Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Götter traten aus einem gedanklichen Kerker.
Und sie waren sehr zornig.
     

    » W ir können überhaupt nichts dagegen unternehmen, oder?« fragte Krösus.
»Nein«, bestätigte Conina.
»Das Eis wird die ganze Scheibenwelt bedecken?« fügte der Serif hinzu. »Ja«, sagte die junge Frau.
»Nein«, widersprach Nijel.
Er zitterte vor Wut (vielleicht fror er auch) und war fast ebenso bleich wie die Gletscher, die unter ihnen über die weite Ebene knirschten. Conina seufzte. »Wie willst du denn…«, begann sie.
»Setz mich irgendwo vor den Eisriesen und ihrer Herde ab«, sagte Nijel.
»Das ist doch sinnlos.«
    »Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt«, erwiderte Nijel ruhig. »Ich möchte schlicht und einfach, daß du mich einige Meilen vor den Gletschern absetzt, so daß mir Zeit genug bleibt, gewisse Dinge zu klären.«
    »Was willst du klären?«
Nijel gab keine Antwort.
Conina holte tief Luft. »Ich habe dich gefragt, was du…«
    »Sei still!«
    »Ich begreife nicht, warum…«
    »Jetzt hör mir mal gut zu«, sagte Nijel und klang so geduldig wie jemand, der mit dem Gedanken spielt, seinem Gesprächspartner den Schädel einzuschlagen. »Das Eis tritt seinen Siegeszug an, nicht wahr? Alle Bewohner der Scheibenwelt werden sterben, oder? Nur uns bleibt noch eine kleine Gnadenfrist, bis diese Pferde ihren… ihren Hafer möchten oder mal aufs Klo müssen oder was weiß ich. Vielleicht nutzt Krösus die Zeit, um noch ein letztes Sonett zu verfassen und darüber zu schreiben, wie kalt es plötzlich geworden ist und daß die ganze menschliche Geschichte über den Haufen geworfen wird, aber selbst das nützt nichts, da es bald niemanden mehr gibt, der sein Werk lesen kann, und unter diesen Umständen möchte ich dich darauf hinweisen, daß ich absolut keinen Widerspruch dulde, hast du verstanden?«
    Nijel unterbrach sich, um nach Luft zu schnappen. Er zitterte wie eine Bogensehne, die gerade einen Pfeil davongeschleudert hatte.
    Conina zögerte. Mehrmals öffnete sie den Mund und schloß ihn wieder. Sie war so überrascht, daß sie auf eine scharfe Antwort verzichtete.
    Sie landeten auf einer kleinen, von hohen Kiefern und Fichten gesäumten Lichtung, etwa drei Meilen vor dem Leitbullen der Gletscherherde. Dumpfes Donnern kündigte die vorrückende Eisfront an. Frostiger Dampf zog über die Baumwipfel hinweg, und der Boden erbebte so heftig wie die Bespannung einer Trommel.
    Nijel trat in die Mitte der Lichtung, zog sein Schwert und holte versuchsweise damit aus. Die anderen beobachteten ihn nachdenklich.
    Nach einer Weile wandte sich Krösus an Conina. »Ich reite weiter, wenn du nichts dagegen hast«, flüsterte er. »Unter den gegenwärtigen Umständen erscheint mir die Nüchternheit als besonders schwere Bürde. Ich bin sicher, der Weltuntergang wirkt nicht annähernd so schlimm, wenn man ihn durch den Boden eines Glases betrachtet. Glaubst du ans Paradies, o pfirsichwangige Blüte?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Oh«, erwiderte Krösus. »Nun, in dem Fall sehen wir uns vermutlich nicht wieder.« Er seufzte. »Wirklich schade. Wenn ich daran denke, daß alles mit einem Zauberhut begann… Tja, vielleicht sind auch Nijels Bökke daran schuld. Äh. Wenn es der Zufall will, daß wir uns doch noch einmal begegnen… Ich meine, möglicherweise könntest du mir dann eine Geschichte…«
    »Leb wohl«, sagte Conina.
Krösus nickte kummervoll, trieb sein Pferd an und verschwand über den Bäumen.
Schnee rieselte von Zweigen und Ästen, und das Donnern der Gletscher wurde lauter.
Nijel zuckte zusammen, als ihm Conina auf die Schulter klopfte. Er erschrak so sehr, daß er sein Schwert fallen ließ.
»Was machst du hier?« brummte er, tastete durchs kalte Weiß und suchte nach der Klinge.
»Nun, ich möchte mich nicht in deine Angelegenheiten mischen«, sagte Conina vorsichtig, »aber ich würde gern wissen, was du vorhast.«
    Besorgt beobachtete sie den gewaltigen Wall aus Schnee und Geröll, der durch das Gehölz heranwalzte, und in dem fast ohrenbetäubend lauten Grollen hörte sie nun auch das rhythmische Bersten von Baumstämmen. Über den Wipfeln schimmerte unheilvoll die blau-grüne Front der Gletscher.
    »Nichts«, antwortete Nijel. »Überhaupt nichts. Wir müssen den Eisriesen nur Widerstand leisten, das ist alles. Aus diesem Grund sind wir hier.«
    »Aber es macht doch gar keinen Unterschied.«
    »Für mich schon. Wenn das Ende der Welt tatsächlich unabwendbar ist, möchte ich auf diese Weise aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher