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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache
Autoren: Claudia Kern
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sagte er.
    Gerit hörte die Vorsicht in seiner Stimme. Maccus hatte unter seinem Vater als Sklave in der Mine gearbeitet. Die Peitsche hatte ihn gelehrt, nicht zu widersprechen. Seit die Nachtschatten in Somerstorm herrschten, war er ein freier Mann, doch die Angewohnheiten aus Sklavenzeiten begleiteten ihn immer noch, so wie die Narben auf seinem Rücken.
    Trotzdem hat er seine Meinung gesagt , dachte Gerit. Er befürchtet, dass ich einen Fehler mache.
    »Warum?«, fragte er.
    »Weil wir mithilfe der Nachtschatten und der anderen Arbeiter versuchen könnten, den Fluss umzuleiten. So etwas Ähnliches haben wir vor vielen Jahren bei Stollen zwei gemacht. In dem sind wir auf eine Quelle gestoßen, die wir seitdem in ein altes Stollensystem umleiten. Viele hier wissen noch, wie wir das damals gemacht haben.« Maccus hob die Schultern. Sein Atem stand als weiße Wolke vor seinem Gesicht. »Burek und ich können das nicht allein, aber es muss gemacht werden, sonst bricht hier irgendwann alles zusammen.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte Gerit. Seine Stimme klang wie die seines Vaters. Er schüttelte sich innerlich. »Was ich meine«, fuhr er fort, »ist, dass ich dir für deinen Rat danke. Lass mich darüber nachdenken.«
    »Ja, Minherr.« Maccus wirkte zufrieden.
    Gerit drehte sich um und nahm die Fackel, die er am Eingang der Mine bekommen hatte, aus der Wandhalterung. Alles in ihm sträubte sich dagegen, den Nachtschatten von der Höhle zu erzählen. Sie war sein Geheimnis, nicht das ihre.
    »Wo wollt Ihr hin, Minherr?«, fragte Maccus hinter ihm.
    Gerit hielt die Fackel in den Gang. Er war abgebogen, ohne dass es ihm aufgefallen war. »Zurück nach oben.«
    »Dann folgt mir. Ihr geht falsch.« Der Gang, in dem Maccus stand, war breit genug für die Karren, mit denen Gold, Steine und Dreck aus der Mine geholt wurden. Gerit sah in den winzigen Gang, in den er abgebogen war. Wie hatte er die beiden verwechseln können?
    »Wohin führt der hier?«, fragte er.
    »Das ist nur ein Belüftungsstollen. Er führt nirgendwohin.« Maccus zögerte, als sei ihm doch noch etwas eingefallen. »Und zur Höhle«, sagte er dann.
    Gerit folgte ihm langsam durch den Gang. Lautes Hämmern hallte aus einem der schmaleren Stollen. Nur wenige Arbeiter kamen im Winter in die Mine. Der Weg war zu beschwerlich. Gerit hatte sogar schon daran gedacht, Winterquartiere für die Arbeiter und ihre Familien neben der Mine bauen zu lassen.
    »Was meinst du …«, begann er, stutzte dann aber, als ihm klar wurde, dass er eigentlich einen anderen Gedanken gehabt hatte. »Warst du noch mal dort?«, fragte er.
    »Einmal.« Maccus ging weiter vor ihm her, ohne sich umzudrehen. »Ich wollte wissen, wie tief der Bach in den Berg reicht. Ich blieb nicht lange. Etwas in dieser Höhle …« Er schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß.« Gerit dachte an den Fels, so glatt, dass er sich darin spiegelte, an das seltsam blaue Licht, das aus dem Fels zu dringen schien, an das schwarze Wasser des Bachs. Und an Rickard.
    »Manchmal«, sagte Maccus nach einem Augenblick, »träume ich von der Höhle.«
    Gerit nickte, obwohl es niemand sehen konnte. »Ich auch, und ich glaube, Rickard ebenfalls.«
    »Ist er noch bei Euch, Minherr?«
    »Ja. Ich verstecke ihn.« Gerit sah Rickards vom Frost zerstörtes Gesicht vor sich. Burek hatte ihn in der Höhle gefunden. Er hatte nur die Uniform Westfalls gesehen, aber nicht geahnt, dass er auf den Erben Westfalls, Fürst Baldericks einzigen Sohn, den Verlobten von Ana Somerstorm gestoßen war. Doch Gerit hatte ihn sofort erkannt und heimlich in die Festung gebracht.
    »Seid vorsichtig, Minherr. Die Nachtschatten vertrauen Euch, aber wenn sie erfahren, dass Ihr sie hintergeht …«
    Er ließ den Satz unvollendet.
    Gerit antwortete nicht darauf, sagte ihm nicht, dass seine Anwesenheit in Somerstorm nichts anderes war als eine große Lüge. Er hatte behauptet, Korvellan habe ihn geschickt, um sich um die Verwaltung der Festung zu kümmern, dabei hatte er die Armee heimlich verlassen. Im Frühjahr, wenn die Pässe frei waren und die Nachtschatten zurückkehrten, würde alles auffliegen. Eine Lüge mehr oder weniger würde sein Schicksal nicht beeinflussen.
    Wieso bleibe ich hier? , fragte er sich auf dem Weg nach oben, aber er kannte die Antwort. Er blieb, weil es keinen anderen Ort gab, an dem er sein wollte. Die Festung war sein Zuhause gewesen, bevor die Nachtschatten kamen, und bis zum Frühjahr konnte er so tun, als ob sie es
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