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Die Achtsamkeits-Revolution

Die Achtsamkeits-Revolution

Titel: Die Achtsamkeits-Revolution
Autoren: Alan Wallace
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Und dass wohl an die zehntausend Trainingsstunden nötig sind, um es zu außerordentlicher Meisterschaft zu bringen. Stellt man das Sha- matha-Training in einen solchen Kontext, bekommt man eine ge
     wisse Ahnung vom Ausmaß des Engagements, das für den Erwerb derart hoher meditativer Achtsamkeits- und Konzentrationsfähigkeiten nötig ist.
    Angesichts der vielen tiefgreifenden psychischen, sozialen und umweltbedingten Unterschiede zwischen Menschen, die in einer Industrienation leben, und Menschen, die so traditionellen Gesellschaften wie etwa denen des ländlichen Tibet angehören, lässt sich unmöglich genau vorhersagen, wie lange in der modernen Welt lebende Menschen brauchen, um Shamatha zu erlangen. Doch gibt es einige ermutigende Anzeichen dafür, dass bedeutsame Fortschritte erzielt werden können. Am Ende eines 1988 von Gen Lamrimpa geleiteten Shamatha-Einjahresretreats hielt ein Meditierender pro Tag vier Meditationssitzungen von jeweils drei Stunden ab. Ein anderer hielt zwei Sitzungen von jeweils über sieben Stunden ab. Gen Lamrimpa zufolge hatte zu diesem Zeitpunkt keiner von ihnen Shamatha erlangt, aber beide hatten sehr gute Fortschritte gemacht. Wenn sie sich nach so vielen Stunden von ihren Sitzkissen erhoben, hatten sie das Gefühl, es sei gar keine Zeit vergangen, und Körper und Geist waren von Empfindungen der Glückseligkeit und Entspanntheit erfüllt.
    Die Drei Schulungen
    Die Drei Schulungen, die Schulung der Höheren Ethik , der Höheren Meditativen Festigung (oder auch Konzentration) und der Höheren Weisheit umfassen das Kerngerüst des buddhistischen Weges zur Befreiung. Die erste Schulung, in der Höheren Ethik, besteht aus drei Faktoren: rechte Rede, rechtes Handeln und rechter Lebenserwerb. Das vorrangige Ziel dieser ersten Schulungsebene besteht in der Unterstützung des Kultivierens von fokussierter Achtsamkeit, die die Funktion hat, den Geist ins Gleichgewicht und damit auch zu höheren, heiter-gelasseneren, glückseligeren und strahlenderen Bewusstseinszuständen zu bringen. Ohne ethische Disziplin
     

    ist ein solcher Reinigungs- und Läuterungsprozess gar nicht möglich, bei dem mentale Unausgewogenheiten und Störungen dadurch vermindert werden, dass man sich auf der körperlichen, sprachlichen und geistig emotionalen Ebene des unheilsamen Verhaltens enthält. Die Ergebnisse dieser Schulung bringen einen von Reuegedanken freien und von Selbstvertrauen, Furchtlosigkeit, innerer Reinheit, Heiterkeit und Gelassenheit erfüllten Geist mit sich. Das macht ihn bereit für die zweite Schulung, die Schulung in Konzentration oder auch meditativer Festigung oder Gleichge- wichtsfindung. Das Erlangen eines außerordentlich hohen Grades an Konzentration und mentaler Ausgewogenheit (durch die Kultivierung von Shamatha) ist nötig, um dann voll und ganz zur dritten Schulung, in Weisheit, übergehen zu können.
    Die Schulung in Konzentration besteht aus rechter Anstrengung, rechter Achtsamkeit und rechter Konzentration. Hierbei kommen der rechten Anstrengung und rechten Achtsamkeit eine wesentlich unterstützende Rolle zu, ersterer dadurch, dass sie den Geist durch Beanspruchung trainiert, letzterer dadurch, dass sie ihn ausbalanciert. Gemeinsam unterstützen sie das Erlangen der rechten Konzentration, die von Buddha als das Erlangen der Zustände meditativer Festigung oder Gleichgewichtsfindung definiert wird. Er erklärt, dass ein solch hochgradiges mentales Gleichgewicht (Konzentration) die unbedingte Voraussetzung dafür ist, dass man auf der Erfahrungsebene zu einem Wissen und Erschauen der Dinge, so wie sie wirklich sind (Weisheit), gelangt. 104 Eine Ansicht, die von der ganzen indischen Mahayana-Tradition geteilt wird und von Shantideva so zum Ausdruck gebracht wird: »Die von geistiger Ruhe (Shamatha) durchtränkte Klarheit (Vipashyana) überwindet die Leiden schaffenden Emotionen vollständig; dies wissend, sollten wir zuerst nach der geistigen Ruhe suchen.« 105 Tsongkhapa veranschaulicht die Beziehung zwischen Shamatha und Vipashyana durch folgendes Gleichnis:
     

    Wenn du einen Wandbehang in einem dunkeln Zimmer untersuchen willst und ihn mit einer stetig strahlenden Lampe in helles Licht tauchst, kannst du die Bilder klar und deutlich erkennen und überprüfen. Ist das Lampenlicht aber trübe, oder ist es zwar hell, flackert aber im Luftzug, wirst du in deinen Beobachtungen behindert. Ebenso verhält es sich, wenn du die die Natur irgendeines Phänomens analysierst.
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