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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten
Autoren: Dietmar Dath
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von Kapseits, gleich hinterm breiten Getreidebankgebäude, auf halbem Weg zwischen Isottatempel und der Marktfront, die das Stadtinnere von den vierzehn Trabanten trennte.
    Der Dummkopf, der brüllte, trat in seinem eigenen Kot herum und gab sein Letztes, die zerstörte Maschine aufzuwecken: »Mach mir doch auf, du hast jaahh bestimmt Früchte drinnen, oder hast baaah du denn vielleicht bitte mindestens Brot jaahhh parat? Kein Brot hast du bitte vielleicht jaaah? Und mach jetzt aber auch mal auf, jaaahhh für mich dann hier?«

    Ein halbes Dutzend Dachse, deren Pelze so sicher mit Schutzfilm versiegelt waren, daß sie eher aussahen wie belebte Porzellanfiguren als wie atmende Wesen, umringte den vermeintlichen Esel.
    Erst rang er blökend um Worte, dann stießen sie ihn, rüffelten und beschnüffelten ihn, daß er verstummte. Schließlich ließ er sich abführen, zur Ausnüchterung, sah sich aber bald hundertmal noch nach dem Panzer um, so daß es den Dachsen schließlich zu bunt wurde. Sie richteten dicke Strahlen Schaumwasser auf den Verstörten und trieben ihn unter Züchtigungsrufen in die gewünschte Richtung. Ein Schneller lief vor ihm her und schob ihm immer wieder Schnittblumen aus einer Beuteltasche ins halboffene Maul, die oft herausfielen, bis der Schreier endlich begann, darauf herumzukauen.

    »Die Köpfchen dieser Blumen«, erinnerte Philomena den Wolf in maliziösem Tonfall, den sie sich bei den wissenschaftlichen Bekanntmachungen ihrer besten Freundin abgeguckt hatte, »sind von den Spezialistinnen unserer lieben Izquierda mit Stoffen tingiert, die dem Eselchen da und andern ... Halsstarrigen seines Schlags zu verbessertem Ortssinn verhelfen, hi hi.«
    Dmitri schnaubte.
    Die Libelle dozierte aufgeräumt weiter: »Zwei Sorten Eisenmineralien, die sich, wenn alles gutgeht, in subzellularen Ablagerungen unterhalb der Nasenlochränder jedes diesen Stoffen ausgesetzten ... Erziehungsbedürftigen sammeln, stellen eine neue Empfänglichkeit seines Sensoriums für spezifische Kräfte sicher, die zwischen den Eisenpartikeln wirken. Die Orientierung der am jeweiligen Ort gegebenen Aufwerfungen oder Senkungen des geomagnetischen Feldes, in dem der Delinquent herumirrt, wenn er, nun ja, sagen wir: mit aufgegebenen Waffensystemen der Besiegten anzubandeln versucht, etwa ausgebrannten Panzern ...«
    »Du bist so ... das ist scheußlich selbstgefällig, Philomena.«
    »...reguliert, wie soll ich's nennen ... mittelbar ... die Wahrscheinlichkeit der Öffnung oder Schließung mechanosensitiver Ionenkanäle in den jeweiligen Nasen. Oder Schnäbeln, wenn die Dummen Vögel sind. Auf diese Weise verhilft man den Verbesserungskandidaten zu biologischen Magnetometern, die ihnen günstigstenfalls in Zukunft das Sichzurechtfinden auf ... unvertrautem ... Gelände erleichtern und eventuellen Zeugen wie dir und mir den Anblick und Eindruck peinlicher Begebenheiten, die nach allen gültigen Gesetzen der Gesittung ...«
    »Du wirst dich nochmal beim Plappern in deinem Satzbau verirren und dir aus Versehen den Arsch abbeißen.«
    »Ich habe keinen Arsch, mein Freund«, wisperte die Libelle.
    Der Wolf glaubte dabei ihre haarfeine Zunge über seine Stirn streichen zu spüren wie einen Laserpunkt.
    Dmitri Stepanowitsch, der sich nicht provozieren lassen wollte, bleckte die Zähne und spuckte aus Höflichkeit etwas nanotischen Speichel, der im Sand zu einer Handvoll stäubchenkleiner schlauer Spinnen wurde, die sofort zurückliefen auf den großen Platz. Sie waren dazu bestimmt, der Dachsin Georgescu, zum Dank für Gastfreundschaft und Amtshilfe, ein paar Tage lang das Fell zu säubern.
    Der Wolf neigte das Haupt recht förmlich. Er nahm die zur Antwort erhobene rechte Tatze Georgescus kaum wahr, trottete lieber schweigend weiter. Im Marktgürtel angekommen, von Käufern und Händlern umwuselt, reckte er den Hals, nach den Raben zu schauen, die ihn aus der Heimat hierher geleitet hatten und ihn jetzt neu ausrichten sollten.
    Magnetometer.
    Verbesserungsbedürftige.
    Früchte, Brot.
    Den Wolf befiel ein ihm bis dahin unbekannter Zweifel.
5. Heiße Stufen
    »Was zitterst du«, fragte, selbst von verhaltener Wut bebend, die Älteste der Vestalinnen auf der Treppe des Isottatempels eine jüngere Schwester. »Du wußtest doch, daß sie sich hier treffen würden und ihre Kriegsgeschäfte besprechen?«
    »Das Blut ... Ich mag's nicht, wenn man uns beim Vergießen zusieht«, erwiderte die andre. Sie hätte sich gewünscht, daß man das anders
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