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Die andere Haut: Roman (German Edition)

Die andere Haut: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Haut: Roman (German Edition)
Autoren: Carmen Schnitzer
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Surfertypen, groß und blond. Lange Haare gefallen mir auch nicht, außerdem wirkt er arrogant, meinst du nicht? Aber Sandra findet ihn auch sehr süß. Na ja, immerhin ist er nicht so klein wie die anderen hier, weißt du was, Ernesto, mein Lehrer, reicht mir gerade bis zur Schulter, ist dir das aufgefallen ..?“
„Plappermaul“, unterbricht Sandra ihre Freundin. Sie sagt es auf Deutsch, mit einem niedlichen Akzent, Lara muss lachen, „heißt das auf Englisch auch so?“ Könnte ja sein, wie „kindergarden“ vielleicht.
Sandra schüttelt den Kopf, erzählt von ihrem „German boyfriend“, lange her das, ein bisschen deutscher Wortschatz ist ihr geblieben von damals, „Plappermaul“, „gehen wir essen“, „Kussmund“ und „ach du Scheiße“. Sie ist entzückend, Lara könnte sie küssen! Natürlich ist es auch der Alkohol im Blut, die eingeimpfte Liebe. Vielleicht gibt es das irgendwann auf Rezept, müsste nur noch jemand was gegen die Nebenwirkungen erfinden. Lara lacht. Ein zauberhafter Abend, denkt sie, woraufhin Sandra und Judy ein neues deutsches Wort lernen, „zau-ber-haft“, genau, voller Magie, und alles ist so weit weg – Laras Leben in Deutschland, ihre Familie und Freunde, das Studium, der Job im Café, alles verschwimmt in watteweichem Nebel, sie ist ganz da im Jetzt.

Kapitel 3
Ein Freund
    Als das Flugzeug zur Landung ansetzt, erwacht Lara aus einem traumlosen Halbschlaf und agiert mechanisch wie eine Marionette. Sitz gerade stellen, anschnallen,  Ohrendruck wegschlucken, ganz normaler Urlaub. Herz verpacken, Verstand einschalten, doch dann – Knöpfe vertauscht, Herz wird weit, Verstand verwirrt, Landung geglückt, wieder bei ihm.
    Wenig später reißt sie eine Begegnung aus ihren Gedanken. An der Gepäckausgabe stolpert sie über einen strohblonden Hünen, der etwas verloren dreinblickt. Wie ein kleiner Junge, der sich im Dunkeln fürchtet.
    „Can I help you?“ fragt sie.
    Schon ist es wieder da, dieses Gefühl: Wir in einem Boot, zwei Fremde in der Fremde. Er lächelt dankbar. Michel aus Lönneberga in erwachsen, denkt sie noch, als er sich vorstellt. Er kommt tatsächlich aus Schweden, heißt Jan, spricht kein Spanisch, und jetzt fehlt sein Rucksack auf dem Fließband. Bei ihrer ersten Einreise ist ihr dasselbe passiert, beinahe ist sie froh über die vertraute Situation. Mit nur halb gespielter Lässigkeit beruhigt Lara Jan und begleitet ihn zum Info-Counter. Hier ist man auf solche Fälle vorbereitet, hält ihm eine Bildertafel mit gezeichneten Gepäckstücken unter die Nase und Farbtabellen. Um was geht es, aha, großer, dunkelblauer Rucksack, alles klar, der kommt schon noch, wo kann man Sie erreichen? Das nächste Problem, denn der schüchterne Schwede weiß noch gar nicht wohin.
    „Wir melden uns bei Ihnen“, beendet Lara das Gespräch und zieht den verwirrten Jan zum Taxistand. „Mach dir keine Sorgen, das passiert. In spätestens drei Tagen hast du deine Sachen wieder. Wenn du willst, zeige ich dir ein paar Pensionen.“ Er nickt. „Gerne. Danke.“
    Der Gute ahnt ja gar nicht, dass auch er ihr hilft in seiner Tapsigkeit. Ein großes Kind, das sie an der Hand nehmen kann, stark sein, wissen, was zu tun ist. Ihre Unsicherheit ist nahezu verflogen. Sie fahren mit dem Taxi nach „Gringolandia“, mieten zwei Einzelzimmer nebeneinander in einem kleinen, goldgelb gestrichenen Hostel. Die Hauswirtin wundert sich über die getrennten Räume, weil sie sie für ein Paar hält. Sie klären sie nicht auf, soll die Dame sich ihren Reim drauf machen.
    „Danke“, wiederholt Jan und lächelt, als er sein Zimmer aufschließt. Sie beschließen, sich etwas auszuruhen und verabreden sich für den späteren Abend.
    Auch Jan haben seine Gefühle hierher getrieben, erfährt Lara später, er ist frisch getrennt, nach neun Jahren großer Liebe, die irgendwann im Alltag versandet ist.
    Viele Millionen Liebesgeschichten über den Erdball verstreut, denkt sie, diese aus Schweden. Jan hat die leere Wohnung nicht mehr ertragen, nachdem seine Freundin Marisa ausgezogen war. Hat Hals über Kopf ein Ticket gekauft, irgendwohin, nur weg von Zuhause, ganz weit weg. Jetzt sitzt er hier mit Lara, und sie trinken gelbe Mango-Cocktails, „zwei zum Preis von einem heute“, später Bier, ziemlich blau erzählt sie ihm dann von Ricardo, aber nicht von David, weil es sich so und nicht anders ergibt.
    „Oje.“ Jan lacht. „Und jetzt willst du ihn wiedersehen, deinen Latin Lover? Wie
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