »Keinen.«
    »Du bist ein reines Mädchen?«
    Die Zofe behauptete auch dies noch einmal.
    Daraufhin sagte die Dauphine: »Schau hinauf zur Zimmerdecke. Siehst du etwas?«
    »Nein, Königliche Hoheit.«
    »Ich aber sehe die Balken, die sich biegen, du schamlose Lügnerin!«
    Dies sagend, schlug die Dauphine mit einem Schuh nach der Zofe und scheuchte sie aus dem Zimmer.
    »Ich will dich heute nicht mehr sehen!« rief sie ihr nach.
    Zwei Minuten später drang der Ruf aus dem königlichen Gemach: »Danielle!«
    Die Zofe, die auf dem Korridor, mit dem Ohr an der Tür gewartet hatte, spritzte wieder hinein zu ihrer Herrin.
    »Wo treibst du dich denn herum?« wurde sie empfangen. »Soll ich mich vielleicht allein ankleiden? Ich frage mich, wozu ich dich habe.«
    Nach dem Frühstück stand für die Dauphine der Morgenritt auf dem Programm.
    »Heute nachmittag«, sagte sie zur Zofe, »hätte ich Lust zu einem Geschicklichkeitsspielchen, du weißt schon, mit diesen Steinen aus Spanien. Dazu brauche ich einige Damen und den Comte de Buron sowie den Polizeipräfekten. Ich mag die beiden zwar nicht besonders – das geht dich aber nichts an, hör mir also nicht so neugierig zu –, doch sie spielen am besten. Man kann von ihnen lernen. Erinnere mich nach dem Morgenritt daran, daß ich sie verständigen lasse. Vergiß es nicht, sonst bekommst du Hiebe.«
    Die Dauphine ahnte nicht, daß sie sich zu ihrem Spielchen zwei andere Teilnehmer einfallen lassen mußte.
    Bei ihrem Ritt stieß die Dauphine von Anfang an auf ungewohnte Bilder. Schon ihr Reitknecht, der ihr in den Sattel half, ein lustiger Bursche, wirkte an diesem Tag keineswegs lustig. Scheu war sein Blick, fahrig waren seine Handgriffe, die von einer sich auch auf das Pferd übertragenen Nervosität kündeten.
    In der Stadt sah die Dauphine die Mauern von Truppen besetzt, die Tore waren zu, und durch die Straßen zogen starke Streifen, die auch an den Quais besonders in Erscheinung traten. Das ganze Militär schien aufgeboten zu sein. Zivilisten waren kaum zu sehen, sie schienen es vorzuziehen, in ihren Häusern zu bleiben.
    Kopfschüttelnd kam Margarete ins Schloß zurück, wo der Dauphin an einem der hohen Fenster seines Arbeitsraumes stand und in den herrlichen Morgen hinausstarrte. Auf der geschwungenen Treppe begegnete die Dauphine dem Marquis de Bréguérac, der aber nicht, wie sonst, stehenblieb, um ein paar freundliche Worte von ihr zu ernten, sondern nur ergebenst grüßte und weitereilte.
    Kurzentschlossen wandte sich die Dauphine dem Arbeitszimmer ihres Gemahls zu, klopfte und trat ein. Die Kammerherren im Vorraum blieben erstarrt zurück; das Wagnis, ohne Meldung eines Adjutanten beim Dauphin einzudringen, erschien ihnen ungeheuerlich.
    Der Dauphin wandte sich um und sah erstaunt seine Gemahlin ins Zimmer kommen. Keck wippte die Feder an ihrem Reithut. Eine Wolke guter Riechstoffe wehte ihr voraus. Ihre großen, blauen Augen baten um Verzeihung für ihr ungewöhnliches Benehmen.
    »Margaret?« Der Dauphin trat ein paar Schritte ins Zimmer, verbeugte sich und blickte ihr fragend ins Gesicht. »Es muß ein außerordentlicher Anlaß sein, der es zustandebringt,
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