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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist
Autoren: Rose M J
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liebsten gedrängt hätte, ihm mehr zu erzählen. Seit achtzehn Monaten arbeitete er am Fall Malachai Samuels; der Fall hatte das FBI schon Hunderttausende von Dollar gekostet.
    „Ja, genau das nehmen wir an. Bis vor zwei Jahren gab es niemanden, der sagen konnte, in welcher Sprache das Buch geschrieben war, geschweige denn jemanden, der es hätte übersetzenkönnen. Doch dann stieß unser Historiker auf einen Artikel über einen Archäologen namens Harshul Parva. Dieser Archäologe hatte den Schlüssel zur Harappa entdeckt, einer Sprache, die im Indus-Tal gesprochen wurde. Es existieren eine ganze Reihe von handschriftlichen Quellen aus der Epoche, in der Harappa voll entwickelt war, ungefähr von 2600 bis 1900 vor Christus. Doch anscheinend nie irgendwelche Durchbrüche, um die Sprache zu knacken.“
    „Hat Parva die Liste für Sie übersetzt?“
    „Nein. Unser Historiker lässt die Liste niemanden sehen. Aber Parva konnte ihm trotzdem weiterhelfen.“
    „Und ist die Liste korrekt übersetzt worden?“
    „Das kann ich nicht sagen.“ Aldermann nippte wieder an ihrem Drink. „Aber nur einmal angenommen, die Übersetzung stimmt – wenn Sie wüssten, was auf dieser Liste steht, und wenn dann eines der genannten Objekte auf den Kunstmarkt kommt, dann könnten Sie es identifizieren und uns wissen lassen, dass es aufgetaucht ist. Oder nicht?“
    „Haben Sie die Liste?“
    Wieder bemerkte er, dass Aldermann ihn scharf ansah, als könne sie an seinen Zügen ablesen, wie groß sein Interesse war. Zu lernen, wie man seine Gefühle verbarg, gehörte zur Ausbildung beim FBI. Die Frau, mit der er zuletzt zusammenlebte, hatte sich beschwert, dass er diese Lektion nur allzu gut gelernt habe. In seinen Augen spiegele sich nichts wider, außen den Lampen im Zimmer, hatte Gilly einmal gemeint. Du zwinkerst nicht mal, genau wie eine Katze , hatte sie gesagt. Aber keine echte Katze, eher wie diese kleine Jadestatue aus dem Museum. Kalt, präzise, perfekt – und doch nur eine Nachbildung. Ihre Worte hatten ihn verletzt. Denn was sie sagte, stimmte. Zumindest befürchtete er, dass es so war.
    „Ich habe gestern Abend nach der Beerdigung gemerkt, dass das Büchlein nicht mehr im Tresor war“, sagte Aldermann. „Ich hoffe nur, unser Historiker hat es heimlich an sichgenommen und irgendwo versteckt, wo es noch sicherer ist. Und er meldet sich bald und sagt uns wo.“
    „Falls es wirklich gestohlen wurde, dann hätte ich gerne eine detaillierte Beschreibung, damit ich es bei Interpol aufnehmen kann. Oder haben Sie schon eine Anzeige gemacht?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Und ich bin noch im Besitz der Übersetzung der Liste. Sie befand sich nicht im Tresor. Würden Sie sie gerne sehen?“ Es wurde totenstill wie in einem Grab, als Aldermann ihren ledernen Terminkalender aufschlug. Sie nahm ein einzelnes Stück Papier heraus, das sie auf den Tisch legte und es dann mit der Hand festhielt, als wolle sie verhindern, dass es weggeblasen wurde. Kein Lüftchen regte sich in der fensterlosen Bibliothek.
    „Ich habe die Existenz von Erinnerungswerkzeugen immer für eine Legende gehalten. Nicht einmal einem New Yorker Kollegen habe ich geglaubt, einem hoch angesehenen Reinkarnationsexperten, der behauptete, er hätte eines gefunden“, sagte sie. „Aber diese Liste hat mich überzeugt. Wenn Sie uns helfen, diese Objekte zu finden, ist mir und der Gesellschaft dafür kein Preis zu hoch.“
    „Haben Sie dieses Papier noch jemandem gezeigt?“ Ihrem New Yorker Kollegen zum Beispiel, dem hoch angesehenen Reinkarnationsexperten , lag ihm auf der Zunge, aber er verkniff sich die Frage.
    „Nein, niemandem. Der einzig lebende Mensch, der überhaupt von der Existenz dieser Liste weiß, sitzt im Gefängnis und wird so schnell nicht wieder herauskommen. Da bin ich mir ziemlich sicher.“
    „Dr. Aldermann, wenn die Objekte auf dieser Liste sich im Besitz der Gesellschaft befanden und gestohlen wurden, dann sollten sowohl das FBI als auch Interpol darüber informiert werden.“
    „Sie wurden nicht gestohlen. Soweit mir bekannt ist, sindsie noch nirgends gefunden worden. Zumindest die meisten davon.“
    Dem Agenten ging durch den Kopf, wie extrem wichtig diese Liste für seine Ermittlungen sein konnte. Entweder kehrte er unverrichteter Dinge nach New York zurück, oder er hatte endlich Erfolg. Es hing davon ab, was auf diesem Papier stand. Er bewegte die Finger auf den Tisch zu. „Darf ich es mir anschauen?“
    Das Papier war
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