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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)
Autoren: Simone Neumann
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dieser Kinder gewesen, die vergeblich hinter dem Rad hergelaufen waren. Er war gestürzt und liegen geblieben. Und damit schien er sogar Glück gehabt zu haben.
    Dem großen Wallenstein war es anders ergangen. Auch er war längst – bereits im Februar des Jahres – von den anderen umgestoßen und aus dem Spiel geworfen worden. Kurz: Man hatte ihn ermordet, den unliebsamen Emporkömmling beseitigt, weil man ihn beschuldigte, ein Bündnis mit den schweden eingehen zu wollen.
    Und die Schweden waren weiterhin im Land. Es kümmerte sie nicht, so sehr sie ihn auch geliebt hatten, dass ihr großer König Gustav Adolf gefallen war. sie blieben.
    Erst im September 1634, nachdem es bei der Stadt Nördlingen – welche auch Anna bereits kennengelernt hatte – zu einer großen Schlacht gekommen war, aus welcher die Kaiserlichen als Sieger hervorgegangen waren, begann sich das Blatt zu wenden. Zumindest hoffte man das. Man hoffte in Bayern, dass nun die Schweden endlich abziehen würden und der Krieg damit, zumindest in diesem Teil des Reiches, ein Ende finden würde.
    Etwa zur gleichen Zeit geschah es, dass sich ein kaiserliches Heer unter Aldringen wieder auf den Weg durch Bayern machte, um sich mit spanischen Truppen zu vereinigen, die, über die Alpen kommend, ihren Weg nach Deutschland nahmen.
    Anna erfuhr in der Nacht vor der Ankunft des Heere, dessen Tross ihr und Mergel nur allzu vertraut war, von dem Durchmarsch. Der seltsame Gast, der beschützende und dennoch unheimliche Schatten, stand plötzlich vor Annas Lager und warnte sie.
    »Die Frau muss sich hüten«, flüsterte er der schlafenden Anna ins Ohr. Sie erwachte nicht sofort, sondern flocht diese Worte des Mannes in einen Traum ein, den sie gerade träumte, einen Traum von Frieden und Glück.
    »Die Frau muss sich hüten.« Anna öffnete ihre Augen und erschrak.
    »Was willst du?«, wollte sie den Eindringling anschreien. Doch der hielt ihr den Mund zu, damit Andreas, welcher friedlich neben ihr schlummerte, nicht aufgeweckt würde.
    »Die Frau muss sich hüten. Bald ist die Zeit gekommen, dann wird die Frau bestraft werden. Dann muss sie sterben, weil sie gelacht hat.«
    stocksteif stand er dort und teilte ihr in seiner seltsamen Aussprache diese schreckliche Nachricht mit.
    »Wer wird mich umbringen, wer?«
    »Man wird die Frau vielleicht nicht mehr beschützen können. Lange wird man das nicht mehr können.«
    »Wer will mich töten? Sag es mir!«
    »Der, über den die Frau gelacht hat.«
    »Ich habe über niemanden gelacht. Zumindest kann ich mich nicht mehr erinnern. Hilf mir, sag mir, was ich falsch gemacht habe.«
    Andreas räkelte sich, brummelte nur kurz »Ruhe!«, drehte sich um und schlief weiter. Anna erhob sich, schob den Einbrecher zur Tür hinaus und ging mit ihm in die Stube. Dort beantwortete er, immer noch flüsternd, ihre Frage: »Die Frau hat gelacht, das hat sie falsch gemacht, und deshalb muss sie sich hüten.«
    »Hast du ihn denn nicht längst erschlagen?«
    »Geschlagen, aber nicht erschlagen. Das kann man nicht, man kann ihn nicht erschlagen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Weil man ohne ihn allein ist. Weil man ohne ihn nicht weiß, wohin man gehen soll.«
    »Aber du bist doch hier, bei mir. Du verfolgst doch mich die ganze Zeit. Ist er denn etwa auch ständig dabei?«
    »Er ist nicht immer da.«
    »Was bindet dich an ihn?«
    »Er weiß es. Er weiß, dass man existiert. Er ist gut. Solange man nicht lacht, ist er gut. Aber man lacht nicht über ihn, lacht niemals über ihn. Er hat einen gerettet. Gerettet vor dem Feuer. Dem Feuer, das Mama verbrannt hat. Und all die anderen in den vielen Wagen.«
    Anna runzelte die Stirn. Irgendetwas kam ihr an dieser Geschichte bekannt vor. Doch sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Wo hatte sie davon gehört? sie würde später darüber nachdenken.
    »Und nun kommt er wieder?«
    »Die Soldaten kommen zurück. Und auch er ist dabei.«
    »Ist er auch ein Soldat?«
    »Nein.«
    »Wie heißt er?«
    »Man kennt seinen Namen nicht.«
    »Was tut er dir Gutes, dass du ihn nicht töten kannst?«
    »Er bringt Bücher, er bringt manchmal Essen, er lacht nicht über einen, und man lacht nicht über ihn.«
    »Das ist alle?«
    »Alles.«
    »Und was tust du ihm Gutes?«
    »Man besorgt die kleinen Hunde.«
    »Jedes Mal?«
    »Nein, nur wenn er einen fragt. Nur wenn man gerade in der Nähe ist.«
    »Hat er dich jetzt wieder gefragt?«
    »Nein. Aber er wird kommen, weil die Soldaten kommen. Und er wird die Frau
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