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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
Autoren: Joelle Charbonneau
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wie verlockend. Jeder Koloniebewohner, der in Tosu-Stadt oder einer anderen Kolonie arbeiten möchte, kann ein Bewerbungsformular ausfüllen und im Büro der Magistratin abgeben. Die Regierung des Vereinigten Commonwealth wird sich dann mit dem Kandidaten in Verbindung setzen, falls eine geeignete Arbeitsstelle frei ist. In meinen sechzehn Jahren habe ich nur zwei Bewerber kennengelernt, die auch tatsächlich eine Position angeboten bekommen haben. Nach der heutigen Enttäuschung bin ich mir nicht sicher, ob ich in absehbarer Zeit bereit bin für die nächste Ernüchterung.
    Meine Verunsicherung muss mir anzusehen sein, denn Zeen legt mir einen Arm um die Schultern und zieht mich kurz an sich. »Keine Sorge, meine Kleine. Du hast noch genug Zeit, dir zu überlegen, was du mit dem Rest deines Lebens anfangen willst.«
    Leider sieht Mom das ganz anders.
    Am nächsten Morgen schlafen wir alle lange, aber ich habe kaum Zeit, mich anzuziehen, als meine Mutter auch schon anfängt: »Wenn du immer noch entschlossen bist, nicht bei deinem Vater zu arbeiten, dann hat Kip Drysten noch Platz in seinem Team. Du solltest mit ihm reden, ehe einer der anderen Schulabgänger dir zuvorkommt.«
    Kip Drystens Team repariert Maschinen für die Landwirtschaft. Ich arbeite zwar gerne mit mechanischen Geräten, aber die Vorstellung, mein ganzes restliches Leben lang kaputte Traktoren instand zu setzen, ist deprimierend. »Ich denke darüber nach«, antworte ich.
    Das Stirnrunzeln auf dem Gesicht meiner Mutter spricht Bände, was der Grund dafür ist, dass ich auf mein Fahrrad steige und langsam in Richtung Stadt radele, um Mr. Drysten zu suchen.
    Die Drystens wohnen in einem kleinen, hübschen Häuschen auf der anderen Seite der Kolonie. Mühsam schlucke ich ein paar Mal, ehe ich an die Tür klopfe. Mr. Drystens Frau sagt mir, dass ihr Mann schon frühmorgens zur Endress-Farm aufgebrochen sei, und ich kann nichts gegen das Gefühl der Erleichterung tun, das mich bei ihren Worten überfällt. Ich habe eine Gnadenfrist bekommen.
    Am Tag nach der Abschlussfeier lassen alle es stets ruhig angehen. Die Familien bleiben in der Regel daheim, um im engeren Kreis weiterzufeiern. Auch meine Mutter plant für später am Tag ein üppiges Mahl, und sie hat sogar ein paar meiner Freunde dazu eingeladen, an unserem Fest teilzunehmen. Wahrscheinlich sollte ich nach Hause fahren und ihr bei den Vorbereitungen zur Hand gehen. Stattdessen steige ich jedoch von meinem Rad, als ich auf dem Marktplatz angekommen bin. Ich lehne es gegen einen Baum und setze mich an den Brunnen. Zwei Koloniebewohner winken mir zu, aber sie sind in Eile und bleiben nicht stehen, um sich zu unterhalten. Mir ist das sehr lieb so. Ich stütze meinen Kopf in beide Hände, sehe dem gluckernden Wasser des Brunnens zu und versuche, das hohle Gefühl zu ignorieren, das sich seit der gestrigen Zeremonie in mir breitgemacht hat. Ich bin jetzt eine Erwachsene. Von klein auf habe ich meine Eltern und die anderen Erwachsenen beobachtet und mich auf den Tag gefreut, an dem ich eine von ihnen sein würde – stark und selbstbewusst. Und nun merke ich, dass ich mich noch nie so unsicher gefühlt habe.
    Die Uhr über dem Haus der Magistratin schlägt zur vollen Stunde. Drei Uhr. Zeit, nach Hause zurückzukehren, ehe meine Mutter anfängt, sich Sorgen zu machen.
    Auf halber Strecke treffe ich auf meinen Bruder Hart, der mir auf dem unbefestigten Weg entgegengerannt kommt. Mist. Wenn Mom ihn losgeschickt hat, um mich zu suchen, dann sitze ich bereits in der Tinte.
    Aber es stellt sich heraus, dass es gar nicht meine Mutter ist, die mich holen lässt. »Magistratin Owens hat Dad eine Nachricht über den Impuls-Transmitter zukommen lassen, kurz nachdem du das Haus verlassen hast. Du sollst dich um vier Uhr bei ihr einfinden, damit ihr über deine Pläne für die Zukunft sprechen könnt. Als du nicht gleich wieder nach Hause gekommen bist, hat Mom uns alle gebeten, nach dir Ausschau zu halten.« Hart wirft mir ein spöttisches Grinsen zu. »Du solltest dich lieber ranhalten, wenn du das noch schaffen willst.«
    Er hat recht.
    Als ich wieder auf dem Marktplatz ankomme, läuft mir der Schweiß übers Gesicht, mein Haar ist ein einziges Chaos, und in meinem Magen sitzt ein harter Knoten. Mein Vater und meine Brüder sind schon öfter zur Magistratin einbestellt worden, um verschiedene Projekte abzustimmen, aber für mich ist es das erste Mal. Meine Zukunftspläne? Unwillkürlich frage ich mich, ob meine
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