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Dicke Moepse

Dicke Moepse

Titel: Dicke Moepse
Autoren: Ruth Moschner
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gegenüber unserem Kassenhäuschen sprühen. Könnte ich wirklich. Mache ich aber nicht, denn alle Entscheidungen gehen immer zuerst in die Analyseabteilung meines Gehirns. Dort sitzt ein leicht angegrauter Buchhalter mit dicker Hornbrille und rechnet mir bei meinen seltenen übermütigen Gedanken die statistische Wahrscheinlichkeit aus, nach der mein Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist. Und er rechnet sehr konservativ.
     
    »Nun setz dich doch, Frollein, und erzähl endlich, was los war!« Carla mustert mich genau. Ihr strafender Blick kann eine gewisse Neugierde nicht verbergen. Sie gießt mir heißen Kaffee ein und bedeutet mir mit einem Wink, mich an unseren großen Küchentisch zu setzen. Dann schiebt sie mir mütterlich und fürsorglich die Tasse hinüber. Das ist dann doch der Vorteil, wenn man mit einer Südländerin befreundet ist. Die Schlechte-Laune-Wolken verziehen sich schneller, als man bis fünf zählen kann. Vielleicht lässt sie ja Gnade vor Recht ergehen, die gute Carla, wenn ich ihr jetzt doch alles erzähle. Ich seufze und fange a n: »Ich habe gestern Abend jemanden kennengelernt.« Ich suche noch nach Worten, um den Verlauf der Geschichte in die richtige Reihenfolge zu bringen, da platzt es aus Carla bereits vorwurfsvoll heraus: »Ha! Du hattest Sex! Ich wusste es!«
    Woran hat sie das denn jetzt erkannt? Trage ich meine Hose linksherum, oder liegt es an meiner Bettfrisur? Plötzlich fühle ich mich noch unwohler. Ich habe auf dem Gebiet der geschlechtlichen Begegnungen in den letzten Jahren auf angebotsbedingter Sparflamme gelebt. Ärztlich verordnete Massagetermine ausgenommen, hatte ich bis auf viereinhalb verzweifelte Versuche meines Exfreundes Ralph, unsere Beziehung wieder zum Leben zu erwecken, keinerlei Körperkontakt zum anderen Geschlecht. Viereinhalb deshalb, weil wir beim letzten Mal beide stockbesoffen waren, das Vorspiel wegließen und der Akt an sich fast keiner war. Um es konkret zu sagen: Nachdem Ralph zwei Minuten lang auf mir herumgerobbt war, brach er erschöpft zusammen und schlief auf der Stelle ein. Der Vorteil an Sex mit dem Ex ist ja eigentlich, dass man ohne Umschweife und Vorträge über weibliche Anatomie zum Zug kommt. Peinliche Baggersprüche, wie »Dein Vater muss ein Dieb sein, denn er hat die Sterne vom Himmel gestohlen und sie in deine Augen gepflanzt« bleiben einem erspart. Ein weiteres Plus ist, dass man den Partner schon vor Jahren in den eigenen Körper eingewiesen hat. Er weiß, wo sich die wichtigen Stellen befinden. Die Nachteile sind allerdings die Gründe, aus denen man sich bereits vor Jahren in gegenseitigem Einvernehmen getrennt hat. Aber darüber habe ich jene vier Komma fünf Male tolerant hinweggesehen, um dann vor knapp zehn Monaten endgültig ein Ei drüberzuschlagen. Seitdem herrscht bei mir absolute Funkstille zum Planeten Mars. Der Männermarkt ist derzeit aber auch völlig leergefegt. Die meisten sind vergeben und wollen nur ein Abenteuer. Oder sie sind komplett beziehungsunfähig, so wie mein Exfreund eben. Und One-Night-Stands sind eigentlich auch nicht mein Ding. Komischerweise kann man sich die sexuellen Bedürfnisse viel leichter abgewöhnen als Süßigkeiten. Je schlechter das Angebot, desto weniger Lust habe ich auf Sex. Bei Schokolade und Gummibärchen verhält sich das genau andersherum. Meiner Meinung nach müsste es Schokolade sowieso auf Rezept geben.
    Aber gestern Abend habe ich doch tatsächlich Sex gehabt. Leider werde ich jetzt immer nüchterner, und desto nüchterner wird auch meine innere Einstellung zu »der Sache«. Nicht, dass es schlecht war, aber Sex ohne Gefühl ist so, als würde man die Erdbeeren ohne Sahne essen. Das ist schön, aber nicht so phantastisch, dass man sich in schwachen Momenten gerne zurückerinnert. Dabei hatte der Abend so gut begonnen.
    »Du weißt doch, dass ich gestern Abend mit Melanie aus war.« Melanie ist meine andere Mitbewohnerin. Sie wohnt erst seit ein paar Monaten bei uns und ist kesse neunundzwanzig Jahre alt. Als Stewardess ist sie so gut wie immer unterwegs. Das ist auch einer der Gründe, aus denen wir sie unter den Bewerberinnen für das leere Zimmer ausgewählt haben. Zuerst dachten wir ja, sie sei eine von der überheblichen Sorte, denn immerhin sieht sie toll aus, ich würde sagen, glatte 8,5 von 10 Punkten. Mindestens. Dank ihres Aussehens und ihres Jobs als Flugbegleiterin muss sie sich über mangelnde Angebote von adäquaten Zielpersonen keine Sorgen machen. Von
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