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Der Zauber des weissen Wolfes

Der Zauber des weissen Wolfes

Titel: Der Zauber des weissen Wolfes
Autoren: Michael Moorcock
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Herrscheransprüchen der rechtmäßige König der Dracheninsel war und daß er, Yyrkoon, lediglich als Usurpator galt, nicht von Elric auf den Thron gesetzt, wie es die melniboneische Tradition verlangte.
    Elric jedoch hatte noch triftigere Gründe, seinen Cousin zu hassen. Diese Gründe würden dazu führen, daß die herrliche Pracht der alten Welthauptstadt untergehen, daß das letzte Symbol eines ruhmreichen Reiches mit dem Einstürzen der rosaroten, gelben, purpurnen und weißen Türme verschwinden würde - wenn Elrics Wille erfüllt wurde und die Seelords Erfolg hatten.
    Zu Fuß wanderte Elric landeinwärts auf Imrryr zu, über weiches Grasland, während die sinkende Sonne einen ockerfarbenen Schein über das Land legte und schließlich einer mondlos dunklen Nacht wich, düster und voller böser Vorahnungen.
    Endlich erreichte er die Stadt. Sie zeigte sich in nackter, scharfer Silhouette, eine Stadt von fantastisch-schöner Formgebung, in der Anlage wie auch in der Ausführung. Es war die älteste Stadt der Welt, von Künstlern geschaffen und mehr ein Kunstwerk als eine funktioneile Wohnstatt. Elric wußte jedoch, daß in mancher schmalen Straße das Böse lauerte und daß die Lords von Imrryr viele Türme unbewohnt ließen und nicht für die Bastardbevölkerung der Stadt freigaben. Es gab nur noch wenige Drachenherren und nur wenige, die melniboneisches Blut ihr eigen nennen konnten.
    Imrryr war so angelegt, daß es den Konturen des Bodens folgte, und wirkte irgendwie organisch gewachsen - mit seinen gewundenen Gassen, die sich zur Bergkuppe mit der stolzen, vieltürmigen Burg emporwanden, zum letzten, krönenden Meisterwerk der alten, vergessenen Baukünstler. Doch keine Lebenslaute entströmten dem Schönen Imrryr, nur eine Aura schläfriger Verzweiflung. Die Stadt schlief - die Drachenherren und ihre Damen und ihre bevorzugten Sklaven hingen Drogenträumen nach, in denen es um Größe und unglaubliche Schrecken ging, während der Rest der Bevölkerung, von der Ausgangssperre be-

    troffen, sich auf bescheidenen Matratzen herumwälzte und den Versuch machte, überhaupt nicht zu träumen.
    Elric, der die Hand nicht mehr aus der Nähe des Schwertgriffes ließ, huschte durch ein unbewachtes Tor in der Stadtmauer und wanderte durch die nicht erleuchteten Straßen, stieg vorsichtig durch die gewundenen Gassen zu Yyrkoons großem Palast empor.
    Der Wind seufzte durch die leeren Räume der Drachentürme, und von Zeit zu Zeit mußte sich Elric in die dunkleren Schatten zurückziehen, wenn er das Trampeln von Schritten vernahm und eine Gruppe Wächter ihn passierte, die darauf achten mußte, daß die Ausgangssperre eingehalten wurde. Oft hörte er lautes Gelächter in einem Turm, begleitet von hellem Fackelschein, der seltsam beunruhigende Schatten auf die Mauern warf: oft hörte er auch gräßliche Schreie oder ein erregtes Idiotengestammel, wenn irgendein armer Sklave zum Vergnügen seines Herrn in ob- szöner Agonie sein Leben aushauchte.
    Elric zeigte sich ob dieser Geräusche und der vagen optischen Eindrücke nicht entsetzt. Er wußte sie zu schätzen, war er doch nach wie vor ein Melniboneer, der rechtmäßige Anführer dieser Wesen, sollte er sich entschließen, seine Königsmacht zurückzunehmen - und obwohl ihn der seltsame Drang erfüllte, in der äußeren Welt herumzuwandern und ihre weniger hochgezüchteten Genüsse zu kosten, standen doch zehntausend Jahre einer grausamen, brillanten und bösartigen Kultur hinter ihm, ein Erbe, das noch stark in seinen geschwächten Adern pulsierte.
    Ungeduldig klopfte Elric an die mächtige Schwarzholztür. Er hatte den Palast erreicht und stand nun an einem kleinen Hintereingang, vorsichtig Umschau haltend, denn er wußte, daß Yyrkoon den Wächtern Befehl gegeben hatte, ihn zu töten, sobald er Imrryr betrat.
    Auf der anderen Seite quietschte ein Riegel, und die Tür schwang lautlos nach innen. Ein ha- geres, faltiges Gesicht blickte Elric an.
    »Ist dort der König?« flüsterte der Mann und linste in die Nacht hinaus. Er war ein großer, extrem dünner Mann mit langen, knochigen Gliedern, die im Näherkommen unruhig zuckten. Er kniff die Knopfaugen zusammen, um Elric auszumachen.
    »Prinz Elric«, sagte der Albino. »Aber du vergißt, Freund Krummknochen, daß ein neuer König auf dem Rubinthron sitzt.«
    Krummknochen schüttelte den Kopf, und das schüttere Haar fiel ihm ins Gesicht. Mit ruckhafter Bewegung warf er es zurück und wich zur Seite, damit Elric
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