Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
stehe ich jederzeit zu Ihren Diensten. Nathaniel und Madeleine Harrison-Wright werden, wie von meiner Mandantin gewünscht, nicht von diesem Schriftstück unterrichtet.
    Ich erkenne an, dass Ihre Klage gegen Madeleine Harrison-Wright begründet ist, fürchte jedoch, dass der Versuch einer strafrechtlichen Verfolgung womöglich mit Ms. Harrison-Wrights Entlastung enden und ihr Zugang zu vertraulichen Informationen gestatten wird. Darf ich Sie aus diesem Grund dringend bitten, das oben Gesagte in Betracht zu ziehen und mich wissen zu lassen, ob Sie beabsichtigen, etwas zu unternehmen. Sie werden sich selbstverständlich darüber im Klaren sein, dass jedes gerichtliche Vorgehen zur Offenlegung von Ms. Derbyshires Verbindung zur Familie Wright führen wird.
    Zum Schluss möchte ich Ihnen und Ms. Derbyshire im Namen meiner Mandantin dafür danken, dass Sie mir diese Angelegenheiten zur Kenntnis gebracht haben. Ich bedaure es sehr, dass meine Mandantin mich damals nicht selbst auf die Vorfälle aufmerksam machen konnte, mir wurde jedoch versichert, dass ihr Gesundheitszustand auf lange Sicht durch die Misshandlungen der Tochter nicht verschlechtert wurde. So traurig es ist, das Fortschreiten dieser Krankheit ist nicht aufzuhalten.
    Mit freundlichen Grüßen, Thomas Balldock

24

    Zur gleichen Zeit kamen verschiedene Gerüchte auf, ohne dass klar gewesen wäre, wo sie ihren Ursprung hatten. Jedermann wusste von der gerichtlichen Verfügung, die es Madeleine untersagte, Lily zu besuchen, und es wurde allgemein angenommen, sie habe im Pflegeheim versucht, ihrer Mutter ans Leben zu gehen. Daraus entstanden die Tuscheleien. Von verschiedenen Seiten wurde mir erzählt, bei Madeleine sei eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden; sie sei in psychiatrischer Behandlung; sie habe die Londoner Wohnung nach einem tätlichen Angriff auf ihren Sohn verlassen müssen; Nathaniel habe die Scheidung eingereicht; es liege eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung gegen sie vor, die ihr verbiete, Winterbourne Barton aufzusuchen.
    Das einzige Gerücht, von dem ich wusste, dass es auf Tatsachen beruhte, war (abgesehen von der einstweiligen Verfügung bezüglich des Pflegeheims) die Sache mit der auf Unterlassung gerichteten Verfügung, die Thomas Balldock in meinem und Jess' Namen erwirkt hatte. Ich weiß nicht, was für Material er vorlegte, aber uns wurde mitgeteilt, wir sollten unverzüglich die Polizei verständigen, wenn Madeleine oder Nathaniel versuchten, mit uns Kontakt aufzunehmen oder unsere Anwesen zu betreten. Die Geschichte mit der Trennung wurde erst bestätigt, als Peter in London zufällig ein Bekannter von Nathaniel über den Weg lief. Diesem zufolge waren Nathaniel und Hugo aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, während Madeleine noch da wohnte. Vater und Sohn lebten derzeit in Wales bei Nathaniels Eltern, und Madeleine hatte Mühe, die Rechnungen zu bezahlen.
    Die Reaktionen der Einwohner von Winterbourne Barton waren überraschend ehrlich. Die meisten behaupteten, die Gerüchte hätten sie erschüttert, aber einige erklärten, sie hätten Madeleines Charme immer schon oberflächlich gefunden. Man erkor mich zur Übermittlerin diverser indirekter Entschuldigungen bei Jess für Dinge, die man über sie gesagt und gedacht hatte, aber niemand hatte den Mut, ihr selbst gegenüberzutreten.
    Ich hielt mich da heraus, aber ich weiß, dass meine Mutter Jess drängte, großzügig zu sein, da die Leute ja nur »nett sein« wollten. Jess entgegnete, sie sei hier diejenige, die nett sei, wenn sie den plötzlichen Stimmungswechsel über sich ergehen lasse. Sie selbst sei die Gleiche wie immer, und Winterbourne Barton bleibe nun mal ein Ruhestandsnest für reiche, egozentrische Senioren, die von der Landschaft um sie herum keine Ahnung hätten. Unter dem besänftigenden Einfluss meiner Mutter ließ sie sich hin und wieder zu einem Lächeln statt des grimmigen Stirnrunzelns hinreißen, aber mit Smalltalk tat sie sich weiterhin schwer.
    Ich mutmaßte meiner Mutter gegenüber, dass Jess' Beliebtheit vorbei sein würde, sobald sie und mein Vater nach London zurückkehrten. »Ich habe genauso wenig Lust wie sie, den Einheimischen um den Bart zu gehen«, sagte ich, »und im Dezember breche ich meine Zelte hier sowieso ab.«
    »Jess hat ein gutes Herz«, meinte sie. »Wenn sie hört, dass jemand in Not ist, hilft sie ihm. Sie hat dir doch auch geholfen.«
    »Aber ich habe die Freundschaft nicht strapaziert.«
    Meine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher