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Die Aussortierten (German Edition)

Die Aussortierten (German Edition)

Titel: Die Aussortierten (German Edition)
Autoren: Udo Brandes
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kann in diesem Staat nichts verändern, wenn man immer nur kluge Vorträge hält. Man muss auch bereit sein, den berühmten Marsch durch die Institutionen anzutreten.’ Ich glaube, es war damals der Satz ‚Wir brauchen Leute wie dich, Ulli’, der etwas in mir ausgelöst hat. Und natürlich auch der Mensch Tauber. Ich hab ihn schon als Kind sehr gemocht. Und das ist heute immer noch so. Aber ich gebe zu: Wie ein Fisch im Wasser fühle ich mich bei der Polizei immer noch nicht. Und ich befürchte, das wird auch so bleiben. Da geht es dir wahrscheinlich anders, nicht wahr? Du machst doch jetzt als Ärztin genau das, was du immer machen wolltest, oder?“
     
    „Ja, stimmt.“
     
    „Und was macht dein Mann?“
     
    „Der ist auch Arzt und arbeitet als Kardiologe in einer Klinik. Wir haben zwei Töchter, Lea und Clarissa, sechs und acht Jahre alt.“
     
    „Und wie hast du da noch Zeit für deine Praxis?“
     
    „Ich bin in die Praxis erst eingestiegen, als die Kinder schon etwas älter waren. Das ist eine Gemeinschaftspraxis mit einer jungen Kollegin. Wir arbeiten beide nur zwanzig Stunden in der Praxis. Da hat man allerdings noch eine Menge anderes an den Hacken, das ganze bürokratische Drumherum, Weiterbildung etc.“
     
    „Na ja, das klingt aber trotzdem nach einem schönen, ausgefüllten Leben, in dem es an nichts fehlt. Schöner Beruf mit hohem gesellschaftlichem Status, einen Mann und Kinder, und wahrscheinlich auch noch ein eigenes Haus, stimmt’s oder hab ich Recht?“
     
    „Es stimmt!“
     
    „Da musst du ja geradezu ekelhaft glücklich sein!“
     
    „Na ja, wir wollen mal nicht übertreiben. Aber ich bin schon sehr zufrieden. Und wie steht es bei dir? Bis du glücklich?“
     
    „Sagen wir mal so: Ich erlerne langsam die Fähigkeit, mich mit den Realitäten des Lebens abzufinden und mich darin einzurichten.“
     
    „Na, das klingt ja nun nicht gerade so, als wenn das große Glück ausgebrochen wäre.“
     
    „Das hat in der Tat bislang noch einen Bogen um mich gemacht.“
     
    „Und wie schaut’s mit den Frauen aus?“
     
    „Ach Judith, ich hatte tatsächlich die richtige getroffen, eine britische Schauspielschülerin. Wir haben über Jahre hinweg eine leidenschaftliche Affäre gehabt, aber wir haben es nicht hingekriegt, an ein und demselben Ort zu leben. Und da kam es eben, wie es kommen musste: Eines Tages hatte sie einen anderen. Wir sind immer noch gut befreundet und haben immer wieder mal telefonisch Kontakt, alle paar Jahre besuchen wir uns auch mal. Aber ich sehe sie öfter im Kino als real.“
     
    „Im Kino? Spielt sie denn so häufig in Filmen mit?“
     
    „Ja.“
     
    „Ja, wer ist es denn nun?“
     
    „Kate George.“
     
    „Waasss? Du hast was mit Kate George gehabt? Nee, jetzt spinnst du aber!“
     
    „Nein, sie war doch schließlich nicht immer berühmt. Ich habe sie kennengelernt, als sie eine noch vollkommen unbekannte Schauspielschülerin war“.
     
    „Das ist ja ein Hammer. Ich fass es nicht.“
     
    Das Gespräch ging noch anderthalb Stunden weiter.   De Wall sagte zu, dass er wenn es eben ging, versuchen wollte, in drei Wochen zu ihrem 40. Geburtstag nach Konstanz zu kommen. Als er das Gespräch beendet hatte, legte er sich aufs Sofa und blieb noch eine ganze Stunde fast regungslos sitzen und dachte über das Gespräch, die alten Zeiten und sein Leben nach. Dann stand er auf und setzte einen neuen Tee auf. Der alte war vollkommen kalt geworden. Und dann genoss er bei Tee, Schokolade und einigen Zigaretten „Die Gentlemen bitten zur Kasse“.

 
    3. Kapitel
     
    Der Sonderauftrag
     
    „Ja, herein“.
     
    Die Tür des Büros von Kriminaldirektor Hans-Jürgen Tauber, dem Leiter des Zentralen Kriminaldienstes, öffnete sich und ein groß gewachsener, durchtrainierter Mann von Anfang Vierzig in hellblauen Jeans, dunkelblauen Polo-T-Shirt und hellbraunen Lederschuhen betrat den Raum.
     
    „Ah, Ulli, du bist`s. Komm, setzt dich. Ich hab den Tee fertig und Kekse gibt`s auch.“
     
    Tauber zeigte auf die kleine Sitzecke mit gemütlichen Sesseln, wo schon eine Teekanne aus Metall und ein schönes ostfriesisches Teegeschirr bereit standen. Bevor Tauber sich zu de Wall setzte, ging er an den Wandschrank, holte aus der Tasche einen   Schlüssel, öffnete die Schranktür und holte eine Packung Edelpralinen heraus. „Ich soll also irgendeinen Mist erledigen“, dachte de Wall. Tauber kannte de Walls Vorliebe für Schokolade. Er selber war ebenfalls ein
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