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Die Attentaeterin

Die Attentaeterin

Titel: Die Attentaeterin
Autoren: Yasmina Khadra
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gerade meine Unterlagen ab !«
    »Sie bekommen sie zurück, wenn wir sie durchgesehen haben .«
    »Es handelt sich dabei um vertrauliche Dokumente, die Krankenakten meiner Patienten .«
    »Tut mir leid, aber das müssen wir schon selbst nachprüfen .«
    Ich höre Zimmertüren auf-und zuschlagen, Schubladen quietschen und Möbel knarren.
    »Kommen wir noch einmal zu Ihrer Frau zurück, Herr Doktor Jaafari .«
    »Sie sind auf dem Holzweg, Herr Hauptmann. Meine Frau hat mit dem, was Sie ihr vorwerfen, wirklich nichts zu tun. Sie war Gast in diesem Restaurant. Sihem hat nie Lust zu kochen, wenn sie von einer Reise heimkehrt. Sie ist dorthin gegangen, um ungestört einen Happen zu essen ... So einfach ist das. Ich teile ihr Leben und ihre Geheimnisse jetzt schon seit fünfzehn Jahren. Ich kenne sie inzwischen wirklich gut, und wenn sie etwas vor mir verborgen hätte, hätte ich es doch irgendwann gemerkt .«
    »Ich war auch mal mit einer tollen Frau verheiratet, Herr Doktor Jaafari. Sie war mein ganzer Stolz. Es dauerte sieben Jahre, bis ich begriff, dass sie mir das Wesentliche dessen vorenthielt, was ein Mann über Treue wissen sollte .«
    »Meine Frau hatte keinerlei Grund, mich zu betrügen .«
    Der Hauptmann schaut sich suchend um. Ich deute auf einen kleinen Glastisch hinter ihm. Er nimmt einen letzten Zug, länger als die vorhergehenden, und zerdrückt die Kippe gewissenhaft im Aschenbecher.
    »Herr Doktor Jaafari, selbst jemand, der durchaus sturmerprobt ist, ist gegen Überraschungen nie ganz gefeit. Das Leben ist von Anfang bis Ende ein übles Spiel, ein langer Tunnel voller Fallen und Hundekacke. Ob man gleich wieder aufspringt oder am Boden liegen bleibt, ändert wenig daran. Es gibt nur eine Möglichkeit, das Ende aller Prüfungen zu erreichen: Tag und Nacht damit zu rechnen, dass jederzeit das Schlimmste über einen hereinbrechen kann … Ihre Frau ist nicht in dieses Restaurant gegangen, um in ein Sandwich, sondern um ins Gras zu beißen …«
    »Jetzt reicht es !« , brülle ich außer mir, während ich aufspringe. »Vor einer Stunde erfahre ich, dass meine Frau in einem Restaurant ums Leben gekommen ist, das ein Selbstmordattentäter in die Luft gejagt hat. Kurz darauf erklärt man mir, dass niemand anderer als sie dieser Selbstmordattentäter war. Das ist zu viel für einen erschöpften Mann. Lassen Sie mich erst mal in Ruhe weinen, fertig machen können Sie mich später, aber bitte zwingen Sie mich nicht gleichzeitig zu Trauer und Angst .«
    »Herr Doktor Jaafari, bleiben Sie sitzen, bitte !«
    Ich stoße ihn derart aufgebracht zurück, dass er fast eine Rolle rückwärts über den kleinen Glastisch gemacht hätte.
    »Rühren Sie mich nicht an! Ich verbiete Ihnen, mich anzufassen !«
    Er fängt sich schnell und versucht, mich zu besänftigen.
    »Herr Jaafari …«
    »Meine Frau hat nichts mit diesem Blutbad zu tun. Es handelt sich um ein Selbstmordattentat, Herrgott noch mal!
    Nicht um das Gezänk einer Hausfrau. Es handelt sich um meine Frau! Die tot ist. In diesem verfluchten Restaurant ums Leben gekommen. Wie alle anderen. Mit allen anderen. Ich verbiete Ihnen, ihr Gedächtnis zu beflecken. Sie war eine anständige Frau. Eine sehr anständige sogar. Das absolute Gegenteil von dem, was Sie da unterstellen.«
    »Ein Zeuge …«
    »Was für ein Zeuge denn? Und woran will er sich schon erinnern! An die Bombe, die meine Frau dabeihatte, oder an ihr Gesicht? Ich teile mein Leben seit über fünfzehn Jahren mit Sihem. Ich kenne sie in-und auswendig. Ich weiß, wozu sie in der Lage ist und wozu nicht. Sie hatte zu weiße Hände, als dass der kleinste Fleck darauf mir hätte entgehen können. Sie ist doch nicht schon deshalb verdächtig, weil sie am schlimmsten entstellt ist. Wenn das Ihre Annahme ist, dann müsste es da noch ein paar andere geben. Meine Frau ist am schlimmsten entstellt, weil sie am exponiertesten war. Das Ding, das da explodiert ist, war nicht auf ihr, sondern ganz in ihrer Nähe, vermutlich unter ihrem Sitz versteckt, oder unter dem Tisch, an dem sie saß … Soviel ich weiß, liegt kein offizieller Bericht vor, der Ihnen erlaubte, derart schwerwiegende Dinge zu behaupten. Außerdem sind die ersten Untersuchungsergebnisse ja nicht zwangsläufig der Weisheit letzter Schluss. Warten wir doch erst einmal die Bekennerschreiben ab. Irgendwer muss das Attentat doch für sich reklamieren. Vielleicht tauchen am Ende auch noch Videokassetten auf, die Ihnen und den Nachrichtenredaktionen zugespielt
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