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Der verbotene Turm

Der verbotene Turm

Titel: Der verbotene Turm
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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seine Hände.
    »Nichts kann uns in der Überwelt verletzen, außer du glaubst es.« Dann erkannte er, was sie beunruhigte: Ihr ganzes Leben lang war ihr eingehämmert worden, daß ihre Kraft auf ihrer rituellen Jungfräulichkeit beruhte.
    »Nimm deine Matrix«, befahl er sanft.
    Zögernd gehorchte sie.
    »Konzentriere dich darauf. Siehst du?« fragte er, als sich die Lichter langsam in dem Stein sammelten. »Und du weißt, deine Kanäle sind sauber.«
    Das waren sie. Und das lag nicht nur am Kireseth . Von dem ungeheuren Druck ihrer Konditionierung befreit, waren die Kanäle nicht mehr blockiert. Callista hatte Kontrolle über die natürliche selektive Funktion. Aber warum hatte ihr das kein Instinkt gesagt?
    »Damon, wie und warum konnte man ein Geheimnis wie dies in Vergessenheit geraten lassen?«
    Seine Wiederentdeckung bedeutete, daß niemand mehr die schreckliche Entscheidung zu treffen hatte, die ihr als Kind von Leonie aufgezwungen war, die andere Bewahrerinnen seit Jahrhunderten in selbstloser Loyalität gegen Comyn und Turm hingenommen hatten.
    »Wie konnte man dies …« – all die wundervollen Entdeckungen der jüngst vergangenen Nacht waren damit gemeint – »… für das aufgeben?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Damon traurig, »und ich weiß auch nicht, ob sie es jetzt akzeptieren werden. Es bedroht die Lehren, die sie immer verteidigt haben, macht ihre Opfer und ihr Leiden sinnlos und zu einer Torheit.«
    Sein Herz verkrampfte sich vor Schmerz. Mit dem, was er tat, legte er die Saat zu erbitterten Zwisten, wie es bei allen großen Entdeckungen geht. Männer und Frauen würden sterben, um der einen oder anderen Seite in diesem Kampf zum Sieg zu verhelfen. Wie ein Stich durchfuhr ihn die Erkenntnis: Seine eigene Tochter, die den Namen und das Gesicht einer Blume hatte, eine Tochter, ihm von keiner der beiden Frauen in diesem Zimmer geboren, würde grausam ermordet werden, weil sie es wagte, dies Wissen nach Arilinn selbst hineinzutragen. Gnädigerweise verschwamm die Vision sofort wieder. Er lebte jetzt , und die Entscheidung fiel jetzt , und er durfte sich weder von der Vergangenheit noch von der Zukunft ablenken lassen.
    »Arilinn ist wie alle anderen Türme gefesselt von einer Entscheidung, die unsere Vorväter trafen. Sie mögen von Überlegungen geleitet worden sein, die für die damalige Zeit richtig waren, für die heutige aber nicht mehr. Ich zwinge die Turmkreise nicht, ihre Regeln zu ändern, solange sie sich aus freiem Willen dazu bekennen und ihre Wahl in dem Wissen treffen, daß es jetzt eine Alternative gibt. Doch ich will sie wissen lassen, daß ein anderer Weg vorhanden ist. Und wenn ich, der ich ausgestoßen bin und allein arbeite, den einen Weg gefunden habe, kann es auch noch andere geben, Dutzende, und einige dieser anderen Wege mögen ihnen mehr zusagen als meiner. Aber ich beanspruche für mich und meinen Kreis das Recht, auf meine eigene Weise zu arbeiten und nach solchen Regeln, wie sie uns richtig und zweckmäßig erscheinen.«
    Es schien so einfach und vernünftig zu sein. Wie konnte man ihn dafür mit Tod oder Verstümmelung bedrohen? Callista war es jedoch klar, daß die Drohung, wenn sie unterlagen, ausgeführt werden würde.
    Andrew sagte zu Ellemir: »Ich mache mir keine Sorgen um dich, aber ich wünschte, ich wäre sicher, daß es keine Gefahr für dein Kind bedeutet.«
    Damit hatte er Ellemirs eigene Ängste angesprochen. Aber sie erklärte fest: »Vertraust du Damon oder nicht? Wenn er Gefahr sähe, hätte er es mir gesagt und mich meine Entscheidung in dem vollen Wissen treffen lassen.«
    »Ich vertraue ihm.« Doch konnte Damon nicht einfach davon ausgehen, daß das Leben nach einer verlorenen Schlacht für sie alle, Ellemir und das Ungeborene eingeschlossen, sinnlos wäre? Entschlossen schnitt er diese Gedankenkette ab. Damon war ihr Bewahrer. Andrew trug keine andere Verantwortung, als sich zu entscheiden, ob Damon seines Vertrauens würdig war und, wenn ja, ihm zu vertrauen und seinen Anweisungen ohne inneren Vorbehalt zu gehorchen. So fragte er: »Was tun wir zuerst?«
    »Wir bauen den Turm und verstärken ihn mit allen unseren Kräften. Er ist schon lange Zeit vorhanden, aber er ist, was wir uns unter ihm vorstellen.« An Ellemir gewandt, setzte er hinzu: »Du bist noch nie in der Überwelt gewesen; du hast bisher nur hier für mich Wache gehalten. Schließe dich mit mir zusammen, und ich werde dich hinbringen.«
    Mit einem starken gedanklichen Schub war er in
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