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Die alte Jungfer (German Edition)

Die alte Jungfer (German Edition)

Titel: Die alte Jungfer (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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geben, weil er über schattenlose Gartenwege wandelte. Du Bousquier hatte einen englischen Garten anlegen lassen. »»Es ist besser so«, sagte Madame du Bousquier, ohne es zu glauben, jedoch der Abbé Couturier hatte ihr Absolution gegeben, vieles zu tun, um ihrem Mann zu gefallen.
    Diese Restauration raubte dem Hause allen Glanz, alle Ehrwürdigkeit, seinen ganzen patriarchalischen Anstrich. Wie der Chevalier de Valois, dessen Verwahrlosung einer Abdankung gleichkam, existierte die bürgerliche Majestät des Salons Cormon nicht mehr, als er in Weiß mit Gold verwandelt, mit Ottomanen aus Mahagoni möbliert und mit blauer Seide austapeziert war. Der modern ausgeschmückte Speisesaal ließ die Schüsseln rasch kalt werden, man aß dort nicht mehr so gut wie früher, Monsieur Coudrai behauptete, daß ihm die guten Witze in der Kehle steckenblieben, wenn sein Blick auf die gemalten Figuren an der Wand fiele, die ihm gerade ins Gesicht starrten. Äußerlich war die Provinz noch zu merken; das Innere des Hauses deutete auf den Lieferanten des Direktoriums. Es war der schlechte Geschmack des Wechselagenten: Säulen aus Stuck, Glastüren, griechische Gesimse, Goldleisten, alle Stile durcheinander, eine Pracht ohne Sinn und Zusammenhang. Die Stadt Alençon hielt sich vierzehn Tage lang über diesen Luxus auf, der unerhört schien; dann einige Monate später war sie stolz darauf, und mehrere reiche Fabrikanten erneuerten ihr Mobiliar und richteten sich neue Salons ein. In der Stadt kamen moderne Möbel auf. Man sah Astrallampen! Der Abbé de Sponde kam als erster hinter die heimlichen Leiden, die diese Ehe in das Leben seiner geliebten Nichte bringen sollte. Der Charakter edler Einfachheit, der ihr gemeinsames Dasein ausgezeichnet hatte, ging im ersten Winter verloren, währenddessen Du Bousquier im Monat zwei Bälle gab. In diesem gottesfürchtigen Hause sollten Violine und die profane Musik weltlicher Feste ertönen! Der Abbé lag betend auf den Knien, solange die Belustigung dauerte. Dann wurde das politische System dieses ernsten Salons langsam umgewandelt. Der Großvikar durchschaute Du Bousquier: er zitterte vor seinem herrischen Ton, er sah Tränen in den Augen seiner Nichte, als sie die Verfügung über ihr Vermögen aufgeben mußte und ihr Mann ihr nur noch die Verwaltung über die Wäsche, den Tisch und die Dinge ließ, die das Gebiet der Frauen sind. Rose hatte keine Befehle mehr zu erteilen. Einzig der Wille des Hausherrn war entscheidend für Jacquelin, der ausschließlich Kutscher geworden war, für René, den Groom, für einen Küchenchef, den man aus Paris hatte kommen lassen, denn Mariette war nur noch Küchenmädchen. Madame du Bousquier hatte nur noch Josette zu regieren. Weiß man, wie schwer es ist, auf die köstlichen Gewohnheiten der Macht zu verzichten? Wenn der Triumph des Willens für große Männer ein berauschendes Vergnügen ist, so ist er für beschränkte Geschöpfe das ganze Leben. Man muß Minister gewesen und in Ungnade gefallen sein, um den herben Schmerz der Madame du Bousquier zu ermessen, da sie zum vollständigsten Helotentum herabsank. Sie mußte oft spazierenfahren, wenn sie keine Lust dazu hatte, Leute bei sich zu sehen, die ihr nicht gefielen; sie hatte ihr liebes Geld nicht mehr unter sich, sie, die hatte ausgeben können, soviel sie wollte, und gar nichts ausgegeben hatte. Jede festgezogene Grenze flößt den Wunsch ein. sie zu überschreiten. Die heftigsten Leiden kommen davon, daß man den freien Willen unterbindet. Doch waren diese Anfänge noch glücklich. Jedes Zugeständnis an die Autorität des Gatten wurde der armen Frau von ihrer Liebe zu ihm diktiert. Du Bousquier benahm sich anfangs ausgezeichnet zu seiner Gattin; er war liebenswürdig, gab ihr für jeden netten Eingriff einleuchtende Gründe. Das lang verödete Schlafzimmer widerhallte am Abend von den Gesprächen der beiden Gatten am Kamin. Während der ersten, zwei Jahre ihrer Ehe erschien Madame du Bousquier sehr zufrieden. Sie hatte die ungezwungene, etwas verschmitzte Miene, die man bei jungen Frauen, die eine Liebesheirat gemacht haben, trifft. Das Blut setzte ihr nicht mehr zu. Diese Haltung verwirrte die Spötter, dementierte die Gerüchte, die über die Bousquier im Umlauf waren, und machte die Beobachter des menschlichen Herzens stutzig. Rose-Marie-Victoire fürchtete so sehr, die Liebe ihres Mannes und seines Gesellschaft zu verlieren, wenn sie ihm mißfiele oder Anstoß bei ihm erregte, daß sie ihm alles
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