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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss
Autoren: Susanne Goga
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Ihre Arbeit mit meiner Tochter war exzellent, soweit ich dies beurteilen kann, und ich werde Ihnen entsprechende Referenzen ausstellen. Damit dürfte es nicht schwierig sein, eine angemessene Position zu finden. Außerdem erhalten Sie drei volle Monatsgehälter, damit Sie sich in Ruhe eine neue Stellung suchen können.«
    Sie senkte den Kopf. »Wann werden Sie abreisen?«
    »So bald wie möglich. Noch vor Weihnachten. In Emilys Interesse.«
    Er hielt inne. Sie spürte, wie es in ihm arbeitete, doch nach dem Anflug von Schwäche, den er sich auf der Zugfahrt erlaubt hatte, zeigte er wieder seine unnahbare Fassade.
    »Ich habe alle meine Sachen aus Chalk Hill mitgenommen und kann die Wohnung jederzeit verlassen, wenn Sie es wünschen.«
    »Sie bleiben, solange wir hier sind.«
    Charlotte nickte und stand auf. »Dann gehe ich jetzt zu Emily.«
    Ihr Herz war schwer, als sie an die Zimmertür des Mädchens klopfte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass dieses heikle Gespräch der erste Schritt zum Abschied sein würde.
    Emily saß in einem Sessel am Fenster, eine Puppe neben sich auf der Armlehne, und las. Als sie Charlotte sah, sprang sie auf und kam mit der Puppe auf sie zu.
    »Sehen Sie nur, Fräulein Pauly, die Bekannte von Mrs. Clare hat Pamela repariert! Sie ist nicht ganz so schön wie früher, aber ich habe sie jetzt noch lieber.«
    Der Kopf war ersetzt worden, das Gesicht ein wenig gröber und bunter, aber die Haare waren lang und seidig, und Emily schien glücklich zu sein. Das war am wichtigsten.
    »Emily, setz dich. Wir müssen uns unterhalten.«
    Das Mädchen schaute sie neugierig an und setzte sich wieder mit untergeschlagenen Beinen in den Sessel. Charlotte verzichtete auf einen Tadel.
    »Du hast dich sicher gefragt, warum dein Vater und ich verreist waren.«
    Emily nickte.
    »Wir mussten nach Dorking fahren. Es … Etwas ist geschehen, worum dein Vater sich kümmern musste. Es fällt mir nicht leicht, dir davon zu erzählen, aber ich möchte, dass du es erfährst.«
    »Ist es wegen Mama?«
    Charlotte zuckte zusammen. »Wie kommst du darauf?«
    »Sie sind so plötzlich weggefahren, nachdem ich gesehen hatte, wie sie …«
    »Ja. Es hat mit deiner Mutter zu tun. Aber es war nicht so, wie du geglaubt hast. Du weißt doch, dass sie in den Mole gestürzt und ertrunken ist.«
    Emily nickte. Sie war blass geworden, wirkte aber ruhig.
    »Man hat sie gefunden. Ein Stück weiter flussabwärts.« Sie wusste, dass der Versuch gewagt war, und hoffte, dass Emily ihr logisches Denken ausnahmsweise vergaß und ihr einfach glaubte. »Wir haben sie begraben. Dort, wo sie von Anfang an ihren Platz hatte. Auf dem Friedhof in Dorking, oben auf dem Hügel, mit dem weiten Blick auf Box Hill.«
    Emily schwieg. Dann sagte sie leise: »Aber sie war doch da! Sie ist nachts gekommen und hat mich besucht. Ganz bestimmt.«
    »Es gibt Dinge, die wir nicht erklären können. Man spürt eine Verbindung zu einem Menschen, der ganz weit fort ist. Etwas sagt einem, dass man nicht die Straße überqueren soll, und im nächsten Augenblick rast ein Fuhrwerk mit einem wild gewordenen Pferd um die Ecke. Du hast deine Mutter sehr geliebt und sie dich, und vielleicht hat irgendetwas ihren Tod überdauert. Aber sie ist tot, Emily, und kommt nicht wieder.«
    Charlottes Augen brannten, und sie biss sich auf die Unterlippe. Verdammt, warum konnte Emilys Vater das nicht selbst erledigen?, dachte sie wütend.
    »Und was war mit den Tüchern, die sie aneinandergeknotet hat? Warum habe ich das gesehen?«
    Charlotte überlegte. Sie musste eine überzeugende Erklärung dafür finden. Wenn Emily ihr jetzt glaubte, würde sie in Zukunft ihren Frieden finden, denn Ellen Clayworth war tot und würde ihre Tochter nie mehr behelligen. Dann verfiel sie auf eine kühne Lüge.
    »Du hast gesagt, du hättest sie in ihrem alten Zimmer im Turm gesehen, in dem sie als Kind gewohnt hat. Vielleicht hat sie dir einmal erzählt, dass sie ein Tuch zerrissen und zu einem Seil geknotet hat, um damit zu spielen. Vielleicht kannte sie das Märchen von Rapunzel.«
    Emily schaute sie skeptisch an. Charlotte bewegte sich auf einem dünnen Grat, beim kleinsten Fehltritt würde sie unweigerlich abstürzen.
    »Rapunzel lebte in einem Turm. Sie ließ einen Prinzen an ihrem langen Zopf heraufklettern. Angenommen, deine Mutter hat das als Kind gespielt und dir später davon erzählt. Und du hast an sie gedacht und dich erinnert und es so gesehen, wie sie es dir beschrieben hat.«
    »Ich
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