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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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bergigsten Länder Spaniens. Weite Sierras, oder Gebirgsketten, ohne Strauch oder Baum, farbig von mannigfachen Marmorn und Graniten, erheben ihre sonnverbrannten Gipfel gegen einen tief blauen Himmel; allein in ihren schroffen Gründen liegen die grünsten und fruchtbarsten Thäler eingeklüftet, wo Wüste und Garten um den Vorrang streiten und selbst der Fels gezwungen scheint, Feigen, Orangen und Zitronen zu spenden und sich mit der Myrthe und der Rose zu schmücken.
    Der Anblick ummauerter Städte und Dörfer, die wie Adlernester an den Klippen hängen und von maurischen Zinnen umgeben sind, oder von zerfallenden Wartthürmen, die auf luftigen Kuppen thronen, führen in den wilden Pässen dieser Berge den Geist in die ritterliche Zeit des christlichen und mahomedanischen Kriegslebens und zu dem romantischen Kampf um Granada’s Eroberung zurück. Der Reisende muß, wenn er diese hohe Gebirge durchzieht, absteigen und sein Pferd die steilen und eingekerbten Pfade, die bergan und thalab führen und den zerbrochenen Stufen einer Treppe gleichen, auf und nieder leiten. Zuweilen windet sich der Weg schwindlige Abgründe entlang, ohne ein Geländer, das ihn vor der Tiefe unten schützt, und stürzt dann tiefe, dunkle und gefährliche Abhänge nieder. Zuweilen geht er durch rauhe Barrancas, oder Schluchten, von Winterströmen ausgewaschen, der heimliche Pfad der Schmuggler; während da und dort das bedeutungsvolle Kreuz, das Denkzeichen einer Räuberei oder eines Mordes, auf einem Steinhaufen an irgend einem einsamen Theil des Weges errichtet, den Reisenden ermahnt, daß er im Bereich von Banditen, vielleicht in diesem Augenblick unter den Augen eines lauernden Bandolero ist. Zuweilen setzt ihn, wenn er sich durch die engen Thäler windet, ein rauhes Gebrüll in Erstaunen und er sieht über sich, auf einem grünen Einschnitt der Bergseite, eine Heerde wilder andalusischer Stiere, die zum Kampfe der Arena bestimmt sind. Es ist etwas Schauerliches in dem Anblick dieser furchtbaren Thiere, mit schreckenhafter Kraft begabt und, fast Fremdlinge dem Antlitze des Menschen, in ungezähmter Wildheit ihre heimathlichen Weiden durchstreifend; sie kennen niemand, als den einsamen Hirten, der sie hütet und er selbst wagt es zu Zeiten nicht, ihnen nahe zu kommen. Das tiefe Brüllen dieser Stiere und ihr drohendes Aussehn, wenn sie von der Felsenhöhe nieder blicken, erhöht die Wildheit der rauhen Scenerie umher.
    Ich habe mich unwillkührlich verleiten lassen, bei den allgemeinen Zügen des Reisens in Spanien länger zu verweilen, als meine Absicht war. Es ist aber etwas Romantisches in jeder Erinnerung an die Halbinsel und die Einbildungskraft scheidet ungern davon.
    Am ersten Mai verließen mein Gefährte und ich Sevilla, um nach Granada zu gehen. Wir hatten alle Vorbereitungen getroffen, welche eine solche Reise durch gebirgige Gegenden, wo die Wege wenig mehr als bloße Pfade für Maulthiere und zu häufig von Räubern belagert sind, nothwendig machte. Der werthvollere Theil unseres Gepäcks war durch Arrieros vorausgeschickt worden; wir behielten nur Kleidung und das Nothwendigste für den Weg und Geld für die Ausgaben der Reise bei uns; doch steckten wir von letzterm einen kleinen Ueberschuß zu uns, um den Erwartungen der Räuber, wenn wir angegriffen würden, Genüge zu thun, und uns die rauhe Behandlung zu ersparen, die den zu sparsamen geldarmen Reisenden erwartet. Zwei starke Pferde wurden für uns, ein drittes für unser kleines Gepäck und einen stämmigen Biskaier gemiethet, einen Burschen von ungefähr zwanzig Jahren, der uns durch die Irrgewinde der Bergwege führen, für die Pferde sorgen, gelegentlich die Stelle unseres Bedienten und immer die unseres Wächters vertreten sollte; denn er hatte einen furchtbaren Trabuco oder Karabiner, um uns gegen Rateros, oder Straßenräuber zu Fuß, zu vertheidigen; er prahlte mit dieser Waffe ungemein viel, obgleich ich, zur Unehre seiner Anführerschaft, sagen muß, daß sie gewöhnlich ungeladen hinter seinem Sattel hing. Er war jedoch ein treues, munteres, gutherziges Wesen, voller Phrasen und Sprichwörter, wie jenes Wunder von Knappen, der berühmte Sancho selbst, dessen Namen wir ihm gaben; und als echter Spanier überschritt er, obgleich wir ihn mit genossenschaftlicher Vertraulichkeit behandelten, nicht einen Augenblick, selbst nicht in seiner besten Laune, die Grenzen des respectvollen Anstandes.
    So ausgerüstet und begleitet begaben wir uns auf die Reise, in der
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