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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja
Autoren: Otfried Preußler
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zum Fluß. Anfangs stürmte der Rappe Waron mit
Windeseile dahin, Rauch und Flammen weit hinter sich zurücklassend. Dann aber,
nach dem ersten Drittel der Strecke etwa, trat das ein, was Mischa von allem
Anfang befürchtet hatte: Waron wurde langsamer.
    »Laß
mich ‘runter !« verlangte Mischa. »Du siehst doch, es
ist zuviel für ihn !«
    Wanja
erwiderte nichts darauf, er hielt Mischa am Gürtel fest.
    »Lauf
zu, mein Waron, lauf zu! Das Feuer darf uns nicht einholen! Lauf, was du
kannst, Waron !«
    Rasch
kam das Feuer näher. Rauchschwaden hüllten sie ein, die Augen begannen ihnen
vom Qualm zu tränen, sie hörten das Knistern und Prasseln der Flammen, sie
spürten die lodernde Hitze im Rücken. Wie feurige Schloßen stoben die ersten
Funken an ihnen vorbei.
    Ein
paarmal versuchte Mischa, sich loszureißen und abzuspringen, doch Wanja hielt
ihn mit eisernem Griff gepackt.
    »Hör
auf !« rief er.« Bist du verrückt geworden? Schluß mit
der Zappelei!«
    Der
Rauch wurde immer dichter. Sie ritten durch schwarze Nebel, das Atmen fiel
ihnen schwer, die Hitze begann unerträglich zu werden. Wanja duckte sich tief
auf den Hals des Rosses hinab. Hatte Gott ihn daheim auf dem Backofen vor den
Flammen bewahrt, damit sie nun in der brennenden Steppe umkamen, Mischa, Waron
und er?
    Es
sah schlimm aus für sie. Ein Funkenregen prasselte auf sie nieder, schon
züngelten Flammen an ihnen empor, gleich mußte der Feuersturm sie verschlingen...
    Da
setzte Waron noch einmal zu wildem Lauf an. Er jagte in weiten Sätzen dem Fluß
zu, die Nüstern gebläht, die Augen weit aufgerissen, den Hals gestreckt, Schaum
flockte ihm vom Maul.
    Plötzlich
war Kies unter seinen Hufen, dann rauschte das Wasser auf. Wiehernd rannte
Waron ein Stück in den Fluß hinaus — bis er strauchelte und erschöpft in die
Knie brach.
    Wanja
glitt aus dem Sattel, er packte den Rappen am Halfter und brachte ihn wieder
hoch.
    «Dank!«
Seine Stimme klang heiser. »Dank, Waron !«
    Auch
Mischa war abgesprungen. Er stand bis zum Gürtel im Wasser und schwenkte den
Hut nach Soldatenart.
    «Melde
gehorsamst !« rief er. »Es kommt mir so vor, als hätten
wir noch mal Glück gehabt !«
     
    I n einer Reihe durchwateten sie
den Fluß: Wanja voran, er führte den Rappen Waron am Zügel, dann Mischa. Mit
einer Hand hielt er den Schweif des Pferdes gepackt, mit der anderen drückte er
seinen Hut fest.
    Jenseits
des Flusses machten sie eine Weile Rast.
    Waron
war verstört, seine Flanken bebten, sein Atem ging flach und hastig. Geschwind
nahm ihm Wanja Zaumzeug und Sattel ab. Dann rupfte er eine Handvoll Gras aus
der Uferböschung und rieb ihm das Fell trocken. Dabei sprach er beruhigend auf
ihn ein.
    »Brav
hast du deine Sache gemacht, Waron! Wie der Sturmwind bist du gelaufen! Das
hätte kein anderes Pferd mit zwei Reitern geschafft - darauf kannst du stolz
sein. Schön ruhig jetzt, keine Angst mehr! Mag sich das Feuer am anderen Ufer
zu Tode brennen: hier tut es uns keinen Schaden, hier sind wir in Sicherheit .«
    Wanja
war schwarz vom Ruß im Gesicht.
    »Du
siehst aus wie der Mohrenkönig !« rief Mischa.
    »Und
du wie des Teufels Leibkutscher!«
    Auch
Mischas Gesicht war vom Rauch geschwärzt. Sein Schnauzbart war an den Spitzen
angesengt, von der Tresse am Hut war ein Ende weggeschmort.
    »Sieh
mal — da !« Mischa zeigte auf seinen Stelzfuß.
»Gebrannt hat er! Blei und Hagel — gebrannt hat er !«
    Wahrhaftig,
das untere Drittel des Holzbeins war angekohlt! Mischa lachte, es klang nicht
ganz echt.
    »Ein
Glück, daß es bloß der Stelzfuß war...«
    Wanja
tröstete ihn. »Du bekommst einen neuen«, versprach er ihm, »einen aus Gold,
wenn du magst .«
    »Aus
Gold?!« Mischa klopfte das Wasser aus der Garmoschka. »Ob das nicht bißchen
teuer kommt ?«
    »Laß
mich erst Zar sein, Bruder — dann ist das für mich ein Pappenstiel !«
    Wanja
legte die Rüstung ab, Mischa den Hut und den Waffenrock. Dann wuschen sie sich
im Fluß, und hernach machte Mischa aus Weidicht und dürrem Schilf ein Feuer an,
daran trockneten sie die nassen Sachen.
    »Eigentlich
sollten wir ja von allem, was brennt und qualmt, eine Weile genug haben«, sagte
er. »Aber was willst du machen ?«
    Er
spuckte im hohen Bogen ins Feuer, dann wies er zum anderen Ufer des Flusses
hinüber.
    »Dort
drüben brennt’s ja ganz lustig weiter! Wenn ich mir vorstelle, daß wir Waron
nicht gehabt hätten — oh, pfui Teufel! Das hätte dem Großfürsten so gepaßt .«
    »Dem
Großfürsten? Glaubst
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