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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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sehe ihm an, wie er um Fassung ringt. Ein bisschen Gebrülle vom alten Löwen, gut und schön. Aber von einer Frau Befehle entgegenzunehmen geht ihm eindeutig gegen den Strich. Doch es steht einiges auf dem Spiel: Job, Auto, Loft – haben oder nicht haben.
    Ich feixe innerlich und brenne darauf, spätestens morgen Abend Ben die ganze Geschichte zu erzählen.
    «Und jetzt zu dir, mein Sohn .» Der Pate sieht mich durchdringend an. Augenblicklich fühle ich mich wie ein Zwölfjähriger, der beim Stehlen eines Matchboxautos erwischt wurde.
    «Ich habe dich im Internet gesehen und mich gefragt, was zum Teufel hier los ist.» Ernesto Micolucci zieht seine Augenbrauen zusammen. «Wusstest du, dass ich es Frauen wie Carmen Grünewald zu verdanken habe, dass sich die Marke Miucci irgendwann durchgesetzt hat? Sie trug den ersten Entwurf. Das Kleid ging durch die Presse und wurde zum Renner. Seitdem hat sie etwas gut bei mir.»
    Oh. Da scheint mir die Bezeichnung Stammkundin ja beinahe untertrieben zu sein. Klingt eher wie ein Rundum-sorglos-Paket von der Mafia. Denn offensichtlich wird Carmen Grünewald jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Folglich sollte ich wohl auch langsam mal auf ihre fünf Anrufe reagieren, mit denen sie mich seit gestern bombardiert hat und die ich aus Angst vor einer weiteren Erpressung jedes Mal weggedrückt habe. Woher die wohl meine Nummer hat? Bestimmt von der fleischgewordenen Postkarte. Bei Stammkunden hat man es hier mit der Diskretion offenbar nicht so.
    Was Signor Micolucci wohl dazu sagen würde, wenn er von dem Stress um die Wohnung in der Hafencity wüsste? Vermutlich würde er mit mir weitaus weniger zimperlich umgehen als mit seinem leiblichen Sohn.
    Besser, ich spreche ihn gar nicht erst darauf an. Die Wohnung bedeutet ja so oder so meinen Ruin.
    «Dieses Kleid, das du zerschnitten hast …» Er macht eine Pause und sieht mich überraschend freundlich an. «Und mit dem du offenbar einen Trend losgetreten hast …»
    Ein Fünkchen Hoffnung keimt in mir auf. Vermutlich wird er mir jetzt Geld anbieten, damit ich über die Hintergründe schweige. Wenn ich Glück habe, liegt die Summe in derselben Höhe wie die Provision, die mir durch die Grünewald’sche Erpressung entgeht. Ha, das wird eine doppelte Schmach für Flo! Während er in Zukunft einen Hiwi-Job in der eigenen Firma bekleiden wird, bekommt sein Kumpel Geld und eine Belobigung des Patriarchen!
    «… war ein Albtraum, und es ist mir vollkommen schleierhaft, wie es einen solchen Hype ausgelöst hat.»
    Tja, Mode halt. Die ist schon manchmal merkwürdig.
    «Auf den Fotos konnte man die stümperhafte Handarbeit zum Glück nicht erkennen», fährt er erbost fort. «Unsere Designer haben dann, gemeinsam mit denen von Missoni, das von dir verhunzte Teil als Vorlage für ein brauchbares Modell genommen. Sie haben daraus einen wunderbaren Cashmere Pencil Knit Dress geschaffen, der sich außerordentlich gut verkaufen dürfte. Ich schulde dir also zumindest ein bisschen Dank.»
    Na bitte, wer sagt’s denn?
    «Auch wenn es ein riskantes Spiel war. Du hättest mit einem Schlag unseren Ruf zerstören können. Den zu rehabilitieren kann in der Branche schon mal zehn Jahre dauern.»
    Öhm.
    «Außerdem hast du dich hier eingeschlichen und dich als ein Micolucci ausgegeben – und das auch noch öffentlich!»
    «Aber das war doch …»
    «Ich könnte dich anzeigen.»
    «… ein Missverständnis.»
    Der Pate verzieht keine Miene. Gerade will er seine Standpauke ausweiten, da erscheint Kai in der Küche.
    «Es ist zehn Uhr, wir müssen den Laden öffnen.» Seine Haare sind heute nach oben gegelt, er trägt einen Anzug mit aufgedruckten Pferde-Accessoires und scheint meinen fragenden Blick zu registrieren. «Ab morgen sind Hermès-Wochen», erklärt er knapp.
    «Ich denke, Cavalli?»
    «Ich wollte nur mal sehen, ob du aufgepasst hast.» Grinsend verschwindet er wieder in Richtung Verkaufsraum.
    «Also los, Jungs», sagt der Mann, der nun wohl nicht mehr mein Vater ist. «Jeder auf seine Gefechtsposition.» Im Vorbeigehen zischt er mir zu: «Ich gehe mal davon aus, dass du unten noch einiges ins Reine zu bringen hast.» Er deutet mit dem Kopf in Richtung Treppe.
    Ich weiß zwar nicht genau, worauf er anspielt, aber ehe ich antworten kann, ist er weg.
    Florian verschwindet ebenfalls, allerdings nicht, ohne mir ein «Du hast alles vermasselt!» zuzuraunen.
    Einen Moment bleibe ich allein in der Küche zurück, atme ein paarmal tief ein und aus

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