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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort
Autoren: Fred Vargas
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Schrecklich, diese beiden. Bei ihnen habe ich angefangen.«
    »Wo war das?«
    Die Krankenpfleger traten ein, setzten die Trage ab, holten ihr Material heraus. Adamsberg bedeutete ihnen durch ein Zeichen, ihnen noch ein paar Minuten zu lassen. Madame Bourlant hörte ihrem Gespräch zitternd und voller Konzentration zu.
    »Wo?«
    »In Savolinna.«
    »Wo liegt das?«
    »Finnland.«
    »Wann? Vor Pressbaum?«
    »Ja.«
    »Plogan, ist das deren heutiger Name?«
    »Ja. Veïko und Leena Plogan. Üble Kreaturen. Nun herrscht er nicht mehr.«
    »Wer?«
    »Ich spreche seinen Namen niemals aus.«
    »Peter Plogojowitz.«
    Josselin nickte.
    »In Highgate. Aus. Sein Blut ist versiegt. Schauen Sie nach, der Baum auf der Anhöhe von Hampstead wird eingehen. Und die Baumstümpfe in Kiseljevo werden verfaulen um sein Grab.«
    »Und der Sohn von Pierre Vaudel? Er ist doch auch ein Plogojowitz? Warum haben Sie ihn am Leben gelassen?«
    »Weil er nur ein Mensch ist, er wurde nicht mit Zähnen geboren. Das verfluchte Blut fließt nicht in allen Zweigen.«
    Adamsberg richtete sich auf, da fasste der Arzt ihn beim Ärmel und zog ihn zu sich herab.
    »Gehen Sie nachsehen, Adamsberg«, bat er. »Sie wissen. Sie verstehen. Ich muss sicher sein.«
    »Was nachsehen?«
    »Den Baum in Hampstead Hill. Er steht an der Südseite der Kapelle, es ist die große Eiche, die bei seiner Geburt im Jahr 1663 gepflanzt wurde.«
    Den Baum ansehen? Dem Wahnsinn Paoles gehorchen? Der Vorstellung, dass Plogojowitz in diesem Baum lebte wie der Onkel in dem Bären?
    »Josselin, Sie haben neun Toten die Füße abgeschnitten, Sie haben fünf Kreaturen massakriert, Sie haben mich in diese Höllengruft eingemauert, Sie haben meinen Sohn benutzt, und Sie wollten ihn gerade töten.«
    »Ja, ich weiß. Aber gehen Sie und schauen Sie nach dem Baum.«
    Adamsberg schüttelte den Kopf vor Abscheu oder auch Müdigkeit, stand auf und bedeutete den Pflegern, dass sie ihn nun mitnehmen könnten.
    »Wovon spricht er?«, fragte Madame Bourlant. »Familienstreitigkeiten, was?«
    »Genau. Von wo haben Sie geschossen?«
    »Durch das Loch.«
    Madame Bourlant führte ihn mit ihren kleinen Trippelschritten in den Korridor. Hinter einem alten Stich verborgen, war eine Öffnung von drei Zentimetern Durchmesser in die dünne Wand gebohrt, durch die man das Zimmer mit dem Flügel einsehen konnte, genau in dem schmalen Spalt zwischen zwei Wandteppichen auf der anderen Seite.
    »Das war Émiles Guckloch. Da Monsieur Vaudel immer alle Lichter brennen ließ, konnte man nie sicher sein, ob er zu Bett gegangen war. Durch das Loch konnte Émile sehen, ob er sein Arbeitszimmer verlassen hatte. Émile stibitzte ihm hin und wieder ein paar Banknoten. Vaudel war ja so reich, mein Gott.«
    »Wie konnten Sie das wissen?«
    »Wir verstanden uns gut, Émile und ich. Ich war ja die Einzige im Viertel, die ihm nicht die kalte Schulter gezeigt hat. Wir vertrauten uns so manche kleinen Dinge an.«
    »Wie den Revolver?«
    »Nein, der gehörte meinem Mann. Wie blöd, mein Gott, was ich getan habe. Auf einen Menschen zu schießen, das ist ja nicht ohne. Ich habe nach unten gezielt, aber der Lauf ist ganz von allein nach oben gegangen. Ich wollte ja gar nicht schießen, ich wollte nur zugucken. Dann aber, mein Gott, als Ihre Leute nicht kamen, hatte ich das Gefühl, Sie sind erledigt, jetzt muss ich was tun.«
    Adamsberg nickte. Vollkommen erledigt. Es waren keine zwanzig Minuten vergangen, seit er das Badezimmer betreten hatte. Ein plötzlicher Hunger ließ seinen Bauch knurren.
    »Wenn Sie den jungen Mann suchen«, fügte die kleine Frau hinzu, während sie zum Keller trippelte, »er sitzt bei mir im Salon. Er verarztet seine Hände.«

46
     
    Die Mannschaft von Danglard fuhr hinter der Ambulanz her, die von Voisenet begann mit der Spurensicherung im Haus. Adamsberg fand Zerk im Wohnzimmer der Nachbarin sitzend, noch ebenso verängstigt wie vor Paole; vier Polizisten mit der Waffe in der Hand umstanden ihn. Seine Hände waren von groben Lappen umwickelt, die Madame Bourlant mit Sicherheitsnadeln festgesteckt hatte.
    »Den«, sagte Adamsberg und zog Zerk an einem Arm hoch, »übernehme ich. Ein Schmerzmittel, Madame Bour lant, haben Sie so was da?«
    Er gab ihm zwei Tabletten zu schlucken, dann schob er ihn vor sich her zu seinem Wagen.
    »Schnall dich an.«
    »Ich kann nicht«, sagte Zerk und wies auf seine verbundenen Hände.
    Adamsberg schüttelte den Kopf, zog am Sicherheitsgurt, hakte ihn ein. Zerk ließ es
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