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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten
Autoren: Santa Montefiore
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ist mir viel zu laut, und die vielen Leute. Nee, ich fänd’s furchtbar, auf dem Gehweg um Platz kämpfen zu müssen. Mir reicht es schon im Sommer in Dawcomb, wenn die Touristen scharenweise einfallen und die Stadt aus allen Nähten platzt. Ich mag es so lieber, wenn es ruhig ist. Nur wir, die Einheimischen, leere Strände, leeres Meer, lange, leere Tage.« Sie kicherte, als Freddie seine Hand auf ihren Oberschenkel legte. »Und du, süßer Freddie, mit dem leeren Schädel!«
    »Nicht leer. Voll mit dir, Sylvia.«
    Sie wand sich kichernd. »Wollen wir rausgehen, eine rauchen?«
    Sylvia schlenderte langsam durch den Pub. Ihre Wespentaille und die großen Brüste waren in ein hautenges blaues Kleid gequetscht, was zur Folge hatte, dass der Mann in dem Tweedanzug sein Bier verschüttete, als er sich auf dem Barhocker lüstern nach ihr umdrehte. »Mach den Mund zu, du bist viel zu alt«, schalt ihn die Kellnerin lachend und griff nach einem Lappen, um den Tresen abzuwischen.
    »Die ist eine Marke«, sagte Joe kopfschüttelnd. »Ein echtes Hammerweib.«
    »Wie lange sind die zwei schon zusammen?«
    »Zusammen würde ich nicht sagen. Sie haben ein Verhältnis, mehr nicht. Er ist verheiratet und hat Kinder, sie ist geschieden. Das wird noch unschön. Circa ein halbes Jahr, um deine Frage zu beantworten. Heimliche Treffen, und ich bin der Alibimann, der im Notfall einspringt und sich als ihr Freund ausgibt.«
    »Nett von dir.«
    »Er ist mein Kumpel. Ich würde alles für Freddie tun. Das Problem ist, dass er verliebt ist. Und ein verliebter Mann denkt nicht mit dem Kopf.«
    »Ich war noch klein, als meine Eltern sich scheiden ließen, aber ich weiß, dass es bei mir einen Knacks hinterlassen hat. Ich meine, wie auch nicht? Jeder, der denkt, Kinder können eine Scheidung unbeschadet überstehen, macht sich was vor. Meine ganze Kindheit über habe ich davon geträumt, dass sie wieder zusammenkommen. Sogar als Dad Submarine geheiratet hat und hier runtergezogen ist, habe ich es mir noch gewünscht.« Sie lehnte sich halb über den Tisch und senkte die Stimme. »Ich wünschte mir, dass Submarine einen Unfall hat.«
    »Du ungezogenes Mädchen.«
    »Oh ja!«
    »Es klingt allerdings ganz so, als wäre sie noch gesund und munter.«
    »Leider. Wenigstens hat sie keine Kinder gekriegt. Also existiert doch so was wie Gerechtigkeit.« Sie stürzte ihren Wodka-Tonic hinunter. »Ich bin immer noch Dads einzige Tochter, was ein gewisser Trost ist.«
    Joe lachte. »Du bist witzig.«
    »Galgenhumor.«
    »Kann ich dir noch etwas zu trinken holen?«
    »Und ob du das kannst, Joe. Danke.«
    Er ging hinüber zur Bar. Clementine lehnte sich auf der Bank zurück und beobachtete ihn schläfrig. Er war hübsch anzusehen; ein bisschen grobschlächtig vielleicht, aber sie mochte es, wie er über ihre Scherze lachte und sie anguckte. Als er mit ihrem Wodka zurückkam, grinste er.
    »Was ist so lustig?«
    »Wir.«
    »Was meinst du?«
    »Tja, Sylvia und Freddie haben uns versetzt.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, klar.«
    »Ich dachte, sie wollten nur rauchen gehen.«
    »Nein, sie sind vögeln gegangen. Und sie haben uns absichtlich alleine zurückgelassen.«
    »Das würde Sylvia nie machen, ohne mir vorher Bescheid zu sagen.«
    »Irrtum, sie hat es extra gemacht. So ist sie eben, Sylvia mit dem großen Herzen. Sie will, dass jeder so glücklich ist wie sie.«
    »Na dann, Joe, wenn du mein Date bist, können wir uns genauso gut etwas zu essen bestellen. Ich bin am Verhungern.«
    Er sah sie interessiert an, und sein einer Mundwinkel zuckte vor Vorfreude. »Heute Nacht stehen weniger Sterne am Himmel.«
    »Ach ja?«
    »Ja, weil der strahlendste hier bei mir am Tisch sitzt.«
    Es mochte der Alkohol sein – oder ihre Einsamkeit – die sie verführte, seinen mehr als lahmen Spruch mit einem herzlichen Lachen zu quittieren und noch einen Schluck Wodka zu trinken.
    Bis Sylvia und Freddie zuückkamen – Sylvia strich sich ihr Kleid glatt und zupfte an ihrem Haar –, saßen Clementine und Joe bei zwei Portionen Cottage-Pie und lachten albern über alles, was der jeweils andere sagte.
    »Wie es aussieht, versteht ihr zwei euch bestens«, konstatierte Sylvia, rutschte auf die Bank und verströmte eine Wolke Hyazinthenduft.
    »Wo wart ihr?«, fragte Clementine.
    »Wir haben eine Zigarette geraucht.«
    »Eine lange Zigarette.«
    »Ja, wir haben sie bis zum Schluss ausgekostet.« Sie lachte rauchig.
    »Lass uns bestellen«, schlug Freddie vor. »Das riecht
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