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Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden
Autoren: Kate Morton
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ihren Stickkorb und setzte sich zu ihrer Mutter ans Krankenbett. Manchmal hörte Hamish sie über etwas lachen, was sich im Zeitungsladen zugetragen hatte: ein Streit zwischen Max Fitzsimmons mit irgendeinem Kunden oder Mrs Blackwells genüssliche Klagen über ihre neueste Krankheit. Er blieb an der Tür stehen, stopfte seine Pfeife und lauschte, als Nell mit gedämpfter Stimme aufgeregt von etwas erzählte, das Danny gesagt hatte. Mal ging es um das Haus, das er ihr bauen würde, wenn sie erst einmal verheiratet waren, mal um ein Auto, auf das er ein Auge geworfen hatte und das er nach Meinung seines Vaters zu einem Spottpreis würde erwerben können, oder um den neuesten Mixer aus dem Kaufhaus McWhirters.
    Hamish mochte Danny - einen besseren Mann konnte er sich für Nell nicht wünschen -, und das war gut so, denn seit sie sich kennengelernt hatten, waren Nell und Danny unzertrennlich. Seit zwei Jahren gingen sie nun schon miteinander. Die beiden zusammen zu erleben, erinnerte Hamish immer an seine erste Zeit mit Lil. Sie waren glücklich und zufrieden und immer füreinander da gewesen. Nur selten war in all den Jahren ein böses Wort zwischen ihnen gefallen. Ja, sie führten eine gute Ehe. Anfangs, ehe die Kinder geboren wurden, hatte es ein paar Zerreißproben gegeben, aber auf die eine oder andere Weise hatten sie alle Klippen umschifft.
    Wenn seine Pfeife gestopft war und er keinen Vorwand mehr hatte, an der Tür stehen zu bleiben, ging Hamish weiter und suchte sich einen stillen Platz am hinteren Ende der Veranda, eine schattige Stelle, wo er seinen Frieden hatte oder zumindest so viel Frieden, wie man finden konnte in einem Haus voller zänkischer
Töchter, eine reizbarer als die andere. Nur er allein und seine Fliegenklatsche auf der Fensterbank für den Fall, dass die Mücken allzu lästig wurden. Und dann hing er seinen Gedanken nach, die unweigerlich zu dem Geheimnis wanderten, das er jetzt schon all die Jahre über hütete. Der Zeitpunkt würde bald kommen, das spürte er. Der Druck, dem er so lange standgehalten hatte, wurde stärker. Hatte sie nicht ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren? Sie war fast einundzwanzig, eine erwachsene Frau, verlobt und drauf und dran, ihr eigenes Leben zu führen - hieß das nicht, dass es so weit war? Was Lil dazu sagen würde, wusste er, und deswegen erwähnte er ihr gegenüber nichts von seinem Vorhaben. Auf keinen Fall wollte er, dass sie sich Sorgen machte und ihre letzten Tage mit dem Versuch zubrachte, es ihm auszureden, wie sie es in der Vergangenheit schon so oft getan hatte.
    Manchmal, wenn er sich erneut fragte, wie er es anstellen sollte, welche Worte er für sein Geständnis wählen würde, ertappte er sich dabei, wie er sich insgeheim wünschte, es würde eine seiner anderen Töchter treffen. Und dann verfluchte er sich dafür, dass er eine Tochter den anderen vorzog, auch wenn er es sich nach außen hin nicht anmerken ließ.
    Aber Nellie war schon immer etwas Besonderes gewesen, so völlig anders als die anderen. Energischer, fantasievoller. Sie kam viel mehr nach Lil, dachte er immer wieder, auch wenn das natürlich Unsinn war.
     
     
     
    Sie hatten die Dachsparren mit Girlanden geschmückt - weiße, die zu ihrem Kleid passten, und rote, die zu ihrem Haar passten. Die alte, aus Holz errichtete Halle mochte vielleicht nicht so elegant sein wie die neuen Backsteingebäude in der Stadt, aber sie machte durchaus etwas her. Im hinteren Bereich, in der Nähe der Bühne, hatten Nells vier jüngere Schwestern einen Gabentisch aufgestellt,
auf dem sich bereits eine ganze Reihe Päckchen stapelten. Einige Frauen aus der Kirchengemeinde hatten gemeinsam das Abendessen bereitet, und Ethel Mortimer entlockte dem Klavier romantische Tanzweisen aus der Kriegszeit.
    Anfangs standen die jungen Männer und Frauen verlegen in Grüppchen am Rand des Saals herum, aber als die Musik lebhafter wurde und die etwas kontaktfreudigeren Frauen in Stimmung kamen, begaben sie sich paarweise auf die Tanzfläche. Nells kleine Schwestern schauten dem Treiben sehnsüchtig zu, bis sie abkommandiert wurden, um das Essen auf Tabletts aus der Küche zu holen und auf dem Tisch anzurichten.
    Als die Zeit für die Reden gekommen war, hatten alle bereits glühende Wangen, und die Schuhe trugen die ersten Spuren vom Tanzen. Marcie McDonald, die Frau des Pfarrers, schlug mit der Gabel an ihr Glas, und alle Augen richteten sich auf Hamish, der neben dem Gabentisch stand und ein kleines Blatt
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