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Der zweite Buddha

Der zweite Buddha

Titel: Der zweite Buddha
Autoren: A. A. Fair
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sorgfältig überprüft. Wie üblich müßten die Einladungen vorgezeigt werden, bevor der von der obersten Wohnetage zu der Atelierwohnung hinaufführende Fahrstuhl betreten werden dürfe. Auf der Party werde dann ein kleines Orchester die Gäste unterhalten; später werde ein Film gezeigt werden, den Crockett während seiner letzten Expedition im Inneren Borneos gedreht habe.
    Als ich fertig gelesen hatte, fragte ich Elsie Brand: »Was hat denn Bertha dazu gesagt?«
    »Bertha? Na, die ist vollkommen aus dem Häuschen! Sie hat angeordnet, daß zwanzig Exemplare der Zeitung besorgt werden sollen. Den Artikel hat sie förmlich verschlungen. Und jetzt läuft sie ‘rum wie ein Pfau; alle warten darauf, daß sie noch ein Rad schlägt.«
    »Und unsere Buchhalterin?« fragte ich weiter.
    »Die ist heute abend mit dem Fotografen verabredet.«
    Ich pfiff durch die Zähne. »Alle Achtung; das ist fixe Arbeit!«
    Sie machte eine unbestimmte Kopfbewegung, die nicht unbedingt als Antwort auf gef aßt werden mußte. Ich kam auf den Ausgangspunkt unseres Gespräches zurück: »Übrigens ist mir aufgefallen, daß die gute Bertha gestern gar nichts dagegen einzuwenden hatte, die Firma allein zu vertreten... wahrscheinlich hält sie mich nicht für besonders fotogen.«
    Elsie legte einen Aktendeckel beiseite, den sie gerade in der Hand hielt, und sah mich an. »Seien Sie mir nicht böse, Donald«, erklärte sie, und es klang recht entschieden, »aber für Büroklatsch bin ich nicht zu haben.«
    Unsere Augen trafen sich.
    »Das ist ein gesunder Standpunkt«, erwiderte ich langsam.
    »Werden Sie zu dieser Party gehen?« fragte Elsie schließlich.
    »Ich? Wie käme ich dazu? Nein, mein Kind — das ist Berthas Auftritt! Sie hat mit Crockett abgeschlossen; sie steht in der Zeitung; jetzt kann sie sich von mir aus auch am Fahrstuhl aufbauen und den Damen in den Ausschnitt gucken: >Oh, Pardon — ich dachte, Sie hätten versehentlich einen Buddha mitgenommen ...<«
    Elsie lachte.
    Ich ging hinüber zu Berthas Privatbüro, klopfte an und trat ein. »Na, Bertha?!« begrüßte ich sie. »Herzlichen Glückwunsch!«
    »Glückwunsch? Wozu denn?«
    »Na, schließlich lieferst du ja neuerdings Schlagzeilen, stimmt’s?«
    »Ach so, das meinst du... na, ein bißchen Reklame hat noch keiner Firma geschadet.«
    »Eben; das meine ich ja gerade.«
    Bertha vertiefte sich in die Zeitung, die aufgeschlagen vor ihr lag. Vor allem betrachtete sie das Bild eingehend.
    »So ein Flittchen!« murmelte sie.
    »Wer?« fragte ich. »Die Buchhalterin?«
    Sie nickte.
    »Aber dieser Dings, na... dieser Olney, der war doch nicht davon abzubringen; der bestand doch auf ihren Beinen«, erinnerte ich sie.
    »Beine!« schnaufte sie verächtlich. »Was heißt hier Beine? Das ist ein Halbakt!«
    »Na, laß mal gut sein«, beruhigte ich sie. »Du bist jedenfalls gut getroffen. Du wirkst so... so kompetent.«
    »Das bin ich auch«, antwortete sie grimmig.
    Dabei ließ ich es bewenden.
     

3
     
    Es war fast Mitternacht, als ich nach Hause kam. Ich stellte mich noch kurz unter die Brause und ging dann gleich ins Bett. Aber gerade als ich das Licht ausknipsen wollte, klingelte das Telefon.
    Ich nahm den Hörer ab und meldete mich: »Hallo...?« Es war Bertha Cool, und ihre Stimme traf mich ungefähr so wie ein herbstlicher Windstoß einen Haufen dürrer Blätter. »Donald«, schrie sie, »du kommst sofort rüber!«
    »Rüber wohin?« erkundigte ich mich. »Wo steckst du denn?«
    »Na, in der Atelierwohnung natürlich! Bei Crockett — Dean Crockett II.«
    »Aha. Und jetzt erklär mir mal, was eigentlich los ist.«
    »Der Teufel ist los!« schrie sie. »Halt keine Volksreden und mach, daß du rüberkommst! Reiß dich gefälligst zusammen und beeil dich!«
    »Na schön«, sagte ich, »ich bin gleich da.«
    Ich legte den Hörer auf, stieg wieder aus dem Bett und zog mich an. Zehn Minuten später fuhr ich los.
    Durch Berthas Bericht und durch die Zeitungslektüre hatte ich eine ungefähre Vorstellung von dieser Atelierwohnung. Sie lag über dem 20. Stockwerk eines Mietshauses und war nur mit einem Extrafahrstuhl zu erreichen. Dieser Fahrstuhl war die einzige Verbindung zwischen der Wohnung im Dachgeschoß und einer Art Vestibül, in das man vom Korridor des 20. Stockwerks aus gelangen konnte.
    Wenn Crockett Leute eingeladen hatte — oder bei besonderen Anlassen anderer Art —, stand dieses Vestibül offen, und der Aufzug wurde von einem Boy bedient. Normalerweise war es aber
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