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Der verkaufte Patient

Titel: Der verkaufte Patient
Autoren: Renate Hartwig
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vielleicht gar nicht krank? Redet der mich nur krank, weil ich Geld habe und beschwatzbar erscheine. Gesunde haben Geld. Wirkliche Kranke sind eher alt als jung, eher arm als reich – eine vernachlässigbare Größe.
    Kranke stören im Gesundheitssystem. Weg damit. Fertigt sie ab! Aus Sicht der Maschine, die maximale Rendite für sich will und nicht maximale Gesundheit für wirklich Kranke, muss man an die Gesunden heran. Das schafft man, indem man ihnen auf jede nur denkbare Weise Angst macht, damit sie an den Tropf der Maschine kommen, Geld abliefern und mit immer neuen Tricks in der Abhängigkeit bleiben. Das dürfte nicht schwerfallen. Krebs lauert überall. Seuchen sind im Anmarsch, geheime Killer nagen in unserem Körper, wühlen schon in den Organen! Die Welt und das Leben im Besonderen ist voller Risiken. Man kann daran sterben, wenn man nicht aufpasst.
    So tritt an die Stelle, an der in der herkömmlichen Patienten-Arzt-Beziehung das
Vertrauen
stand, das
Misstrauen
, die Angst vor Erpressung.
    Die Maschine ist in Gang gesetzt. Der Staat will sich nicht mehr um die Gesundheit kümmern. Mit einer Skrupellosigkeit ohnegleichen wird die staatliche Aufgabe einer gerechten und sozialen Organisation von
Gesundheit für alle
dem freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte überlassen. Gesundheit wird mit Gewalt auf Markt getrimmt, ein Markt, bei dem es vorerst um 240 Milliarden, nach dem Willen der Konzerne bald aber um die doppelte Summe geht. Amerikanische, italienische, französische und russische Investoren stehen wie die Hyänen um den großen Kuchen. Sie kaufen auf, was nicht niet- und nagelfest ist. Alles, was nach Gesundheit riecht und staatlich gesponsert wird, ist
for sale:
Kliniken, Praxen, Geräte, Personal,zuletzt die Patienten. Längst sind der leidende Mensch und der helfende Arzt zu Randgrößen einer Irrsinnsmaschinerie geworden. Die Maschine interessiert sich nur für die Rendite.
    Qualifiziertes Pflegepersonal zählt zu den Kostentreibern. Ärzte sind für die Maschine nur insofern interessant, als sie sich in billig bezahlte Agenten dieser Ausplünderungsaktion transformieren lassen. Ein Arzt, der frei und nur seinem Gewissen verpflichtet ist, ist Sand im Getriebe der industriell betriebenen Krankenplünderung. Er muss weg – er, der einzige Anwalt des Patienten, der Hüter seiner Daten. Der Kranke soll niemand an der Seite haben, der ihn vor unnützen Therapien bewahrt, seine Daten schützt und ehrlich an seiner Gesundheit interessiert ist. Der Patient soll allein sein, manipulierbar, zahlungsbereit. Wundert sich noch jemand, warum für den Berufsstand Hausarzt das Totenglöcklein läuten soll? Wundert sich noch jemand, warum im Moment die freien Fachärzte nichts so sehr beschäftigt wie die Angst, ebenfalls gleichgeschaltet zu werden? Ein Facharzt mailte mir im Juni 2008: »Ich kann Ihnen das Grundgefühl von uns Fachärzten präzise beschreiben: Wir fühlen uns als ›Kaufmasse‹. Wir warten nur darauf, was die Gesundheitsstrategen noch in der Trickkiste haben, um uns zum Verkauf unserer Kassensitze zu zwingen. Eines schönen Morgens wachen wir auf und sind fortan gekaufte Profitknechte der Medizinindustrie.« Wer hätte gedacht, dass sich Gesundheitspolitiker einmal als Helfershelfer solcher Machenschaften hergeben würden!

KAPITEL 2
Ärzte dürfen nicht mehr heilen –
oder: Das Elend der Sklaven in Weiß
     
    Ä rzte fahren Mercedes. Ärzte wohnen in schicken Villen. Ärzte können nicht mehr laufen vor Geld. So denken immer noch viele Menschen, wenn sie an Mediziner denken. Vielleicht war das einmal so, dass Ärzte ein sehr gutes Einkommen hatten, und vielleicht gibt es auch heute noch ein paar Spezialisten und Medizinalunternehmer mit Doktortitel, die wissen, wie man den Geldhahn ordentlich aufdreht. Die Realität des normalen deutschen (Haus-)Arztes sieht anders aus. Er hat eine 60-Stunden-Woche. Er steht ökonomisch mit dem Rücken zur Wand. Er erstickt in Bürokratie. Die Patienten verlieren den Glauben an ihn, weil er nur noch auf der Billig-billig-billig-Schiene verordnen darf. Er weiß nicht, wie er im Alter überleben soll, denn seine ganze Alterssicherung steckt in einer Praxis, die er aber nicht verkaufen kann, weil niemand ein Pleiteunternehmen kaufen will. Sie halten das für übertrieben? Dann hören Sie ein paar Stimmen von Ärzten, die mir geschrieben haben.
Ärztehopping für Behinderte
     
    Erschüttert hat mich der Fall eines Landarztes, der für seine behinderten
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