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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer
Autoren: Karl May
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Angelegenheit in der Weise ordnen, daß ich nicht hören, sehen und reden muß !«
    Pepe begab sich zu seiner Laterne zurück, in deren Scheine er den Brillanten funkeln ließ.
    »Ich bin kein Kenner von solchen Dingen, aber ich glaube, daß ich ein besseres Geschäft gemacht habe, als der ehrenwerthe Don Lukas Despierto. Ist dieser Stein ächt, so will ich der Regierung des allerchristlichen Königreiches gern den rückständigen Sold schenken, obgleich ich gezwungen bin, schon morgen mit dem Frühesten über die nicht bezahlte Löhnung so laut zu schreien, daß Jedermann glauben muß, ich sei dem Hungertod nahe.«
    Er streckte sich nieder und schien zu schlafen, ein aufmerksamer Beobachter aber würde bemerkt haben, daß er in der linken Faust das Messer hielt, während die rechte Hand den Karabiner umklammerte, ein sicherer Beweis, daß er keine Veranlassung zu haben glaubte, dem Kapitän mit seinen beiden Leuten ein allzu großes Vertrauen zu schenken.
    Indessen saß der Erstere noch immer im Boote und erwartete die Meldung, die ihn zum Aufbruche veranlassen sollte. Da vernahm er leise, schleichende Schritte, welche sich ihm näherten.
    »Jose!«
    »Kapitano!«
    »Du bists! Nun?«
    »Alles nach Wunsch. Die Donna wacht noch, und der Knabe schläft in der Wiege.«
    »So nimm die Strickleiter und komm!«
    Er stieg aus dem Boote, warf dem Manne die Leiter zu und schritt voran, längs des Wassers hin, bis er an eine Felsenrinne gelangte, welche zur Höhe führte. Trotz der Dunkelheit kletterte er in derselben bis zum Schlosse empor und erreichte die Höhe an einer Stelle, über welcher sich ein Balkon befand, der auf massiven steinernen Trägern ruhte. Er blickte empor und gewahrte seinen zweiten Gehilfen, welcher auf ihn gewartet hatte.
    »Fang die Leiter auf, Juan, und befestige sie an der Balustrade!«
    Seinen Befehlen wurde Folge geleistet, dann erstieg er den Balkon und blickte durch die breite Glasthür desselben in ein Zimmer, welches so groß war, daß die in demselben befindliche Lampe nur eine spärliche Helle verbreitete.
    An einer Wiege saß eine junge, wunderschöne Frau und blickte mit liebestrahlenden Augen auf den Knaben, welcher in derselben lag. Ein Faustschlag zertrümmerte das Glas, und im nächsten Momente stand der Kapitän in dem Zimmer. Die Dame war erschrocken aufgesprungen und starrte ihn an wie ein Gespenst, welches Furcht und Entsetzen mit sich bringt.
    »Mein Gott, wer seid Ihr, was wollt Ihr!«
    »Wer ich bin? Kennt Donna Luisa ihren Schwager nicht?«
    »Ihren Schwa – –! Heilige Mutter Gottes, ja, er ists, Ihr seid es, Don Antonio, den wir Alle todt geglaubt haben!«
    Die Gräfin befand sich in einer unbeschreiblichen Aufregung; der Graf blickte ihr mit ruhigem, höhnischem Lächeln in das bleiche Angesicht.
    »Todt geglaubt, Frau Schwägerin, ja; aber das Schicksal hat es nicht ganz so schlimm mit mir gemeint, als Ihr dachtet. Ich lebe noch und muß Euch um Verzeihung bitten, daß ich den Versuch wage, Euch von meinem Dasein zu überzeugen.«
    »Dann danke ich Gott mit Euch, der Euch so gnädig beschützt und glücklich zurückgeführt hat! Aber sagt, wo Ihr Euch bis hierher befunden habt, da nicht die kleinste Kunde von Euch zu uns gelangte!«
    »Ich war nach Kuba beordert, wurde aber von einer französischen Flottille eingeholt und geentert. Der Widerstand war vergebens, man brachte mich nach Martinique, wo es mir später gelang, mit verschiedenen Leidensgefährten mich einer dort vor Anker liegenden Brigg zu bemächtigen, deren Bemannung wir niederstießen und dann in See gingen. Von da an kreuzte ich in den Gewässern von Mittel-und Südamerika, machte manchen guten Fang und kehre nun zurück, um die Früchte meines Seeglückes zu genießen.«
    »Ich heiße Euch herzlich willkommen in der Heimath, Don Antonio! Aber warum kommt Ihr zu so ungewöhnlicher Stunde und auf einem so auffälligen Wege nach Schloß Elanchovi?«
    »Errathet Ihr dies nicht, meine theure Donna?«
    Sie blickte bei dem Tone dieser Worte mit schärferem Auge in sein Angesicht; sie fand auf dasselbe nur Haß und Tücke geschrieben und bebte in ihrem Innern.

    »Was soll ich rathen, Don Antonio?«
    »Daß Ihr mir im Wege seid, Ihr und der Knabe hier, der mir mein Erbe nimmt, welches Jahrhunderte lang sich vergrößert hat und mich zum reichsten Manne des Königreichs machen würde, wenn mein Bruder sich nicht von Eurer Stimme hätte bethören lassen. Ich bin gewohnt, den Besitz der Mediana als den meinigen
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