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Der Widerstand

Der Widerstand

Titel: Der Widerstand
Autoren: David Weber
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schlimmer.
    Das war auch der Moment, da die Bogenschützen alle Pfeile aus ihren Köchern verschossen hatten. Sie gaben ihre Position an den Flanken auf und griffen zu Äxten, Schwertern, Dolchen, Spitzhacken und Hämmern. Zwar trugen sie keine Rüstung, doch dadurch waren sie viel beweglicher als ihre schwerfälligen und mit Morast überzogenen Widersacher, und auch wenn sie nicht das Gesicht mit einem Visier schützen konnten, wurde ihre Sicht zum Ausgleich durch nichts behindert. Und während sie sich bis dahin körperlich nicht so hatten anstrengen müssen, waren viele Franzosen vom Marsch durch den Morast, von der Hitze und von der verbrauchten Luft in den engen Helmen so abgekämpft, dass sie kaum in der Lage waren, ihre Waffen hochzuheben.
    Diese Situation hätte mit sorgfältiger Planung vorbereitet worden sein können, und tatsächlich war sie das auch. Nämlich durch Henry, der auf diese Weise den Vorteil ausgleichen konnte, den die französischen Waffenknechte unter normalen Umständen innehatten. Kein Franzose, der nun von den Bogenschützen zu Boden geschickt wurde – und sei es nur, dass er ausrutschte und den Halt verlor –, hatte noch eine Chance, sich wieder aufzurichten und weiterzukämpfen.
    »Clahdru!«, murmelte Hartyr fast drei Menschenstunden später. »Es scheint einfach nicht … wie kann jemand …?«
    Er ließ seine Frage unvollendet, und Garsul schüttelte sich unwillkürlich. »Menschen« waren keine Barthoni, das war klar. Aber obwohl er sich seit Jahrzehnten dem Erkunden verschrieben hatte und obwohl er der Ansicht war, dass jede empfindungsfähige Spezies mit Würde und Respekt behandelt werden sollte, konnte er sich nicht dazu durchringen, diese Menschen als »Volk« anzusehen. Zugegeben, Joraym hatte recht gehabt, und es war ihm peinlich, zugeben zu müssen, dass der Xeno-Anthropologe seine Vorurteile durchaus richtig eingeschätzt hatte. Doch das änderte nichts daran, dass es sich bei ihnen um Empfindungsfähige handelte, und was die »Engländer« und die »Franzosen« sich gegenseitig angetan hatten, würde ihn für den Rest seines Lebens in Albträumen verfolgen.
    Er beneidete auch nicht den Rat darum, dass der sich den vertraulichen Bericht ansehen musste, den er in Kürze abschicken würde.
    Vor der Position der »Engländer« türmten sich die Leichen zu Bergen, die zum Teil sogar Garsul überragt hätten. Clahdru allein wusste, wie viele Franzosen im Morast erstickt oder vom Gewicht der auf ihnen liegenden toten Kameraden erdrückt worden waren. Es war so schlimm, dass die dritte Angriffswelle sich geweigert hatte, gegen die Engländer vorzurücken. Nach Garsuls Meinung war das eine kluge Entscheidung gewesen, wenn man überlegte, was bereits drei Viertel ihrer Rüstung tragenden Kameraden widerfahren war. Es erschien unglaublich, hochnäsig und lächerlich, dass eine zahlenmäßig so unterlegene Streitmacht einen derartigen Gegner besiegen konnte, und doch hatten die Engländer genau das geschafft. Der Beleg für ihre Wildheit und ihre Blutrünstigkeit war schlicht erdrückend und entsetzlich.
    »Halten Sie sie immer noch für ›jugendlich‹ und ›unreif‹, Joraym?«, fragte Schiffskommandant Syrahk zynisch.
    »Ich weiß nicht.« Der Xeno-Anthropologe klang zutiefst erschüttert. »Ich meine, sie sind ja auch jugendlich und unreif, etwas anderes können sie auf ihrer momentanen Entwicklungsstufe gar nicht sein. Aber so etwas …?« Joraym warf den Kopf in der Barthon-Geste der Verwunderung in den Nacken. »In der gesamten Literatur bin ich noch nie auf eine solche Brutalität gestoßen.«
    »Urteilen wir nicht gleich zu hart über sie«, warf Kurgahr ein und zog damit die verdutzten Blicke des Schiffskommandanten und des Xeno-Anthropologen auf sich, was er mit einem Schnauben kommentierte. »Ich will nichts von dem entschuldigen, was wir hier gesehen haben. Aber ich habe mich mit genügend Literatur befasst und weiß, dass ein solches Verhalten auch bei anderen Spezies zu finden ist. Es gab Phasen in unserer prä-technischen Ära, in denen wir uns Dinge erlaubt haben, die uns heute mit Entsetzen erfüllen würden. Vielleicht nicht wegen etwas so Belanglosem wie politischen Meinungsverschiedenheiten, und auch nichts, was entfernt an das hier herankommt. Aber wenn einer Herde der Hungertod drohte und wenn sie gezwungen war, neue Flächen für sich zu beanspruchen, dann war die auch zu ziemlich schlimmen Taten fähig. Und ich glaube, wenn Sie sich intensiver mit der
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