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Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)

Titel: Der Vorfahr: Eine Seele in der Steinzeit (German Edition)
Autoren: Günter W. Hohenester
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hatte, die den Weg des Schamanen gehen wollte, saß am Teich der Illusionen und erbaute sich daran, dass Männer sich in einem bösartigen Spiel Verletzungen beibrachten?. Sie freute sich über Siege, die vorgetäuscht waren? Sie wollte wie ein feister Kerl mit langen rotbraunen Haaren sein? Ich verstand das nicht.
    Ihr blondes Haar stand ihr doch so gut. Wenn es sie im Wind umspielte, dann unterstrich es doch das Besondere an ihr - und das war doch gerade, dass sie so zierlich und schlank war, ganz anders als die anderen Weiber. Sie musste krank sein. Das Hirn meiner Yrsig musste zerfressen sein, wie das des Humuspapilzl.
    Ich fragte den Bläulichen nach seiner Meinung. Er sah mich mitleidig an.
    »Das ist es nicht«, sagte er. »Denk an den falschen Schamanen.«
    Ich war etwas erleichtert.
    Eine andere Frage bewegte mich.
    »Was macht dieser Hinkelsteintyp?«
    »Welcher Hinkelsteintyp? Du wolltest wissen, was Yrsig macht.«
    »Aber du hast ihn bestimmt gesehen. Er hat lange rotbraune Haare, breite Schultern und ein feistes Gesicht.«
    Ich wurde etwas nachdenklich, nachdem ich das gesagt hatte.
    Der Bläuliche krächzte belustigt.
    »Ach, den meinst du. Der sitzt neben dem Trinkfelsen am Boden und hält sich den Kopf. Er schimpft über den gegorenen Wurzelsaft. Der wäre wohl schlecht gewesen. Sein Schädel würde brummen, als hätte jemand einen dicken Ast darauf zertrümmert.«
    Inzwischen hatte sich der Rötliche zu uns gesellt. Er mischte sich ins Gespräch:
    »Die Schatten werden länger«, sagte er. »Der große Stern wird bald am Himmel stehen. Wir müssen aufbrechen. Bist du soweit?«
    Er hatte recht. Ich musste meine Vorbereitungen zu Ende bringen.
     

Die graue Katze, die in den Wäldern jagt
    Ich schulterte den Wassersack. Auf dem Weg zur Erdhöhle dachte ich über den falschen Schamanen nach.
    Der falsche Schamane war kein Schamane. Er war den Weg des Schamanen nicht bis zum Ende gegangen. Er hatte versucht dir seine falschen Lehren beizubringen.. Sicher war er enttäuscht und wütend auf uns. Du hattest ihn abblitzen lassen, als ich auftauchte und wir bemerkten, dass unsere Seelen einst eine einzige gewesen sein mussten. Es hatte ihn sehr gekränkt, denn er war deiner schon sicher gewesen. So sicher, dass er die Felle aufgehäuft hatte in seiner Höhle, um dich an den Haaren darauf zu zerren. Finster hatte er Rache geschworen, als du dich von ihm abwandtest und deine Träume in mein Ohr flüstertest. Und ihn mit höhnischen Worten vertriebst, wie es der Weiber Unart ist. Ich fürchtete es könnte sein böser Zauber sein, der dich so verwirrte. Ich konnte nur hoffen, dass Ojun der echte Schamane, deine Not erkennen würde, und Mittel fände, dir beizustehen.
    Ojun war mein Freund. Ich hatte ihn einst in seiner Hütte aufgesucht, um Belehrung durch ihn zu erfahren. Denn Seltsames war mir damals widerfahren.
    Auf einer meiner Wanderungen ruhte ich ermattet unter einem Baum. Kaum hatte ich die Augen geschlossen, da erschien vor mir die graue Katze, die in den Wäldern jagt und zu deren Klan ich gehöre. Sie führte mich ohne Umschweife zum Großen alten Mammut. Ich war sehr ängstlich und verwirrt. Denn niemals hatte ich gehört, dass jemand den Weg zum Großen alten Mammut geführt worden wäre, ohne vorher den Weg des Schamanen gegangen zu sein und den Wunderpilz gegessen zu haben. Ich hatte den Wunderpilz nicht gegessen. Ich hatte überhaupt keinen Pilz gegessen, schon lange nicht mehr. Auch war ich kein Schamane. Trotzdem stand ich plötzlich vor dem Großen alten Mammut. Ich erschrak und fürchtete mich sehr. Schnell drehte ich mich, um und versuchte davonzulaufen. Doch die graue Katze, die in den Wäldern jagt, hakte eine Kralle in mein Schulterfell und hielt mich fest. Da warf ich mich vor dem Großen alten Mammut zu Boden und machte die Geste der Unterwerfung. Das Große alte Mammut sah auf mich herab und sprach:
    »Auch wenn du zitterst, als schlüge das Herz des Hasen in deiner Brust, so finde ich doch die Kraft der Friedfertigen in dir und den Mut zu einsamen Wegen. Gehe zum Tal der heißen Quelle. Erfahre die Lehren des Schamanen und suche den fehlenden Teil deiner Seele.«
    Ich erwachte. Und obwohl der Schatten des Baumes sich nicht bewegt hatte, fühlte ich mich, wie nach langem Schlaf, glücklich und erholt, voller Kraft und Mut.
    Danach wanderte ich mehrere Wochen, wie ziellos umher, jagte, fischte und sammelte die Früchte des Waldes. Eines Morgens erreichte ich den Fuß einer gewaltigen
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