Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Verlobte

Der Verlobte

Titel: Der Verlobte
Autoren: Christine Sylvester
Vom Netzwerk:
hin.« Onkel Ludger deutete mit dem Gewehr in Richtung Stallgebäude. Gleich darauf spürte Tillmann wieder den Lauf im Rücken. Der bewaffnete Ludger trieb ihn durch den Regen vor sich her.
    Als Onkel Ludger kurz darauf die niedrige Tür öffnete und Tillmann in das kleine Gebäude hineinschob, wackelte Mama-Lou ihnen aufgeregt entgegen.
    »Nein, mein Försterchen! Du hast mir mein süßes Försterchen mitgebracht!«, freute sie sich lautstark. Sie hauchte Tillmann einen whiskygetränkten Kuss auf die Wange. »Darauf müssen wir einen trinken!«
    Im fahlen Licht einer Gaslaterne sah Tillmann, dass sie in irgendeiner Kiste wühlte. Kurz drauf förderte sie eine fast volle Flasche zutage.
    Onkel Ludger grinste blöde. Dann sah er Tillmann an. »Wir müssen hier weg«, sagte er. »Haben Sie Ihren Autoschlüssel dabei? Her damit!«
    Tillmann nestelte eilig in seinem Jackett herum und zog seinen Schlüsselbund hervor. Mit einem kaum zu unterdrückenden Grinsen gab Tillmann ihm die Schlüssel. Er freute sich jetzt schon auf Ludgers blödes Gesicht, wenn er vor dem Auto ohne Räder stehen würde.
    In diesem Moment hörten sie draußen auf dem Kies Reifen knirschen. Schnell trat Tillmann an das kleine fast blinde Fenster neben der Tür und spähte hinaus. Ein großer Jeep hielt direkt vor der Freitreppe.
    »Prost!«, rief Mama-Lou.
    »Was ist da los?«, fragte Onkel Ludger.
    »Ein Auto hält direkt vor der Tür«, sagte Tillmann. Er beobachtete, wie eine Gestalt in einem dunklen Regencape ausstieg und ins Haus ging, konnte jedoch nicht einmal erkennen, ob die Person männlich oder weiblich war. »Wahrscheinlich die Polizei!«
    »Was?« Onkel Ludgers Stimme klang gereizt. Er schubste Tillmann unsanft zur Seite und nahm selbst die Position am Fenster ein. »Es wird Zeit, dass wir hier wegkommen«, knurrte er grimmig und öffnete die niedrige Tür.
    Mama-Lou klammerte sich selig grinsend an Tillmann. »Ein Ausflug mit meinem Försterchen, wie schön!« Sie zog Tillmann mit sich und gemeinsam wankten sie vor Onkel Ludger her.
    »Welcher Wagen?«, fragte der bewaffnete Onkel und klimperte mit Tillmanns Schlüsseln.
    »Der grüne Volvo«, sagte Tillmann. »Da drüben.«
    Onkel Ludger ging jetzt neben Mama-Lou und Tillmann und hielt das Gewehr gesenkt. Wahrscheinlich vermutete er weitere Polizisten auf dem Gelände und wollte nicht auffallen.
    Sie hatten Tillmanns amputiertes Auto fast erreicht, als plötzlich Hänsel und Gretel aus der Dunkelheit auftauchten. Die beiden Doggen kamen lauernd, mit gesenkten Köpfen näher.
    Tillmann hielt den Atem an und Mama-Lou ganz fest am Arm.
    Onkel Ludger stutzte, ging aber unerschrocken weiter. »Mitkommen!«, kommandierte er, da Tillmann unwillkürlich langsamer geworden war. Dann hatte er offenbar die monumentale Wegfahrsperre des Autos entdeckt.
    »Verdammte Scheiße!«, schrie er und stampfte mit dem Fuß auf.
    Mama-Lou quiekte ausgelassen, während Tillmann sich plötzlich in einer seltsam vertrauten Position mit schweren Pfoten auf den Schultern wiederfand. Er blickte auf schlabbernde Lefzen. Die Dogge drückte ihn an irgendein Auto.
    »Mama-Lou? Geht es Ihnen gut?«, wagte Tillmann zu fragen. Die riesige Hundeschnauze vor dem Gesicht war ihm allemal lieber als der Gewehrlauf im Rücken.
    »Aber ja doch, mein Försterchen«, rief sie fröhlich. »Ihr seht aus, als wolltet ihr tanzen. Soll ich ein bisschen singen?«
    Dann hörte man Onkel Ludger leise vor sich hin fluchen. Die andere Dogge knurrte.
    »Försterchen?« Mama-Lou kicherte. »Ich habe eine Flinte gefunden. Möchtest du die haben?«
    »Nein!«, rief Tillmann schnell. »Bringen Sie die doch bitte Ihrem Vater!«
    »Aber ein Förster braucht doch eine Flinte, oder?« Sie schien sich auf dem Kies zu bewegen, denn es knirschte laut. »Peng! Peng!«, rief sie.
    »Louise, nicht schon wieder!«, hörte Tillmann Onkel Ludgers gedämpfte Stimme.
    »Mama-Lou, Louise«, versuchte Tillmann es erneut. »Bitte bringen Sie diese Flinte ins Haus!«
    Er hörte, dass sie jetzt neben ihm und der Dogge stehen musste.
    »Na gut, mein Försterchen«, sagte sie schleppend. »Was kriege ich denn dafür?«
    »Alles, was Sie wollen«, schlug Tillmann ächzend vor. »Wie wäre es mit einem großen Cocktail?«
    »Au ja, mit Wodka«, sagte sie und machte Schmatzgeräusche. »Bis gleich, mein Försterchen!«, flötete sie. Dann hörte er, wie der Kies knirschte und sich unregelmäßige Schritte entfernten.
    Tillmann hoffte inständig, dass sie sich in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher