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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter
Autoren: Hans Kneifel
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Bewegungen dieses etwa kindergroßen Körpers waren so schnell, daß niemand seine wirklichen Umrisse zu erkennen vermochte. Die Schreie waren laut und schrill; sie kamen aus keiner menschlichen Kehle. Wütender Haß und glühender Zorn schlug aus dem Gelärme, und aus dem dichten Schatten dieses unwirklichen Wesens wurde ein fester Körper mit greifbaren Formen.
    Eine gemeinsame, lautlose Anstrengung aller Alptraumritter in dieser Halle und vielleicht auch andere Einwirkungen der Magie schienen zu bewirken, daß aus dem schwarzen Blitz ein Körper ausfuhr. Aber als Arruf den Umstand genau bedachte, sagte er sich, daß jenes materielle Geschöpf auch aus dem Körper des Prinzen ausgefahren sein konnte. War es Guuron, der Dämon?
    Er schwieg und unterdrückte seine Erregung.
    Das kreischende und zappelnde Ding war kein Schattenwesen!
    Durch das irre, kichernde Geschrei des dämonischen Wesens drang die laute Stimme des Shaers.
    »Zieht die Schwerter, Ritter, und tötet den Dämon!«
    »Tötet seinen Körper!« erscholl ein bestätigender Ruf aus einem Dutzend Kehlen. Er klang schauerlich dunkel aus den Schlitzen der Helme und hinter den Visieren hervor.
    Der schwarze Körper, der aus zahllosen Gliedmaßen und einem runden, zerklüfteten Körper zu bestehen schien, sprang auf dem Steinboden vor dem Opferblock hin und her. Aus dem Halbkreis der Wartenden lösten sich zwölf Ritter. Sie zogen ihre Schwerter. Das metallische Geräusch schien den Dämon bis zum Wahnsinn zu martern. Er versuchte zu entkommen, aber schon eilten aus verschiedenen Richtungen die Ritter auf ihn zu.
    Blinkende Schneiden und scharfe Spitzen schwirrten durch die Luft und trafen den Körper. Immer wieder wich das Wesen aus, sprang kreischend in die Höhe und versuchte, den sausenden Hieben und den schnellen Stichen zu entkommen.
    »Es ist der Dämon Guuron in seiner wahren Gestalt«, schrie O’Ghallun und führte einen schnellen, waagrechten Hieb gegen den Dämon. »Guuron, der den Ritter Prinz Odam in seinen Klauen hält.«
    Arruf war von dem Kampf der Ritter fasziniert. Er selbst vermochte kaum einzelne Bewegungen zu erkennen. Aber inzwischen bildeten die zwölf Alptraumrecken einen Kreis um den Dämonenkörper und führten ihren Kampf weiter.
    Der Dämon selbst schien unterdessen, während sein Körper vernichtet wurde, in den Körper Odams geflüchtet zu sein. Odam lag wieder ruhig auf dem Opferstein. Seine ruckartigen Bewegungen hatten aufgehört.
    Der Dämonenkörper blieb in einem unaufhörlich zuckenden, schlängelnden und zappelnden Haufen abseits des Steines liegen. Seine Oberfläche warf große Blasen, die mit leisen Geräuschen platzten.
    Seine wahre Gestalt wurde noch immer nicht deutlich sichtbar. Aber dafür breitete sich ein schauerlicher Aasgeruch aus.
    Der Prinz der Düsternis stand auf.
    Er streckte beide Hände aus und hob Shezad vom Sockel. Auf beiden Gesichtern zeichnete sich ein leichtes, freudiges Lächeln ab. Dann verließen sie den Schwarzstein und gingen schweigend an Shaer O’Ghallun vorbei auf das Tor zu, durch das sie gekommen waren.
    Sie wirkten, als wäre nichts geschehen, als hätten alle schauerlichen Vorgänge der letzten Stunde sie völlig unberührt gelassen.
    Mit drei, vier schnellen Schritten erreichte Shaer O’Ghallun den Schwarzstein und hob sein mächtiges Schwert.
    Er packte es mit beiden Händen am Griff und stieß es kraftvoll senkrecht auf den Stein zu. Es drang ein, als bestünde der schwarze Block aus moderndem Holz. Mit einem knirschenden Laut fuhr die schimmernde Klinge in den Steinblock und blieb stecken. Die obere Fläche des Blockes war nur vier Handbreit vom Heft des Bidenhänders entfernt.
    »Der Dämon ist im Schwarzstein-Opferblock gefangen«, rief Shaer O’Ghallun und sprang zurück.
    »Er ist gefangen!« stimmten die anderen Alptraumritter ein. Ihr Chor klang fast wie ein beschwörender Gesang.
    »Prinz Odam war nur der Köder für den Dämon. Er lockte Guuron an«, erklärte der Shaer. »Die Runen im Stein sorgen dafür, daß für alle Zeiten der Dämon im Schwarzstein gefangen bleiben wird.«
    »Aus eigener Kraft«, murmelten und sagten die anderen Ritter, »wird er es niemals wieder verlassen können.«
    »Wir werden überlegen«, tat ihnen der Shaer kund, »wann und wo wir den Schwarzstein mit seinem ekelerregenden Inhalt in einen Feuerberg, in dessen glühenden Schlund, versenken können.«
    »Dann mag der Dämon für alle Ewigkeiten im glühenden Innern der Erde schmoren!«
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