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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Autoren: Gustav A Horn
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Beschäftigungseffekte zu zeigen. Die Unternehmen konnten
     die anziehende Nachfrage mühelos mit dem Bestand an Beschäftigten oder, wegen der Zunahme der Produktivität, sogar mit weniger
     Arbeitskräften |37| befriedigen. Am Anfang des Aufschwungs standen also per saldo Beschäftigungsverluste, wie Abbildung 1 zeigt. Das ist zwar
     zu Beginn eines Aufschwungs keinesfalls ungewöhnlich, fiel aber im jüngsten Fall doch stärker aus als erwartet. Diese anfänglichen
     Beschäftigungsverluste müssen Bestandteil einer korrekten Bilanz sein. Sie werden häufig nicht berücksichtigt, weil der Beginn
     des Aufschwungs auf den Zeitpunkt der ersten Beschäftigungszunahme datiert wird. Ein solches Vorgehen blendet aber die Anfangskosten
     bewusst aus und gibt damit ein unvollständiges Bild.
    Im weiteren Verlauf stieg die Beschäftigung bis zum Ende des Aufschwungs erwartungsgemäß an. Es lohnt auch ein Blick auf die
     Länge des Aufschwungs. Der Sachverständigenrat kommt in seiner Analyse zu einer Aufschwunglänge von 7 Quartalen für den älteren
     und 13 für den jüngeren. 14 Daher ist es wenig überraschend, dass im jüngsten Aufschwung die Beschäftigung sowohl in Arbeitsstunden gemessen als auch
     der Zahl der Beschäftigten nach insgesamt stärker gestiegen ist als im früheren. Dies wird auch vom Sachverständigenrat als
     Beleg für den Erfolg der Arbeitsmarktreformen angeführt. Aber lässt sich die längere Dauer des Aufschwungs wirklich als Erfolg
     der Arbeitsmarktreformen interpretieren? Dies wäre so, wenn die Reformen den Aufschwung angetrieben hätten. Aufgrund der insgesamt
     schwachen Einkommensentwicklung kann dies direkt über die Nachfrageseite nicht geschehen sein. Im Gegenteil, von dieser Seite
     sind deutlich negative Impulse zu erwarten.
    Allerdings hat der Lohndruck die Angebotsbedingungen verbessert, sodass insbesondere ein Teil der bemerkenswerten Exportdynamik
     eine Folge der Arbeitsmarktreformen sein dürfte. Dies beeinflusst indirekt über eine erhöhte Beschäftigung auch die Binnennachfrage
     positiv. Insgesamt ergibt dies jedoch wegen des größeren Anteils der Binnennachfrage an der wirtschaftlichen Entwicklung immer
     einen eher negativen Saldo. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass die Arbeitsmarktreformen keinen spürbaren Einfluss
     auf die Dauer des Aufschwungs hatten – weder in die eine noch in die andere Richtung.
    |38| Um das positive Urteil des Sachverständigenrates noch etwas genauer zu prüfen, bietet es sich an, den Vergleich zunächst auf
     die Länge des kürzeren Aufschwungs zu begrenzen. Nur so lassen sich vergleichbare Resultate erhalten. Hier zeigt sich ein
     interessantes Ergebnis. Folgt man Logeay/Zwiener 15 , die die Beschäftigungswirkungen bei gleich starkem Wachstum berechnet haben, so ist das Ergebnis für die Reformbefürworter
     ernüchternd. Erst nach elf Quartalen holte der jüngere Aufschwung das Wachstum ein, das der ältere bereits nach sieben Quartalen
     erreicht hatte. An diesem Vergleichspunkt hatte die Zahl der Beschäftigten im ersten Aufschwung stärker zugenommen als im
     zweiten. Dagegen war die Zahl der Arbeitsstunden im zweiten Aufschwung stärker gestiegen.
    Dieser Befund besagt nichts anderes, als dass im jüngsten Aufschwung vor allem die durchschnittliche Arbeitszeit der Beschäftigten
     massiv ausgedehnt wurde. Die verlängerte Arbeitszeit ergibt sich aus zwei einander verstärkenden Tendenzen. Zum Einen wurden
     im Aufschwung Ende der 1990er Jahre Neueinstellungen in Form von Mini- und Midi-Jobs getätigt. Die Subventionierung dieser
     Jobs durch geringere Steuer- und Abgabenbelastung trat damals als wesentlicher Teil einer Arbeitsmarktreform in Kraft und
     wurde von den Unternehmen weidlich genutzt. Das war zwischen 2006 und 2008 nicht mehr der Fall. Zum Zweiten waren in der Zwischenzeit
     in vielen Unternehmen flexible Arbeitszeitvereinbarungen in Kraft getreten, die es erlaubten, bei unverändertem Gehalt innerhalb
     vereinbarter Grenzen die Arbeitszeit der Beschäftigten flexibel an die Auftragslage der Unternehmen anzupassen. Folglich konnten
     die Unternehmen im Zuge des Aufschwungs die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten ohne größere Mehrkosten erhöhen. Dies war, insbesondere
     am Beginn des Aufschwungs, für sie erheblich rentabler, als jemanden neu einzustellen. Es ist also letztlich nicht überraschend,
     dass als Folge dieser internen Flexibilisierung vor allem die Zahl der Arbeitsstunden massiv ausgeweitet
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