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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)
Autoren: Simone Neumann
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weiter. Er hatte offenbar vor, den ganzen See zu umrunden. Kopfschüttelnd ging Anna zum Haus zurück. Er würde sich hoffentlich bald beruhigt haben und heimkommen.
    Als sie zur Stube hineinkam, saß Mergel nicht alleine dort. Er hatte einen Gast, einen vermummten Mönch, so wie es schien. Recht arglos schwätzte der Alte auf den Kapuzenträger ein, offenbar ohne sich darum zu bekümmern, weshalb dieser sein Gesicht nicht zeigte. Es kam immer wieder vor, dass Geistliche durch die vom Krieg gebeutelten Dörfer zogen. Auch sie waren oft ohne Heim in diesen Tagen, stellten doch besonders Klöster in einem vermeintlichen Glaubenskrieg ein willkommenes Ziel für Raub und Zerstörung dar.
    Anna war kaum zur Tür hereingekommen, da war der alte Mergel auch schon mitten im Gespräch eingeschlafen. Den Kopf unbequem im Nacken, saß er schnarchend auf seinem stuhl. Dies war nicht ungewöhnlich für ihn, doch an diesem Abend war es Anna wenig willkommen.
    »Nun, es ist spät, und ich denke, dass Ihr besser gehen solltet«, sagte sie zu dem Fremden und öffnete die stubentür, um ihn hinauszubegleiten. Doch der Mann regte sich nicht.
    »Wer seid Ihr? Warum versteckt Ihr Euch?«
    Der Mann hob seinen Kopf und lüftete die Kapuze.
    Sie hatte es geahnt: Er war zurück.
    »Was willst du? Warum bist du wieder hier?«, fragte sie ruhig und mit freundlicher stimme.
    »Man will bleiben. Man kann helfen. Die Frau braucht richtige Hilfe, der neue Mann ist nicht gut für die Frau.«
    »Wo ist er?« Anna wusste, dass er von Andreas sprach, und da sie auch ahnte, dass ebendieses Wesen für das Verschwinden so mancher Männer, die sich zu nahe an Anna herangewagt hatten, verantwortlich gewesen war, so befürchtete sie nun Schlimmes.
    Er antwortete nicht.
    »Wo ist er?«, wiederholte sie ihre Frage, diesmal in einem fast hysterischen Tonfall.
    »Am See. Wird bald zurück sein.«
    »Du hast ihm nichts getan?«
    »Nein.«
    »Aber den Bartel, den hast du verschwinden lassen, oder etwa nicht?«
    »Der Zwerg ist tot.«
    »Und den Kaspar, den hast du auch entführt.«
    »Auf die Mütze hat er eines bekommen, und weggetragen hat man ihn. Ist wieder aufgewacht, aber nicht zurückgekehrt. Hat den Verstand verloren, sich an nichts erinnert. War keine Gefahr mehr für die Frau.«
    »Er ist jetzt tot, der Kaspar.«
    »Davon weiß man nichts. Viele sterben.«
    Anna fragte weiter: »Der Rosenkranz meiner Schwester. Ich habe ihn noch vor Kaspars Verschwinden eines Morgens bei mir gefunden. Hast du ihn mir zugesteckt?«
    »Ein Geschenk für die Frau.«
    »Warst du es, der mich in den Wald verschleppt hat, als die alte Frau starb?«
    »Besser die alte Frau als die junge Frau.«
    »Was hatte es mit der Wahrsagerin, der blinden, in Paderborn für eine Bewandtnis?«
    Anna reihte eine Erinnerung an die nächste, sie wollte die Zeit nutzen, bis Andreas zurückkam. Jedes noch so kleine Rätsel sollte gelöst, alle offenen Fragen sollten beantwortet werden.
    »Man hat sie geschickt, um zu warnen.«
    »Und die Wegelagerer, die eines Tages tot vor unserer Herbergstür lagen, nachdem sie uns verfolgt hatten?«
    »Wollten die Frau und ihre Begleiter töten.«
    »Hast du auch Mergels Bein abgeschnitten?«
    »Der alte Mann wäre gestorben. Hätte die Frau nicht weiter begleiten können.«
    »Die Wölfe im Wald – du hast sie verjagt?«
    »Ein Feuerwerk, jahaaa«, und er lachte laut, all seine kleinen spitzen Zähnchen zeigend, »jahaa, ein Feuerwerk war es.«
    »Und der Hund? Der schwarze Hund.«
    »Man hat ihn der Frau zurückgebracht.«
    »Wer war der Prophet bei Ellwangen? Der weiße Mann?«
    »Einen weißen Mann kennt man nicht.«
    Anna war nicht zufrieden mit dieser Antwort. »Er hat mich vor dem Teufel gewarnt. Er wusste über alles Bescheid.«
    »Einen weißen Mann kennt man nicht.«
    »Den Zwerg Bartel hast du verschwinden lassen, und die kroatischen Reiter hast du aufgeknüpft.«
    »Das war nicht schwer.«
    »Hast du auch den Hund getötet?«
    »Nein!« Er schrie so laut, dass der schlafende Mergel zusammenzuckte und seinen Kopf aus dem Nacken auf die Brust fallen ließ, um dann weiterzuschlafen.
    Der Fremde sprach wieder mit ruhiger Stimme: »War ein guter Hund. Ein treuer Hund. Man hat ihn gerächt.«
    »Dann war da also noch jemand. Ein anderer, ein zweiter Mann. Und der hat den Hund erschossen.«
    »Man hat den Hund gerächt.«
    »Wer war das, dieser Zweite? Du hast ihn getötet?«
    »Man hat den Hund gerächt.«
    »Weshalb willst du nicht über ihn reden?
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