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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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gewesen. Allein diese neue Tatsache sei geeignet, um das Landgerichtsurteil zu erschüttern.
    Mehr aber noch stürzt sich die Regensburger Staatsanwaltschaft auf Gustl Mollaths Exfrau, die ehemals wichtigste Belastungszeugin. Die Strafverfolger halten ihre Angaben im Lichte der neuen Fakten, Zeugen und Erkenntnisse für höchst unglaubwürdig. Dabei stützen sich die Ermittler ganz wesentlich auf die Zeugenaussage Brauns, jenes langjährigen Freundes des Ehepaars Mollath, der sagt, Frau Mollath habe ihn angerufen und wütend gedroht, sie werde ihren Mann auf seinen Geisteszustand überprüfen lassen. Denn er sei doch verrückt, und sie habe beste Kontakte. »Wenn Gustl mich und meine Bank anzeigt, mache ich ihn fertig«, soll sie gedroht haben.
    Die Staatsanwaltschaft Regensburg hält Braun für absolut glaubwürdig. Da er in den bisherigen Verfahren nicht in Erscheinung getreten sei und seine Angaben zugunsten des Angeklagten sprechen, stellt seine Zeugenaussage ein neues Beweismittel im Sinne des Wiederaufnahme-Paragraphen in der Strafprozessordnung dar. Die damalige Frau Mollath wiederum habe damals ihre Drohung wahr gemacht und versucht, ihrem Mann etwas anzuhängen. Etwa, als sie ihn als potenziellen illegalen Waffenbesitzer bei der Polizei anschwärzte, der Gustl Mollath in Wirklichkeit nie war. Eine Hausdurchsuchung bei ihm löste der Vorwurf trotzdem aus. Auch ihre Drohung im Gespräch mit Braun, Mollath auf seinen Geisteszustand überprüfen zu lassen, habe sie wahr gemacht. Die 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth, so deuten die Regensburger Ermittler doch ziemlich unmissverständlich an, hat die Glaubwürdigkeit der Frau nicht genau und kritisch genug geprüft.
    Auch den Gutachter des Erlanger Bezirkskrankenhauses, der sich selbst als befangen erklärt hatte, vernimmt die Regensburger Staatsanwaltschaft. Zur Erinnerung: Das Landgericht hatte ihn als Kronzeugen für die These angeführt, dass Mollath »beliebige weitere Personen« mit haltlosen Schwarzgeldvorwürfen überziehe. Nachdem dieser Gutachter seinen Fall nun der Staatsanwaltschaft schildert, steht für diese fest: Der Gutachter könne mitnichten als eine solche beliebige Person gewertet werden. Er war und ist der Nachbar eines Menschen, der mit der Finanzgruppe um Mollaths ehemalige Frau in enger Beziehung stand. Dass der Gutachter möglicherweise mit »Schwarzgeldverschiebern« in Verbindung stehen und damit nicht unbefangen sein könnte, diese Wahrnehmung Mollaths sei zwar objektiv falsch gewesen. Dessen Fehleinschätzung sei aber keineswegs wahnbedingt gewesen. Sondern eine »logisch erklärbare Schlussfolgerung Herrn Mollaths aus realen Begebenheiten«.
    Was aber sagt die Regensburger Staatsanwaltschaft zum Sonder-Revisionsbericht der Bank? Wie gewichtet und bewertet sie ihn? Für die Ermittler steht es wie für Mollaths Verteidiger Strate fest, dass dieser Untersuchungsbericht neue Tatsachen enthält. Die Staatsanwaltschaft jedoch hält ihn für zu wenig konkret. Vor allem die von Mollath behaupteten Bargeldtransfers würden durch den Bericht nicht explizit bewiesen. Die Zusammenfassung der Revisoren, der zufolge sich »alle nachprüfbaren Behauptungen« Mollaths als zutreffend herausgestellt hätten, sei letztlich durch die detaillierten Feststellungen des Revisionsberichtes nicht gedeckt. Es hätten sich eben nicht per se alle, sondern nur alle nachprüfbaren Behauptungen Mollaths als richtig herausgestellt.
    Eine Spitzfindigkeit? Zumindest können Justizministerin Beate Merk und der Vorgesetzte der Regensburger Staatsanwaltschaft, der Nürnberger Generalstaatsanwalt Hasso Nerlich, mit dieser Bewertung gut leben. Denn sie deckt sich mit ihrer Lesart des Revisionsberichtes in der Öffentlichkeit. So verliert niemand sein Gesicht: Ministerin und Generalstaatsanwalt nicht, und auch nicht die Regensburger Staatsanwaltschaft. Denn sie hat für ihren Wiederaufnahmeantrag dank des Zeugen Braun, des falsch unterzeichneten Attestes, der erschütterten Glaubwürdigkeit der früheren Frau Mollath auch jenseits des HVB-Revisionsberichtes genug andere, gewichtige Gründe gefunden, um den Fall Mollath neu aufzurollen. Damit werden nach vielen Jahren die Gebetbücher endlich einmal zur Seite gelegt.
    Mitte April 2013 nimmt die Aufarbeitung der Affäre Mollath weiter Fahrt auf. Zumindest politisch. Grüne und Freie Wähler im bayerischen Landtag initiieren einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, SPD und CSU stimmen zu.

    Gustl Mollath
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