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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde
Autoren: Eliot Pattison
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ist.«
    »Schakale laufen mit Geistern«, wiederholte Hadrian die Worte des Jungen an Kenton.
    Buchanans Augen weiteten sich, und er schaute über die Schulter, als sei er plötzlich verängstigt. Dann murmelte er eine leise Verwünschung und stützte sich auf seine Spitzhacke. »Der Narr hat bei dem Abendessen zu viel getrunken. Das war noch vor der Eröffnung des Badehauses.« Während Hadrian sich wieder an die Arbeit machte, sprach Buchanan leise und besonnen weiter, als würde er seine offizielle Verlautbarung einstudieren. »Danach ist er hergekommen, um den öffentlichen Abort unweit der Hütte seiner Mutter zu benutzen. Er ist hineingefallen und versunken. Er war betrunken, und das Geländer dort ist schon immer zu niedrig gewesen.«
    Hadrian hielt inne und blickte voll finsterer Vorahnung auf den nun vollständig freigelegten Torso. »Ein bisschen Stahl hat er aber noch bergen können.«
    »Was redest du da für einen …?« Die Worte erstarben dem Gouverneur auf den Lippen. Er hob die Laterne und bemerkte die Klinge aus aufgearbeitetem Metall, die zwischen den Rippen des Mannes steckte. »Neeiin!«, stöhnte er. »Nein«, wiederholte er nach einem Moment etwas entschiedener und nachdenklicher, als würde er von sich weisen, was er sah. Er starrte das behelfsmäßige Messer so lange an, dass Hadrian fortfuhr und die Beine des Mannes ausgrub.
    Schließlich richtete Buchanan sich auf, zog seine Jacke aus und breitete sie über den Toten. »Ich besorge uns eine Plane, in die wir ihn einrollen können«, verkündete er. »Und einen Karren, um ihn zum Hafen zu transportieren. Du suchst derweil ein paar Steine, mit denen wir ihn beschweren.«
    »Er wurde ermordet.«
    »Du wirst ihn einen Kilometer weit hinausrudern und ins Wasser werfen.«
    »Jonah und ich müssen seinen Leichnam untersuchen, um herauszufinden, was geschehen ist.«
    »Er hat im Dienst der Kolonie sein Leben geopfert. Dort draußen in der Trümmerwüste lauern alle möglichen Gefahren. Jeder weiß, dass viele unserer Scouts niemals zurückkehren. Die Welt sträubt sich dagegen, aufs Neue entdeckt zu werden.«
    »Er wurde ermordet«, wiederholte Hadrian.
    »Es gibt hier keine Morde. In Carthage hat es noch nie einen Mord gegeben.«
    »Keine Geschichte. Keine Morde. Wie lautet deine nächste Verordnung? Keine Krankheiten mehr?«
    »Du, Hadrian, befindest dich nun wirklich nicht in der Position …«, knurrte der Gouverneur, als ein Glockensignal ertönte. Zu der ersten Glocke gesellte sich eine zweite, dann immer mehr, während der Alarm sich in der Stadt verbreitete. Hadrian und Buchanan rannten zurück auf den Hügel.
    »O Gott, nein!«, rief Hadrian, als er die Flammen in einem knappen Kilometer Entfernung sah. Sein Blick richtete sich auf das Fahrrad des Gouverneurs, das an einem nahen Baum lehnte. Er wirbelte herum und stieß Buchanan gegen Sergeant Kenton. »Findet Jonah!«, rief er, als er auf das Fahrrad stieg und sich dann duckte, um dem Hieb von Kentons Schlagstock zu entgehen. »Er wird wissen, welche Bücher am wichtigsten sind und unbedingt gerettet werden müssen! Er bewahrt dort so manchen Schatz der Kolonie auf!«
    Während er sich durch die erschrockene Menge schlängelte, kam er auch an der Feuerwehr vorbei, die hektisch versuchte, Schlauchleitungen zum nächstbesten Wasserbehälter zu legen. Er ließ das Fahrrad zu Boden fallen und lief in diebrennende Bibliothek. Männer und Frauen leerten Wassereimer in die Flammen. Andere trugen Bücher und Mobiliar aus dem Erdgeschoss nach draußen. Das Feuer fraß sich bereits durch die ersten Dachschindeln aus Zedernholz. Hadrian hastete die Stufen zur Werkstatt hinauf. Als er die Kammer erreichte, blieb er schlagartig stehen. Er ächzte entsetzt auf und sank auf die Knie. Hadrian hatte den wichtigsten Schatz der Kolonie gefunden.
    Über seinem brennenden Arbeitstisch baumelte Jonahs Leichnam von einem Dachbalken.

K APITEL ZWEI
    Hadrian war sich nicht bewusst, dass er sich bewegte. Ihm wurde nur plötzlich klar, dass er dem verblüfften Polizisten, der neben ihm aufgetaucht war, den Eimer aus den Händen gerissen haben musste. Er schüttete das Wasser auf den Tisch, löschte die Flammen, schnappte sich das Messer, das dort lag, sprang auf den Tisch und durchtrennte das Seil.
    Einen Augenblick später war er neben Jonah auf dem Boden, barg ihn in den Armen und nahm ihm die Schlinge ab. Der alte Mann schien aufzukeuchen. Voll jäher Hoffnung legte Hadrian ihn flach hin und wollte ihn
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