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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter
Autoren: Brad Meltzer
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Geschichte. Auf der rechten Seite waren Bücherschränke eingebaut, die Bens und Lisas Privatbibliothek beherbergen würden. Mit seinen Bänden voller Prozeßakten, Abhandlungen und juristischen Zeitschriften erinnerte das Zimmer Ben an die Bibliotheken von Millionärsvillen in kitschigen Filmen.
    An der hinteren Wand hing das einzige Bild im Zimmer - eine Fotografie der derzeitigen Richter. Es war das offizielle Bild, das nach der Ernennung eines neuen Richters immer nach demselben Muster aufgenommen wurde: Fünf Richter saßen und vier Richter standen. In der Mitte saß der Vorsitzende, die anderen waren entsprechend ihres Dienstalters am Obersten Gerichtshof arrangiert. Der dienstälteste Richter saß ganz links, der neue Richter stand ganz rechts. Obwohl das Foto erst sechs Monate alt war, machten die identischen schwarzen Roben und der dazu passende stoische Blick das Porträt fast ununterscheidbar von den Dutzenden von Bildern, die man in der Vergangenheit aufgenommen hatte.
    Auf dem blau-goldenen Teppichboden standen sich zwei antike Holzschreibtische gegenüber, dazu kamen zwei Computer, eine Wand mit Aktenschränken, ein Reißwolf und ein bequemes, aber einigermaßen abgenutztes scharlachrotes Sofa. Die beiden Schreibtische bogen sich bereits unter Papierbergen. »Soweit ich weiß, stammen die Tische aus der frühen Kolonialzeit«, erklärte Lisa. »Vielleicht sind sie früher von irgendwelchen alten Richtern benutzt worden. Oder es sind nur Kopien, die jemand in der Garage stehen hatte. Was zum Teufel verstehe ich schon von Antiquitäten?«
    Während er ihr in das vollgestopfte, aber distinguierte Büro folgte, bemerkte Ben, daß Lisa barfuß war.
    »Der Richter kommt heute wohl nicht?« fragte Ben, schob einige Akten beiseite und stellte seine Tasche auf einen der beiden Schreibtische.
    »Stimmt. Tut mir leid, eigentlich hätte ich Sie gestern Abend anrufen sollen. Die meisten Richter fahren im Sommer weg. Hollis wird erst nächsten Monat zurückkommen, deshalb kann man so rumlaufen, wie man will.« Lisa lehnte sich an Bens Tisch. »Na, was denken Sie?«
    Ben ließ den Blick durchs Zimmer schweifen und bemerkte: »Das Sofa sieht bequem aus.«
    »Es ist bestenfalls Durchschnitt. Aber immerhin ist es bequemer als diese alten Stühle.« Lisa flitzte zu einem der Aktenschränke aus grauem Metall und verkündete: »Aber hier ist das Beste an diesem Büro. Sehen Sie es sich mal an.«
    Ben zog den Schrank von der Wand weg und sah achtzehn mit schwarzem Filzstift geschriebene Autogramme. »Das sind wohl die früheren Mitarbeiter von Hollis?« fragte er, während er die Namen las, die die halbe Rückwand bedeckten.
    »Nee, das sind die ersten Musketiere«, sagte Lisa. »Klar sind's die alten Mitarbeiter.«
    »Wann unterschreiben wir?«
    »Jetzt oder nie«, meinte Lisa und zog einen schwarzen Filzstift aus ihrer Gesäßtasche.
    »Wir können's kaum erwarten, was?« sagte Ben lachend.
    »Hören Sie mal, Sie können von Glück reden, daß ich auf Sie gewartet habe.« Mit großer Geste schrieb Lisa ihren Namen. Als sie fertig war, fügte Ben seinen gleich unter ihrem hinzu und schob den Schrank an die Wand zurück. »Sie haben wohl im Juli angefangen?« fragte er.
    »Ja. Dabei wäre ich gern ein bißchen länger rumgereist.«
    »Das hab' ich dafür getan«, sagte Ben. »Ich bin erst vor zwei Tagen aus Europa zurückgekommen.«
    »Schön für dich.« Lisa warf sich aufs Sofa. »Ist doch in Ordnung, wenn wir uns duzen? Jedenfalls brauche ich jetzt einige Basisinformationen über dich - woher du kommst, auf welcher Uni du warst, was für Hobbys und Ambitionen du hast - mit allen pikanten Einzelheiten.«
    »Willst du auch meine Maße wissen, oder reicht meine Schuhgröße?«
    »Die Maße sehe ich schon selbst«, gab Lisa blitzschnell zurück. »Kleine Füße, mittelgroße Hände, durchschnittlicher Körperbau, großes Ego.«
    Ben lachte. »Und alle haben gesagt, mein Kollege wird ein steifes Handtuch sein«, sagte er und legte sein Jackett ab. Ben hatte ein ovales Gesicht und nicht gerade eindrucksvolle Backenknochen, aber mit seinen leuchtend dunkelgrünen Augen und dem hellbraunen, in die Stirn fallenden Haar galt er durchaus als gut aussehend. Er rollte seine Hemdsärmel hoch und sagte: »Ich bin aus Newton, Massachusetts; im Grundstudium war ich an der Columbia, hab' dann an der Yale Jura studiert; letztes Jahr war ich Mitarbeiter von Richter Stanley im Bezirk D.C.; über kurz oder lang will ich Staatsanwalt
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