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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug
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»Ich brauche Gundolf dringend! Und Sie, Brinkmann, machen Sie sich schon mal Gedanken, wie wir an den Sender kommen können!«
    »Gar nicht!« erwiderte Brinkmann prompt, aber Bloch überhörte ihn.
    Hektische Aktivität breitete sich aus. Mahlberg rief die Zentrale, erledigte zwischendurch zwei Meldungen an die Flugsicherung, schrieb einen Spezialwetterbericht mit und überprüfte die Flugautomatik. Brinkmann zog sich dicke Wälzer aus dem Regal und studierte den Aufbau der Bugsektion. Zwischendurch rechnete er auf die Minute die verbleibende Flugzeit aus: eine Stunde und zwölf Minuten .
    Bloch hatte seinen Sitz so weit wie möglich zurückgeschoben und scharrte mit seinen Händen trotz der winzigen Glassplitter auf dem Boden wie ein Goldgräber.
    Mit der Hoffnung des Verzweifelten klammerte er sich an dieses winzige gläserne Rondell, ohne eine Rettung zu sehen. Wie er dort vornübergebeugt kauerte, wirkte er wie ein Verdurstender, der sich über eine Wasserlache neigt.
    Thomas war endgültig am Ende. Er hockte zwischen seiner Vollelektronik wie ein moderner Charlie Chaplin im Getriebe der Technik. Wenn er an die ›Steppenadler‹ dachte, dachte er nur noch an Margot. Wenn er an Margot dachte, sah er nur noch ihren Körper, wie er sich krümmte: im Todeskampf, zerfetzt, verstümmelt, zerstückelt. Margot: zusammengekauert unter einer Decke wie ein Kind. Margot: auf dem Rücken, mit toten Augen ins Nichts starrend. Margot: bäuchlings hingestreckt mit aufgerissenem Rücken, in Lachen von Blut.
    Er schrak auf. Hatte ihn jemand gerufen?
    Ulla berührte seine Schulter:
    »Da ist Bloch! Dringend!«
    »Hier Gundolf! Ja?«
    »Es geht um die Notsender. Die sind doch heute morgen alle durch Rettung & Sicherheit an Bord gebracht und gecheckt worden?«
    Plötzlich war Thomas hellwach. Die grauenvollen Bilder schwanden.
    »Ja, durch Niko! Sie kennen ihn: dieser Grieche!«
    »Ist der vertrauenswürdig?«
    »Einer unserer Besten! Weshalb?«
    »Wir sehen nur noch eine einzige Möglichkeit, wo diese verdammte Bombe stecken könnte!«
    »Ja?«
    »Vorne im Bug! Da ist ein Notsender montiert, den wir nicht mit ins Schlauchboot nehmen. Der bleibt da, um die Ditchingposition der Maschine zu markieren. Das Segment am Bug, wo dieser Sender hängt, das ist druckfrei.«
    »Druckfrei?«
    »Druckfrei! Moment mal!«
    Thomas rieb sich verbissen die Stirn, als sei er von einem Insekt schmerzhaft gebissen worden.
    »Ist was passiert?« fragte Ulla, die nicht mitgehört hatte. Aber er antwortete ihr nicht. Statt dessen überschlug sich seine Stimme, als er Bloch informierte:
    »Ich versuche seit Stunden, diesen Griechen Niko zu erreichen. Seit acht Uhr hat er wieder Dienst. Nachtschicht. Er ist nicht erschienen. Und vorher war er in seiner Wohnung nicht zu erreichen.«
    »Wollen Sie sagen: Der ist verschwunden?«
    Ja, so sah es aus. Jetzt hatte Thomas keine Zweifel mehr! Wenn es irgendeine Spur gab, dann führte sie über Niko.
    »Bloch: Haben Sie konkrete Verdachtsmomente? Ich meine: daß die Bombe dort stecken könnte?«
    Thomas' Haltung hatte sich so auffällig verändert, daß Ulla und Allermann ihre Arbeit im Stich ließen und atemlos mithörten.
    »Die habe ich nicht! Nur: Das ist die letzte Chance. Der Countdown hat angefangen!«
    »Gut, Sie haben keine Verdachtsmomente! Aber ich habe sie! Ich weiß nicht, was es mit dem Notsender auf sich hat. Aber Niko hat ihn montiert. Und Niko ist spurlos verschwunden!«
    »Dann ist dies unsere einzige, unsere letzte Chance! Hoffen wir, daß Ihr vertrauenswürdiger Grieche durch und durch verkommen ist! Hoffen wir, daß er uns eine Höllenmaschine eingebaut hat!«
    »Wenn dem so wäre, dann, verdammt, schmeißen Sie die Höllenmaschine doch um Himmels willen über Bord!«
    »Das ist nicht so einfach! Wir können nicht ran!«
    »Ich verstehe nicht alles. Brauchen Sie einen technischen Spezialisten von der Werft?«
    »Ja, kann nicht schaden! Wenn es rasch geht!«
    »Der Misch steht hier neben mir. Er kann sofort anfangen! Er wälzt seine Bibel!«
    »Fein, ja. Geben Sie ihn mir mal?«
    »Hier ist er! Alles Gute!«
    Als Misch übernommen hatte, nahm Ulla Thomas an der Hand und drückte ihn sanft in den nächsten Stuhl.
    »Sie sehen aus wie eine Hitchcockleiche! Jetzt lassen Sie mal gefälligst die Herren Spezialisten und Innenausstatter reden! Sie haben jetzt Pause!«
    Thomas hatte nicht einmal mehr genug Elan, irgendeine Bemerkung zu machen – etwa: Ulla sähe auch nicht mehr ganz so verführerisch
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