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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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Augen zu verscheuchen.
    »Du hast vor, uns zu verlassen, Annora, stimmt’s?«
    Sie errötete seltsam schuldbewusst. »Aye. Du bist jetzt wieder gesund und hast alles zurückbekommen, was du verloren hattest. Es wird Zeit, dass du wieder dein Leben als Laird führst.«
    »Und du willst kein Teil davon sein?«
    »Ich kann hier nicht weiter als Meggies Kindermädchen bleiben. Es wird sich vieles ändern, du wirst dich ins Zeug legen und mit deinen Nachbarn neue Verträge aushandeln müssen. Und du wirst dich bestimmt auch bei Hofe zeigen müssen, damit dich die mächtigen Leute dort kennenlernen und dir vertrauen. Und …«
    Er küsste sie und legte all sein Verlangen in diesen Kuss. Einen Moment lang widerstand sie James, doch dann stieg die Leidenschaft in ihr auf, die er so liebte, und sie entspannte sich in seinen Armen und erwiderte den Kuss. Obwohl er nicht die Gabe hatte zu spüren, was in anderen vorging, konnte er die Verzweiflung und den Kummer in ihrem Kuss fast schmecken. Allmählich dämmerte ihm, dass Annora tun wollte, was sie für das Beste für alle Beteiligten hielt, und nicht das, was ihr wirklich am Herzen lag.
    »Nay!«, schrie sie plötzlich und wand sich aus seinen Armen. »Wir können das nicht mehr tun. Du bist wieder der Laird. Hast du mir nicht gesagt, dass die Murrays dir beigebracht haben, aus Mägden keine Bettgespielinnen zu machen?«
    »Annora, du bist nicht meine Bettgespielin!«, erwiderte er, zwischen Bestürzung und Ärger schwankend. »Habe ich dir je das Gefühl gegeben, das zu sein?«
    »Aber was sollte ich denn sonst sein? Bin ich nicht deine Geliebte?«
    »Meine Geliebte und meine Liebe!«
    »Nay, James, ich kann nicht deine Liebe sein«, flüsterte sie verzagt. Wie gern hätte sie ihm geglaubt! Doch sie wusste, dass es keine Zukunft für sie geben konnte, selbst wenn er die Wahrheit sagte.
    »Warum nicht?« James beschlich die Angst, dass er sich geirrt hatte und ihre Gefühle sich nur auf die Leidenschaft beschränkten und nicht bis in ihr Herz reichten. »Willst du mir sagen, dass du nicht mehr von mir wolltest als ein paar hitzige Liebesspiele?«
    Annora errötete vor Zorn wie vor Verlegenheit über seine groben Worte. Sie wollte ihm eine aufgebrachte Antwort geben, doch dann zögerte sie. Sie spürte sehr starke Gefühle in ihm und fragte sich, ob sie sich vielleicht geirrt hatte. In James tobten Schmerz und Angst, und sie zweifelte nicht daran, dass sie der Anlass war. Aber es gab auch noch etwas anderes, etwas Starkes, Warmes, das zu benennen sie sich scheute.
    Einen Moment lang dachte sie daran, etwas zu tun oder zu sagen, um ihn zu vertreiben, und dann aus Dunncraig zu fliehen. Doch das wäre feige gewesen.
    Sie straffte die Schultern.
    Nein, sie wollte jetzt nicht mehr feige sein. Es mochte viel Kummer vor ihr liegen, wenn sie dieses Gespräch fortsetzte, aber sie würde es durchstehen.
    Wenn sie Dunncraig verließ, mussten alle Fragen geklärt sein.
    »Wenn ich so eine Frau gewesen wäre, dann wäre ich keine Jungfrau mehr gewesen, stimmt’s?«, sagte sie schließlich.
    »Annora«, erwiderte er etwas sanfter. Er kämpfte gegen seine wachsende Angst an, die ihn dazu trieb, mit zornigen Worten zuzuschlagen. »Ich habe in dir nie eine Bettgespielin gesehen«. Vorsichtig legte er wieder die Hände auf ihre Schultern. »Wenn ich so einer gewesen wäre, hätte ich dann Mab vertrieben? Wenn es mir nur um ein hitziges Liebesspiel gegangen wäre, hätte ich ihr doch wahrhaftig ihren Willen lassen können.«
    Das stimmte, dachte sie, doch dann verzog sie das Gesicht. »Es war nicht sehr schwer, mich zu verführen, James, auch wenn ich mich dafür schäme.«
    »Mir kam es vor wie eine Ewigkeit, wenn ich überlege, wie heftig ich dich begehrt habe.« Als sie flüchtig lächelte, legte sich seine Angst ein wenig. »Ich wollte nur dich, keine andere, obwohl die Zeit nicht günstig war, um dich zu werben.«
    »Werben?«, flüsterte sie. Ihr Herz pochte mit neuer Hoffnung.
    »Aye, Liebes. Ich weiß, dass es die Umstände nicht danach haben aussehen lassen, aber genau das habe ich getan. Annora …« Er schloss sie in die Arme und atmete erleichtert auf, als sich diesmal ihr Körper nicht mehr angespannt anfühlte. »Ich brauche dich. Ich brauche dich hier. Ich brauche dich, damit du die Finsternis von meiner Seele fernhältst.«
    Er küsste sie, und sie schmolz in seinen Armen. Er hatte weder von Hochzeit noch von einer Zukunft gesprochen, doch diesmal war es ihr gleichgültig.
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