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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Autoren: Gustav A Horn
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ausgehenden Druck
     und ihre erweiterten rechtlichen Möglichkeiten, um zum Beispiel Zeitarbeit einzuführen und so ihre Kosten zu senken. Ein solches
     Verhalten kann schwerlich als ein Erfolg der Arbeitsmarktreformen interpretiert werden. Eine verschlechterte Qualität der
     Stellen ist allenfalls dann hinnehmbar, wenn man gleichzeitig zusätzliche Stellen schafft, die ansonsten nicht entstehen würden.
     Man muss also |35| bei der Bewertung der Arbeitsmarktreformen sehr genau hinsehen, um zu einem nachvollziehbaren Urteil zu kommen.
    Dazu gehört auch ein Blick auf die Methode, also wie der Effekt der Arbeitsmarktreformen auf Arbeitslosigkeit und Beschäftigung
     gemessen wird. Beide Größen sind stets vielfältigen Einflüssen ausgesetzt, die nichts mit den Arbeitsmarktreformen zu tun
     haben. Es geht also darum, den Effekt der Arbeitsmarktreformen unter einer Vielzahl von Einflussfaktoren möglichst exakt und
     sicher zu identifizieren. Und das ist gar nicht so leicht, wie beispielsweise ein Blick auf den Einfluss der Konjunktur zeigt.
     Die konjunkturelle Dynamik beeinflusst Beschäftigung und Arbeitslosigkeit jederzeit, das ist unstrittig. So ist es »normal«,
     dass in einem Aufschwung die Beschäftigung steigt und die Arbeitslosigkeit abnimmt. Wie aber können wir nun zwischen dem Einfluss
     der Konjunktur und dem Einfluss von Arbeitsmarktreformen unterscheiden? Genau diese Frage stellte sich im Vorfeld der Krise,
     als im Aufschwung zwischen Ende 2004 und Mitte 2008 die Beschäftigung zunahm und die Arbeitslosigkeit zurückging. Manche sagten,
     diese verbesserte Lage sei allein den Arbeitsmarktreformen zuzuschreiben. Eine solche Aussage hat nichts mit seriöser Wissenschaft
     zu tun, weil sie den Einfluss der Konjunktur völlig unterschlägt. Nun ja – hin und wieder neigen wohl einzelne Wissenschaftler
     und Politiker dazu, die Wissenschaft in die letzte Bank zu setzen. Es soll eben alles ein Erfolg ihrer Reformen sein. Ich
     erlaube mir trotzdem (oder gerade deswegen) einen wissenschaftlichen Blick auf die Arbeitsmarktreformen – wenn auch mit einigen
     Einschränkungen.
    Was uns die Statistik zu sagen hat
    In der ökonomischen Wissenschaft verfügen wir über statistische Verfahren, die genau diese Identifizierung der verschiedenen
     Einflussfaktoren leisten. Um zu gesicherten Aussagen zu gelangen, benötigt man aber erheblich mehr Daten, als uns aktuell
     zur Verfügung |36| stehen. Aus statistischer Sicht ist der Zeitraum seit 2003/2004 recht kurz. Eine Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit
     der Reformen auf dem üblichen methodischen Niveau der Ökonomie wird wohl noch einige Jahre warten müssen.
    Um dennoch eine erste vorläufige Bilanz ziehen zu können, bediene ich mich im Folgenden diverser Vergleiche, die Hinweise
     auf eine Antwort geben können. Alle diese Versuche weisen zwangsläufig einen vorläufigen Charakter auf. So wurde im Frühjahr
     2007 erstmals ein Vergleich der beiden jüngsten konjunkturellen Aufschwungphasen bezogen auf den Arbeitsmarkt durchgeführt. 13 Auf diese Weise vergleicht man zwei prinzipiell gleichartige Phasen der Konjunktur, in denen aus konjunkturellen Gründen
     eine verbesserte Arbeitsmarktlage erwartet werden kann. Wenn nun in einer dieser Phasen die Arbeitsmarktentwicklung besonders
     günstig verläuft, dann muss es neben der Konjunktur noch andere Einflussfaktoren dafür geben. Zu diesen Faktoren könnten,
     in Abwesenheit anderer spektakulärer Veränderungen, die Arbeitsmarktreformen zählen. Als Vergleichszyklen dienen der Aufschwung
     von 1998 bis Ende 2000, als es die Arbeitsmarktreformen noch nicht gab, und der jüngste Aufschwung von Ende 2004 bis Mitte
     2008, als die Reformen schon Wirkung gezeigt haben dürften. Ich gehe dabei insbesondere auf die Argumente des Sachverständigenrates
     ein, der die Reformen eindeutig als Erfolg interpretiert.
    Der jüngste Aufschwung von 2006 bis 2008 war deutlich kräftiger und hielt merklich länger an als sein »Vorgänger«. Insofern
     ist eine insgesamt günstigere Arbeitsmarktentwicklung keine Überraschung und eher auf die markant gute Konjunktur zurückzuführen.
     Die Skepsis, dass die Arbeitsmarktreformen – wegen der Einkommensverluste vieler Langzeitarbeitsloser, wegen des starken Drucks
     auf die Löhne und der Verunsicherung durch die Reformen – die Konjunktur zunächst belasten würde, war durchaus berechtigt.
     Das Wachstum zu Beginn des Aufschwungs war zu schwach, um positive
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