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Die Bank im Park

Die Bank im Park

Titel: Die Bank im Park
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Novelle die deutsche Öffentlichkeit – und auch die französische – auf einen vergessenen Dichter aufmerksam gemacht werden, der maßgeblich an der Formung unseres europäischen Kulturbildes beteiligt war, und als dessen Tragödie es sich ergab, daß er seine Fähigkeiten unter eine zu harte Selbstkritik stellte und an einem Mangel an Selbstvertrauen zugrunde ging.
    In der Reihe der großen Dichter Frankreichs mag man nun auch Alain Chartier einen kleinen Platz der Würde einräumen; damit wäre der Zweck der Novelle, gemäß dem Wunsche des Autors, erfüllt.
    Heinz Günther Konsalik
    Paris …
    Was alles verbindet sich mit dem Namen dieser Stadt, wenn er aufklingt:
    Die Stadt der Liebe
    Die Stadt des Lichts
    Die Stadt der Mode
    Die Stadt größter Ideen der Menschheit
    Die Stadt Napoleons – die ihn an sich riß und ihn, als er stürzte, von sich stieß
    Die Stadt Balzacs, Maupassants, Pasteurs – um nur einige aus der unübersehbaren Schar französischer Geistesheroen zu nennen
    Die Stadt des Louvre, der Sorbonne
    Metropole der Welt
    Nun, Metropole der Welt ist heute Paris nicht mehr, aber sie galt lange genug als solche, unangefochten, bewundert, die Jahrhunderte beherrschend.
    Wohin zogen die Maler und Dichter aus allen vier Himmelsrichtungen des Globus: Picasso, Hemingway – um wieder nur zwei für viele, viele andere zu nennen? Nach Paris. Wo sahen sie den Olymp, den zu erklimmen sie trachteten? In Paris.
    Und immer noch hat sich davon einiges erhalten. Zwar glauben nicht mehr unbedingt die Dichter und Denker aller Nationen und die genialen Künstler den Weltruhm an der Seine finden zu müssen; die Modeschöpfer jedoch sehen ihr Mekka nach wie vor nicht in Rom oder Florenz, sondern in Paris. Und nicht nur die Meister der Schere tun dies, auch alle diejenigen, welche der Liebe der Sinne nachspüren – und nicht gerade jener des Herzens –, streben danach (oder träumen wenigstens davon), wenigstens einmal im Leben ihren Fuß nach Paris zu setzen.
    Die vorliegende Novelle führt zurück ins fünfzehnte Jahrhundert – in das Paris von damals. Aus den Gärten und Parks ziehen Blütenduftwolken durch die Straßen. Hinter beschnittenen Taxushecken plätschern in Marmorbecken kleine und große Springbrunnen. Verträumte Teiche laden zu Kahnfahrten der Liebe ein, vorbei an den Nist- und Ruheplätzen schwarzer Schwäne.
    Lasse die Hand ins laue Wasser gleiten, du Glücklicher, der du in deiner Fantasie in einem dieser Kähne sitzest, pflücke eine breit erblühte Seerose und lege sie deiner Geliebten, die bei dir ist, in den Schoß.
    Darf es dich kümmern, daß düstere Wolken über Frankreichs flimmernden Sommerhimmel ziehen, daß der Dauphin sich an die Spitze monarchistischer Empörer gestellt hat und gegen den eigenen Vater den Degen zückt?
    Darf es dich kümmern, daß die Dauphine eine Margarete von Schottland ist, eine Fremde, eine Tochter des verhaßten britischen Volkes, das – gar nicht lange ist es her – die Heilige Johanna von Orleans verbrannt hat?
    Kümmert es dich, daß Ludwig, der Dauphin des Reiches, sich mit der Praguerie vereinigt, um die Mätresse seines Vaters, die listige, sündhaft schöne Agnes Sorel, zu stürzen – und daß er dann doch aus der Hand des Vaters das Kommando über die Truppen gegen die Engländer und Schweizer übernimmt?
    Wappne dein Herz und folge den Spuren des Alain Chartiers …

I
    In einem der Parks des sommerlich heißen Paris wandelte durch die sorgfältig gepflegten, zierlich geschnittenen Laubengänge, vorbei an den leuchtenden Blumenbeeten inmitten des saftigen, grünen, kurz geschorenen Rasens der Dichter Alain Chartier. Sein schwarzer Taillenrock, die Würde des Scholastikers zeigend, war umgürtet von einer feingliedrigen, goldenen Kette, an der ein schmaler Degen baumelte. Auf den dunklen, krausen Locken des Wandelnden saß ein schwarzes Samtbarett mit einer lustig wippenden Feder. Zierlichen, fast tänzelnden Schrittes kam der junge Mann daher. Er war mittelgroß, schmächtig. Seine brennenden, ausdrucksvollen Augen von schwarzer Färbung blickten nicht abwärts auf den geharkten Sand der Wege, sondern empor zum glühenden Himmel, als wollten sie eine Brücke schlagen zum überirdischen Azurblau der Sphäre.
    Er war arm, dieser kleine Dichter Alain Chartier, und er trug nicht leicht an seiner Armut, denn gar wohl wußte er, wen er eigentlich darstellte und was ihm daher das Leben längst schuldig gewesen wäre. Der Rock des Scholastikers, den er
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