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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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Exmannes für 226000 Euro.
    Mollaths zusätzlich zum Reifenhandel aufgezogenes Geschäftsmodell, die Restauration von Oldtimern, vor allem italienischer Provenienz, machte zunächst Investitionen in alte Ferraris und Alfa Romeos notwendig, um diese instand zu setzen und mit gehörigem Aufschlag verkaufen zu können. Dass der Laden steuerlich rote Zahlen schrieb, war zum Teil wohl sogar beabsichtigt: »Vermutlich ein völlig normales Steuermodell«, glaubt Braun, auch wenn er sich nie im Detail mit den Eheleuten über deren Vermögensverhältnisse unterhalten hatte. Warum auch?
    Lieber genießen die Freunde das unbeschwerte, schnelle Leben in Ferrari-Rot. Sie mieten sich übers Wochenende italienische Rennstrecken und fahren ihre Lieblinge spazieren. Mollaths Frau ist mit dabei, in der Toskana, in Hockenheim, auf Sizilien, in den Bergen nahe der Ferrari-Zentrale in Maranello. Man fährt Rennen, Gustl Mollath am Steuer, seine Frau als Kopilotin. Mollath fährt einen Ferrari Dino, mit dem er einmal den zehnten Platz unter 55 Fahrern belegt, obwohl deutlich stärkere Modelle dabei waren. Viele davon waren allerdings vorher schon ausgefallen. Den Klassensieg hatte er ohnehin. So was, sagt Mollath, könne man nur erreichen, wenn man sich wirklich auskennt.
    Verschiedentlich findet sich in den Akten der Behörden und der Justiz die Bemerkung, Mollaths Betrieb habe nichts abgeworfen. Hat sich Mollath etwa die ganze Zeit von seiner Frau, der Bankerin, aushalten lassen? Die Geschichten über den angeblich so schlechten Geschäftsmann Mollath steigern sich im Flüsterpostverfahren und gipfeln in einer Feststellung des Gutachters Hans-Ludwig Kröber. Der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie an der Berliner Charité hat Gustl Mollath zwar weder persönlich gesehen noch gesprochen oder gar untersucht. Allein die Lektüre von Akten reicht ihm jedoch, um 2008 zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Mollath »selbst völlig unfähig« gewesen sei, »kaufmännische Geschäftstätigkeiten erfolgreich zu entwickeln«, und »insofern eifersüchtig auf die erfolgreiche Ehefrau« gewesen sei.
    Edward Braun hält diese Sicht für blanken Unsinn. In der Nürnberger Werkstatt Mollaths standen zahlreiche zum Teil sehr wertvolle Autos. In der Nähe eines existenziellen Ruins könne Mollath schon allein aufgrund seines Erbes nicht gewesen sein. Die Grundschuld auf dem Haus in Erlenstegen war um die Jahrtausendwende jedenfalls gering, betrug nur eine fünfstellige Summe. Werte also waren vorhanden.
    In der Retrospektive offenbaren die Ferrarista-Jahre im Leben des Gustl Mollath auch viele unterschiedliche Schattierungen seiner Persönlichkeit, von denen manche auf den ersten Blick widersprüchlich wirken mögen: Öko-Fundi mit Ferrari. PS-Fanatiker und Weltverbesserer. Friedensbewegter Demonstrant und reicher Villenbewohner.
    Als die Grünen in der Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer zur Kriegspartei werden, gehört Gustl Mollath zu den regelmäßigen Teilnehmern der Montagsdemonstrationen von Friedensfreunden vor der Nürnberger Lorenzkirche. Dort bekundet er seine »Trauer um die Grünen«: »Wir bedauern den Verlust ihrer Grundwerte: gewaltfrei, ökologisch, demokratisch.« Er sagt bürgerkriegsähnliche Zustände voraus, sollte der Turbokapitalismus weiterhin sein Unwesen treiben. Demonstriert mit Ingrimm gegen Hartz IV. Er ernährt sich ausschließlich biologisch und wäscht sich nur mehr mit parfümfreier Seife. Er lehnt Weihnachtsrituale als kapitalistische Folklore ab und spendet stattdessen an Amnesty International. Weltanschaulich zählt Mollath, könnte man sagen, wohl eher zu den linksalternativen Fundis.
    Wie passt das zum Schickimickiimage des Ferrarista? Ende 2012 lächelt Gustl Mollath milde, wenn man ihn darauf anspricht. »Sie haben da ein Klischee im Kopf«, sagt er und fügt hinzu, das sei aber »völlig normal«. Seine Wahrheit sei einfach: Er habe nie etwas am Hut gehabt mit den Schickimickis von der Rennstrecke, mit den Parvenüs und Neureichen in Maranello und Hockenheim. Als Maschinenbauer fasziniere ihn die Ästhetik der Technik. Natürlich, die Mehrzahl der Ferraristi stinke nach Geld. Aber es gebe da eben auch die anderen, die Technikfetischisten, die sich ein kostspieliges Hobby leisten.
    Genau so einer war Gustl Mollath damals, bestätigt Edward Braun. Einer, der mit seiner Frau im Toyota-Bus zu den Rennen fährt und notfalls auch im Bus übernachtet. Ein
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