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Die andere Haut: Roman (German Edition)

Die andere Haut: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Haut: Roman (German Edition)
Autoren: Carmen Schnitzer
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romantisch!“ Ja, vielleicht ist es das. Romantisch oder wahnsinnig oder naiv. Braucht es eine Bezeichnung? Eine Seelenschublade, die oberflächliche Ordnung schafft? Nicht jetzt. Der Abend schmeckt süß. Lara lächelt Jan an und umarmt das Leben. Später rennen sie ein bisschen durch die Nacht.
    Die Luft riecht nach Staub und vergessenen Träumen. Irgendwann im Laufe der nächsten Wochen werden sie einander küssen, alles läuft unweigerlich auf solch einen Moment hinaus, so etwas spürt Lara meist schnell. Weil sich Momente wiederholen, nur in Variationen, und so jung ist sie nicht mehr, dass sie all die Blicke, all das Lachen und Fühlen, die Spannung und die Spielerei nicht kennt. Küsse schweben oft lange im Raum, bevor sich die Lippen berühren. Manchmal Jahre.
    Aber noch ist es ja nicht so weit, noch sind sie albern und innerlich sicher wie glückstrunkene Kinder an einem Sommertag. Ganz leicht weht ein kühler Wind, aber ihre Wangen glühen, als sie zum Hostel zurückschlendern, unendlich müde und satt von der Nacht. Freundschaftlich fallen sie einander in die Arme, Küsschen auf die Wange, jeder in sein eigenes Bett, war ein schöner Abend, schlaf gut und träum schön, bis morgen!
    Drei Wochen Freiheit haben David und Lara einander geschenkt, zur Hochzeit sozusagen, er zieht zurzeit allein durch Vietnam. Angst war da nicht. Nur möglicherweise ein Irrtum. Wo Reisen eine Sehnsucht stillt, nährt es schon die nächste, hatten sie das vergessen? Wollten sie das? Sie weiß es nicht mehr.
    Die nächsten Tage verbringt Lara mit Jan. Wie das Leben einem immer wieder Gefährten zuspielt, wenn man sich treiben lässt, in diesem Ozean der Ungewissheit. Hier eine Holzplanke, halt dich gut fest, dort ein Strudel, der dich zu verschlingen droht oder ein Tropfen, der sich auflöst im Nichts, hier ein Boot, da eine Krake und irgendwo Land.
    Was genau das ist mit Jan und ihr, darüber will sie nicht nachdenken, darum geht es doch, einfach mal wieder leben ohne Fragen nach dem Warum. Ohnehin fallen ihr nur fade und übertriebene Bilder ein, zwei Ertrinkende oder Hänsel und Gretel allein im dunklen Wald.
    Lara und ihr großer blonder Begleiter erregen überall Aufmerksamkeit. Ihm folgen schüchtern-verliebte Blicke einheimischer Schönheiten, Balsam für sein angekratztes Ego, er ist ganz ausgewechselt, richtig quirlig. Fast jeden Abend gehen sie tanzen und lernen neue Leute kennen. Backpacker und Aussteiger zumeist, aus aller Herren Länder.
    Jeder hält Lara und Jan für ein Paar, ein glückliches noch dazu. „Ihr wirkt so harmonisch“, hören sie öfter und grinsen in sich hinein. Tatsächlich ist es entspannt und lustig mit ihm, doch es fehlt jegliche körperliche Spannung, da ist nur diese Ruhe und Wärme und das Gefühl von Verstandensein. Fast glaubt Lara, sie habe sich diesmal geirrt, es wird keine Küsse geben, keine Küsse, keine Wünsche, keine Tränen.
    Den Anruf bei Ricardo verschiebt sie auf unbestimmte Zeit, ohne ihn zu vergessen. Jan kennt mittlerweile ihre ganze Geschichte, inzwischen weiß er auch von David, erzählt ihr im Gegenzug von seiner Ex-Freundin Marisa, bis sie irgendwann beschließen, nur noch eine Stunde pro Tag über ihr Liebeschaos zu sprechen, und als sie sich nicht daran halten, ändern sie diese Regel um in eine Stunde pro Tag und Person, also zwei.
    Am Wochenende fahren sie in ein kleines WallfahrtsStädtchen in Dschungelnähe, das bekannt ist für seine heißen Thermalquellen. Ein bisschen Erholung von den langen Nächten in den Salsatecas, so ist der Plan. Danach werden sie weitersehen.
    Sie suchen die Pension auf, in der Lara vor sieben Jahren schon einmal zu Gast war. Geführt wird sie von einem kleinen, alten Mann mit freundlich-verknautschtem Gesicht, der sie ein bisschen an Jean-Paul-Belmondo erinnert. „Doppelzimmer?“ fragt er, und aus einem Impuls heraus nicken Jan und Lara gleichzeitig, erschrecken einen Moment darüber, sehen einander an und sind gleich wieder entspannt.
    Auch als sie den Raum beziehen, ihre Taschen auf das große Doppelbett werfen, kommen ihnen keine Zweifel, so natürlich fühlt es sich an. Als würden sie den anderen schon ewig kennen und hätten nichts zu verbergen.
    Den Nachmittag über lassen sie sich treiben, erforschen den Ort und unternehmen eine kleine, leichte Wanderung zu einem der zahlreichen Wasserfälle der Umgebung.  „Ein Wunsch-Wasserfall“, erklärt Jan ehrfürchtig. Dank eifriger Reiseführer-Lektüre scheint er mittlerweile zum
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