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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Autoren: Robin Hobb
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dann weg warf. Es fiel vor meine Füße und zerbarst in Hunderte scharfe Splitter. Der Schmerz der Schnitte ließ mich wieder aufwachen. Keuchend setzte ich mich auf und würgte Chades alte Bettdecke. Ich sprang auf und wischte mir mit der Hand über die Brust in der Erwartung, Splitter und Blut zu spüren. Aber da war nur Schweiß. Plötzlich zitterte ich, als hätte ich Fieber. Den Rest der Nacht verbrachte ich aufrecht sitzend und in eine Decke gehüllt vor dem Feuer. So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte meinem Erlebnis keinen Sinn entnehmen. Welche Teile waren Traum gewesen und was die Gabenverbindung zu Nessel? Ich konnte es nicht genau voneinander abgrenzen, und ich hatte Angst. Ich fürchtete nicht nur, dass uns irgendetwas im Gabenstrom gefunden hatte, ich fürchtete auch das Gabentalent, das ich in Nessel gespürt hatte, als sie uns vor dem tödlichen Blick gerettet hatte.
    Ich erzählte niemandem von dem Traum. Ich wusste, was Chades Antwort auf meine Sorgen sein würde. »Bring das Mädchen nach Bocksburg, damit wir sie beschützen können. Lehre sie den Umgang mit der Gabe.« Das würde ich sicherlich nicht tun. Es war schlicht ein bizarres Ende für einen Traum gewesen, in den sich meine schlimmsten Befürchtungen gemischt hatten. Mit aller Kraft, versuchte ich daran zu glauben und hoffte, es entsprach der Realität.
    Bei Tageslicht fiel es mir leichter, diese Ängste unter Kontrolle zu behalten. Ich hatte viel zu tun, vor allem was die Reisevorbereitungen betraf. Ich ging zu Gindast hinunter und zahlte ihm einen Vorschuss auf Harms Ausbildung. Mein Junge schien inzwischen in der Lehre zu gedeihen. Gindast selbst sagte mir, dass der Junge ihn nun fast täglich überrasche. »Seit er sich endlich aufs Lernen konzentriert«, fügte er hinzu, und ich hörte den Tadel des Meisters für die schludrige Erfüllung meiner Vaterpflichten heraus. Tatsächlich hatte Harm sich selbst diszipliniert, und das machte mich stolz. Jeden dritten oder vierten Tag konnte ich mir frei nehmen, um ihn zumindest kurz zu besuchen. Wir sprachen nicht über Svanja, sondern nur über seine Fortschritte bei der Arbeit, das näherrückende Frühlingsfest und dergleichen. Ich hatte ihm noch nicht erzählt, dass ich Bocksburg mit dem Prinzen verlassen würde. Hätte ich das getan, hätte er es mit Sicherheit den anderen Lehrlingen erzählt, und vermutlich auch Jinna, in deren Haus er immer noch von Zeit zu Zeit zu Gast war. Aus Gewohnheit behielt ich meine Reisepläne für mich, bis kurz vor unserem Aufbruch. Es war schon ganz gut, wenn Harm mich nicht in direkte Verbindung mit dem Prinzen brachte, sagte ich mir selbst. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich mich auch davor fürchtete, so lange von meinem Ziehsohn getrennt zu sein, zumal ich davon ausging, mich in Gefahr zu begeben.
    Ich hatte mir die Warnung des Narren zu Herzen genommen. Ich hatte nicht nur eine beeindruckende Sammlung kleiner, tödlicher Gegenstände aus Chades Waffenkammer geplündert, ich hatte auch meine Kleider umgenäht, um sie unterzubringen. Das war eine langwierige und frustrierende Arbeit, und oft vermisste ich die klugen Vorschläge und geschickten Hände des Narren. Von ihm sah ich in jenen Tagen ohnehin nur wenig. Dann und wann erhaschte ich einen Blick auf Fürst Leuenfarb in den Gängen der Burg, doch stets war er von jungen, gutaussehenden Höflingen umgeben. In den Hallen von Bocksburg schien es von dieser Art Jungvolk nur so zu wimmeln. Die Queste des Prinzen übte offenbar eine gewisse Faszination auf eine bestimmte Art von jungen Männern aus, die begierig darauf war, sich selbst zu beweisen und gleichzeitig das Familienvermögen bei diversen Vergnügungen durchzubringen. Diese Jünglinge fühlten sich auch von Fürst Leuenfarb angezogen wie die Motten vom Licht. Dann hörte ich ein Gerücht, dass Fürst Leuenfarb außer sich vor Wut sei, weil die chalcedischen Kriegsschiffe wieder einmal Kauffahrer aufgebracht hatten und sich deshalb eine Lieferung jamaikanischer Mäntel verzögerte, die er extra für seine Teilnahme an der Expedition zu den Äußeren Inseln in Auftrag gegeben hatte. Den Gerüchten zufolge waren diese Mäntel mit Stickereien von Drachen in Schwarz, Blau und Silber geschmückt. Ich fragte Chade danach. Chade war an diesem Abend in den Turm gekommen, um mit mir an meiner Outislander-Aussprache zu arbeiten. Diese Sprache teilte sich viele Worte mit der der Sechs Provinzen, aber die Outislander verdrehten sie und sprachen
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