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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)
Autoren: Volker Kutscher
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können. Und das sollte sie nicht. Niemand durfte wissen, dass er Zuwendungen aus dubiosen Quellen annahm, dass er eigentlich sogar der Ansicht war, das Geld stehe ihm zu, wenn schon der Freistaat Preußen nicht in der Lage war, ihn anständig zu bezahlen. Sein Jahresgehalt betrug nicht einmal fünftausend Mark.
    Er liebte ihre dunklen Augen, und er liebte es noch mehr, wenn Charly sie so weit aufriss wie gerade jetzt. Er wusste, wie sehr sie für moderne Architektur schwärmte, und hatte die vier Räume entsprechend eingerichtet. Nicht gerade billig, aber solide. Viel Leder und viel Stahl, edle Hölzer. Die Möbel würden hundert Jahre halten.
    Rath öffnete die Tür zum Salon. »Wenn ich bitten darf.«
    Die Morgensonne hatte sich gerade freigearbeitet und schickte ihre ersten Strahlen durchs Fenster auf einen üppig gedeckten Frühstückstisch. Es duftete nach frisch gebackenen Schrippen und Kaffee. Der Champagner stand im Kühler, die Gläser an ihrem Platz.
    Charly war tatsächlich sprachlos.
    »Ich … Meine Güte, ist das ein Empfang«, sagte sie schließlich.
    »Ein Berliner Frühstück, dachte ich. Baguette und Camembert kannst du doch bestimmt nicht mehr sehen.« Er zeigte auf die Tür, die er noch nicht geöffnet hatte. »Und nachher zeige ich dir noch das Schlafzimmer.«
    »Lüstling!«
    »Stets zu Diensten, die Dame.« Er merkte, wie ihn allein der Gedanke erregte, mit ihr nach nebenan zu gehen. Auf das Frühstück hätte er jetzt gut verzichten können.
    »Das ist ja …«
    Zu spät. Sie hatte den Champagner entdeckt.
    »… Heidsieck Monopol.« Genau diese Marke hatten sie bei ihrem ersten Rendezvous getrunken. Im Europahaus. Wenn Rath daran dachte, dass das nun schon über drei Jahre zurücklag, dann war das, was er heute vorhatte, mehr als überfällig.
    Er schenkte vorsichtig ein und reichte ihr ein Champagnerglas. Das mit dem Ring.
    Er hob sein Glas, und sie stießen an. Charly lächelte und zeigte ihr Grübchen. Er beobachtete sie, während er trank; es dauerte nur einen Moment, ehe sie stutzte und den Ring aus den Champagnerperlen fischte.
    Sie sagte nichts, starrte nur den Ring an, der zwischen ihren Fingern tropfte und glänzte, und schien langsam zu begreifen, was das bedeuten könnte.
    »Fräulein Charlotte Ritter«, sagte er und nahm ihre Hand, »ich möchte hiermit und in aller Form um Ihre Hand anhalten.«
    Er schaute in ihre erstaunten Augen und begriff, dass dies keine Sache war, die er mit der Ironie angehen konnte, mit der er für gewöhnlich jede romantische Situation zerstörte, obwohl er sie eigentlich nur entkitschen wollte. »Charly«, sagte er und glaubte, noch nie in seinem Leben etwas mit diesem Ernst gesagt zu haben, »willst du mich heiraten?«
    Sie starrte ihn an, beinahe erschrocken, so glaubte er, und ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen.
    »Puh«, sagte sie, »das ist aber ein bisschen viel Überraschung an einem Morgen!«
    »Ich dachte, ich mache dir einen Antrag, bevor wir ins Schlafzimmer gehen. Ich bin katholisch.«
    »Das hat dich doch sonst nie gestört.«
    »Charly …« Immer noch hielt er ihre Hand. Nun hockte er wirklich vor ihr wie ein Rosenkavalier des letzten Jahrhunderts, aber das störte ihn nicht. »Ich hätte dich schon längst fragen sollen. Nur … dann kam Paris dazwischen. Aber ich meine es ernst, verdammt ernst: Willst du meine Frau werden?«
    Sie schaute ihn an. »Versteh mich nicht falsch, aber bevor ich antworte, muss ich …« Sie brach ab und nahm einen neuen Anlauf. »Gereon, das ist tatsächlich eine sehr ernste Frage. Und auch wenn du sie vielleicht schon längst hättest stellen können, kommt sie jetzt doch – etwas plötzlich. Ich …«
    Wieder brach sie ab, und mit einem Mal wusste Rath, warum er diese Situation so gescheut hatte, warum er ihr aus dem Weg gegangen war, obwohl er die Ringe schon vor über einem Jahr gekauft hatte. Mit einem Mal stand da wieder diese Fremdheit im Raum, die er schon am Bahnhof gespürt hatte. Die Frau, die da vor ihm saß, trug Pariser Mode, nichts an ihr erinnerte an das Berliner Mädchen, das er kannte.
    Er ließ ihre Hand los und wollte wieder aufstehen, da spürte er, wie sie seinen Kopf in ihre Hände nahm und ihn küsste. Sofort war die erotische Stimmung, die er schon zum Teufel glaubte, wieder da. Jedenfalls seine Erektion.
    »Ist das jetzt ein Ja ?«, fragte er.
    »Lass uns nicht reden«, sagte sie, »nicht jetzt. Später.«
    Er küsste sie noch einmal und begann, ihre Bluse
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