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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb
Autoren: Terry Pratchett
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vollführte einen perfekten 365

    Kopfsprung.
    Über ihr schloss sich die Schokolade fast völlig lautlos. Die beiden Beobachter warteten, bis sich die trägen Wellen wieder glätteten.
    »Das war eine Lady mit Stil«, sagte Chaos. »Schade um sie.«
    JA, DAS FINDE ICH AUCH.
    »Nun, es hat Spaß gemacht – bis eben jedenfalls«, sagte Chaos. »Und
    jetzt muss ich gehen.«
    WILLST DU WEITERHIN ALS MILCHMANN ARBEITEN?
    »Die Leute verlassen sich auf mich.«
    Tod wirkte beeindruckt. ES DÜRFTE… INTERESSANT
    WERDEN, DICH WIEDER BEI UNS ZU HABEN, sagte er.
    »Ja«, erwiderte Chaos. »Kommst du nicht mit?«
    ICH WARTE HIER NOCH ETWAS.
    »Warum?«
    NUR FÜR DEN FALL.
    »Ah.«
    Einige Minuten später griff Tod unter seinen Kapuzenmantel und
    holte eine ganz besondere Lebensuhr hervor. Sie war klein und leicht, schien für eine Puppe bestimmt zu sein. Er drehte sie.
    »Aber… ich bin gestorben«, sagte das Phantom von Unity.
    JA, erwiderte Tod. DIES IST DER NÄCHSTE TEIL…

    Tick

    Emma Robertson saß im Klassenzimmer, runzelte die Stirn und kaute an ihrem Stift. Dann begann sie zu schreiben, langsam, als gäbe sie große Geheimnisse preis.

    »Wir besuchten Lanker wo es Hexen gibt aber sie sind gut und
    bauen Kräuter an«, schrieb Emma . »Wir trafen eine die sehr lustik ist und sie sagn uns ein Liet über einen Igel das hatte
    viele schwere Wörter. Jason wollte ihre Katze treten aber sie
    366

    jakte ihn in einen Baum. Ich weiß jetzt viel über Hexen sie
    haben keine Warzen und sind wie eine Oma aber eine Oma
    kennt nicht so viele schwere Wörter.«

    Susanne saß an ihrem hohen Pult und entspannte sich. Ein
    Klassenzimmer voller gesenkter Köpfe war einfach wundervoll. Gute
    Lehrer nutzten alle zur Verfügung stehenden Mittel, und es gab kaum
    etwas Lehrreicheres als ein Besuch bei Frau Ogg.
    Ein Klassenzimmer, in dem alles gut lief, hatte einen eigenen Geruch: angespitzte Bleistifte, die Farbe von Bildern, eine seit langem tote Stabheuschrecke, Klebstoff und natürlich ein gewisser Duft von Billy.
    Susanne hatte eine unangenehme Begegnung mit ihrem Großvater
    hinter sich und ihm dabei vorgeworfen, dass er ihr nichts gesagt hatte.
    Was er für ganz normal hielt. Wenn er den Menschen sagen würde, was
    die Zukunft für sie bereithielt, so trat diese Zukunft mit ziemlicher Sicherheit nicht ein. Das ergab natürlich einen Sinn. Es war logisch. Das Problem war nur, dass Susanne größtenteils an der Logik festhielt. Und so befanden sich die Dinge jetzt wieder in dem von Unbehagen und
    Kühle geprägten Stadium, in dem sie den größten Teil ihrer Zeit
    verbrachten, in jener kleinen Familie, die auf Funktionsstörungen
    basierte.
    Vielleicht war dies der normale familiäre Zustand, dachte Susanne.
    Wenn’s hart auf hart ging – herzlichen Dank, Frau Ogg, sie würde diesen Ausdruck im Gedächtnis behalten, auch seine besonderen Bedeutungen
    –, so verließen sie sich automatisch aufeinander, ohne einen Gedanken.
    Abgesehen davon gerieten sie sich nicht in den Weg.
    Den Rattentod hatte Susanne schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen. Vermutlich durfte sie nicht hoffen, dass er tot war. Immerhin hatte ihn das bisher nicht daran gehindert, immer wieder zu erscheinen.
    Dieser Gedanke erinnerte sie an den Inhalt des Pults. Susanne war
    recht streng, wenn es ums Essen im Klassenzimmer ging, außerdem
    vertrat sie die Ansicht: Wenn es Regeln gab, so galten sie für alle, auch für sie. Andernfalls waren sie nur eine Art Tyrannei. Aber Regeln sollten einen auch zum Nachdenken bringen, bevor man sie brach.
    367

    Zwischen den Büchern und Papieren lag noch immer eine halbe
    Schachtel von Süß & Leckers billigster Mischung.
    Es fiel ihr nicht weiter schwer, die Klappe vorsichtig zu öffnen, eine Hand ins Innere des Pults zu schieben und dabei eine angemessene
    Lehrermiene zu wahren. Tastende Finger fanden eine Praline in einem
    Nest aus kleinen, leeren Papierschalen und teilten ihr mit, dass es sich um ein verdammtes Nougatstück handelte. Aber Susanne blieb
    entschlossen. Das Leben war nicht leicht. Manchmal bekam man
    Nougat.
    Sie nahm die Schlüssel, schritt zum Schrank mit dem Schreibmaterial
    und gab sich dabei so energisch wie jemand, dem es allein darum ging, die Anzahl der Stifte zu überprüfen. Man musste sie gelegentlich
    kontrollieren.
    Hinter ihr schloss sich die Schranktür mit einem leisen Klicken. Das einzige Licht fiel durch ein schmales Fenster über der Tür und ließ graue Düsternis entstehen.
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