Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
waren schwarz.
    »Öffnet das Tor!«, schrie der Junge so laut, dass die Schildträger neben ihm die Hände auf die Ohren pressten.
    Vier Soldaten lösten die schweren Riegel und Balken, die das Haupttor sicherten. Das Holz erbebte unter den Schlägen der Nachtschatten. Die ersten hatten die Festung erreicht. Die Soldaten sprangen zurück, als sie sich gegen das Tor warfen und es aufdrückten.
    Nachtschatten stürmten herein, eine dunkle Masse aus Fell, Zähnen und Klauen. Jonan konnte ihren Bewegungen kaum mit den Augen folgen, so schnell waren sie. Der abgetrennte Kopf eines Soldaten flog durch die Luft, ein anderer starrte auf seinen abgerissenen, im Dreck liegenden Arm.
    »Angriff!«, schrie eine Stimme. Jonan wusste nicht, warum.
    Nachtschatten prallten gegen Schildträger. Die Süße der Luft wurde zum Gestank, mischte sich in den beißenden Essiggeruch, der von den Nachtschatten ausging. Einige Magier, eingerahmt von Schilden, nahmen die Arme hoch. Die Nachtschatten wurden zurückgeworfen, so als wären sie gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen. Sie wurden von denen, die sich hinter ihnen durch das Tor drängten, niedergetrampelt. Dann erreichte die Mauer auch sie. Immer weiter drückte sie die Nachtschatten zurück, bis sie jenseits des Tors waren.
    Die Gruppe aus Schildträgern, Soldaten und Magiern rückte vor. Der sanfte Regen wurde zum Sturm. Windböen peitschten durch den Hof und fuhren durch das Tor. Ein Dutzend Nachtschatten wurde emporgerissen, hoch in den Himmel hinein. Jonan sah ihnen nach, bis sie verschwunden waren. Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht.
    Wie Könige schritten die Magier in die Woge der Nachtschatten hinein. Dogart riss sein Schwert hoch und lief los. »Für meinen Vater!«, schrie er. »Für meinen Vater!« Sein Ruf ging im Heulen des Windes und im Brüllen der Nachtschatten unter. Niemand nahm ihn auf.
    Jonan folgte ihm aus der Festung hinaus. Nyrdok war dicht neben ihm. Er hielt ein Schwert in der einen und einen Dolch in der anderen Hand. Sein Blick war auf Dogarts Rücken gerichtet.
    Der Sturm riss eine Schneise in die Nachtschatten. Dutzende wurden emporgerissen, unter ihnen auch einige Soldaten, die sich zu weit vorgewagt hatten.
    Jonan sah eine plötzliche Bewegung über sich und warf sich zur Seite. Etwas schlug keine Armeslänge von ihm entfernt auf. Es war die Leiche eines Nachtschatten. Eiszapfen hingen in seinem Fell. Um ihn herum schrien Soldaten laute Warnungen. Leichen fielen wie Geschosse aus dem Himmel, erschlugen Nachtschatten und Menschen zugleich.
    Die Schildträger zogen die Magier weg. Einer schrie, als seine Hand Feuer fing. Vor ihnen teilte sich die Menge der Nachtschatten. Sie machten einen Bogen um die Magier, versuchten, in deren Rücken zu gelangen. Die Soldaten kannten die Gefahren. Eines hatte ihnen Craymorus immer wieder gesagt: Die Magier müssen auf dem Boden stehen und ihren Feind sehen. Dann sind sie unbesiegbar.
    Offiziere brüllten Befehle, Sergeanten gaben sie weiter. Die Soldaten zogen sich zusammen, bis sie einen Keil hinter den Magiern bildeten. Jonan wich zurück. Der Weg in die Stadt hinein war fast frei. Die Nachtschatten konzentrierten sich auf die Magier und kesselten sie und die Soldaten ein. Er warf einen Blick zu den Türmen, auf denen die Bogenschützen standen. Der Regen war so heftig, dass er nichts außer den schlaff herabhängenden Fahnen sehen konnte. Das war seine Gelegenheit.
    Jemand griff nach seinem Arm. Er fuhr herum, hätte Dogart, der mit weit aufgerissenen Augen vor ihm stand, beinahe das Schwert in den Bauch gerammt.
    »Hast du den Befehl nicht gehört? Komm schon!«
    Eine Klaue wischte ihn zur Seite. Jonan wusste nicht, woher der Nachtschatten so plötzlich gekommen war, aber er stand da, hoch aufgerichtet wie ein Bär, mit zurückgezogenen Lefzen. Er überragte Jonan fast um eine Kopfeslänge.
    Er tauchte unter dem ersten Schlag weg und stieß mit seinem Schwert zu, ins Leere. Dogart kroch zur Seite, schreiend, den Arm auf seine aufgerissene Brust gepresst. Der Nachtschatten beachtete ihn nicht.
    Seinem zweiten Hieb entging Jonan nur, weil seine glatten Stiefelsohlen auf dem nassen Gras wegrutschten. Er ging zu Boden und zog seinen Dolch aus dem Stiefelschacht. Der Nachtschatten lachte. Es war ein dunkler, heiserer Laut. Jonan sah, wie sich seine Beinmuskeln unter dem Fell anspannten, und rollte sich ab.
    Der Sprung ging fehl, Jonans Schwertstreich nicht. Es zog eine dunkle Spur über das Bein des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher