Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DHAMPIR - Dunkelland

DHAMPIR - Dunkelland

Titel: DHAMPIR - Dunkelland
Autoren: Barb & J. C. Hendee
Vom Netzwerk:
ehrfürchtige Scheu erfasste ihn, als er einen der drei Becher nahm.
    Ein einzelnes Pfefferminzblatt lag auf dem Teesatz.
    Es war ein Abend in der Gildenkaserne gewesen, in ruhiger Gesellschaft und mit einer Schriftrolle, deren Text aus dem Vergessenen stammte, einem Teil der Geschichte, über den nichts bekannt war. Bei jener Gelegenheit hatte ihm Wynn eine Tasse mit diesem Tee angeboten. Als Weise und Gelehrte vergeudete sie ihre Zeit nicht mit der hirnlosen Plackerei der Massen, dem Vieh der Menschheit. Sie war einzigartig, ein lebender Schatz.
    Wynn war zu Magiere und Leesil gekommen.
    Hatte sie sich ihnen angeschlossen? In dem Fall musste Chane besondere Vorsicht walten lassen, bis er entscheiden konnte, ob er sich an Magiere rächen oder Welstiel bei seinen Plänen helfen sollte, die noch weitgehend im Dunkeln blieben. Wie sollte er sich verhalten, wenn Wynn in Bedrängnis geriet und nicht mehr allein zurechtkam?
    Seine Hand zitterte, als er den Becher aufs Nachtschränkchen zurückstellte, und dabei spürte er Welstiels Blick.
    »Was ist?«, fragte Welstiel.
    »Nichts.«
    Die Anzahl der Becher entging der Aufmerksamkeit seines Begleiters nicht. Welstiel trat vor und nahm den gleichen Becher, den sich Chane angesehen hatte. Er drehte ihn und betrachtete dabei die Reste darin.
    »Ich glaube kaum, dass sie mit ihrem Hund Tee getrunken haben. Wer war die dritte Person?«
    Chane zuckte mit den Schultern.
    Welstiel stellte den Becher zu den beiden anderen. »Gehen wir?«
    Chanes Blick verharrte noch einen Moment länger auf dem Becher, und der Duft von Pfefferminz schien seinen Kopf zu füllen.
    Die Stadt Bela war außer Sicht geraten, und in der dunklen, kühlen Luft sprang Chap durchs Gebüsch am Straßenrand. Längst hatte die Nacht begonnen, aber Magiere bestand darauf, den Weg fortzusetzen, als wollte sie den in Bela verlorenen halben Tag wettmachen. Chap hörte, wie der Wagen hinter ihm über die Straße rollte.
    Seine Begleiter hatten dicke Wintermäntel, einige zusätzliche Hemden und mehr Vorräte gekauft, aber vielleicht nicht genug von dem geräucherten Hammelfleisch, das Chap auf einem Markt entdeckt hatte. Gut ausgerüstet hatten sie sich schließlich auf den Weg gemacht, und eigentlich hätte alles in Ordnung sein sollen. Chap konnte diese Reise nicht verhindern und hätte sie auch gar nicht verhindern wollen, wenn sie zu den Antworten führte, die sie suchten. Anders sah es aus, wenn es um Magieres Vergangenheit ging.
    Er lief, fühlte Kraft und Geschwindigkeit seines Körpers, während er durchs hohe Gras huschte. Als er ein Wäldchen erreichte, wurde er langsamer, und seine Pfoten tappten über den weichen Boden einer kleinen Lichtung.
    Wind fuhr durch sein Fell, er kam direkt vom Himmel. Die Zweige der Bäume gerieten erst einige Sekunden später in Bewegung, und dann schien es, als flüsterte der ganze Wald um ihn herum.
    Chap drehte sich mit einem leisen Knurren um.
    Fichten und Buchen ragten am Rand der Lichtung auf, große Bäume, die ihre Wurzeln tief in den Boden gegraben hatten. Die Zweige streckten sich einander entgegen wie die Arme von Wächtern, die eine Barriere bildeten. Chap sah durch die Lücken zwischen ihnen in den Wald jenseits davon und hielt Ausschau, ohne etwas Verdächtiges zu bemerken. Doch der Wall aus Bäumen wurde plötzlich an Stellen dicker, die eben noch normal ausgesehen hatten, und für bestimmte Bewegungen im Geflecht der Zweige und Äste konnte nicht allein der Wind verantwortlich sein.
    Nar r … Schurk e … Verräter!
    Stimmen flüsterten von allen Seiten auf ihn ein. Chap knurrte lauter und drehte sich so schnell, dass seine Pfoten welke Blätter aufwirbelten.
    Augen beobachteten ihn aus den Schatten unter den Ästen, glitzerten wie Sterne, die jemand vom Himmel geholt hatte und zwischen den Zweigen gefangen hielt. Chap hörte das Geräusch von Flügeln und duckte sich instinktiv. Krallen kratzten über Rinde, als ein kleines Geschöpf am Stamm des größten Baumes hochlief.
    Chap wandte sich dem alten Wächter mit dem knorrigen Stamm und den dicken, krummen Ästen zu und fühlte sich von Scham erfasst. Durch die Bewegungen unsichtbarer Lebewesen wirkten die dunklen Lücken zwischen den Zweigen wie Münder, die sich öffneten und schlossen, dabei die vorwurfsvollen Worte formulierten.
    Abgeirrt ist unser Artgenosse im Fleische. Das Ziel hat er aus den Augen verloren.
    Chap wich zurück, den Blick auf seinen Ankläger gerichtet. Er fühlte Ärger und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher