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Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter

Titel: Der unvermeidliche Tod des Lewis Winter
Autoren: Malcolm Mackay
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geht darum, entspannt zu wirken. Wenn man den Eindruck erweckt, es eilig zu haben, dann stellen die Leute größere Forderungen. Calum könnte das sogar abschrecken. Der Junge will sich nicht binden. Das ist naiv, Young weiß das aus Erfahrung. In ein paar Jahren wird er sich danach sehnen. Die Regelmäßigkeit, der Rückhalt, das Sicherheitsnetz. Die Arbeit in diesem Geschäft gleicht einem Drahtseilakt. Wer frei arbeitet, läuft ihn mit verbundenen Augen. Eine große Organisation schützt einen, sie sorgt für die Sicherheit ihrer Leute. Irgendwann wird der ständige Druck Calum zermürben, dann wird er diese Sicherheit reizvoll finden. Doch so weit ist er noch nicht.
    Calum sitzt wieder auf seinem Sofa und beschäftigt sich mit einem Videospiel.
God of War  III
, um genau zu sein. Er findet es frustrierend. Das Telefon klingelt – diesmal das Handy. Er hält inne, geht ran, blickt auf das Display. Young.
    »Hallo.«
    »Calum, John Young hier. Wie geht’s, viel zu tun?«
    »Nein, gar nichts.«
    »Gut, dann komm in den Club. Ich und Peter wollen mit dir sprechen, okay?«
    »Sofort?«
    »Sofort.« Offensichtlich ein Jobangebot. Wichtig? Vielleicht, doch er hat drei Tage gewartet, also vermutlich nicht dringend. Vielleicht soll er genau das denken. Es dürfte was Befristetes sein, aber möglicherweise soll es ihn in was Langfristiges reinziehen. Frank MacLeod kann nicht ewig weiterarbeiten. Das kann niemand in diesem Geschäft. Calum schaltet alles aus, lässt nichts auf Stand-by laufen. Er holt sich einen Mantel, denn es ist kälter geworden. Stürmisch draußen. In der Küche nimmt er die Autoschlüssel vom Kühlschrank und verlässt die Wohnung.
    In der Wohnung gibt nichts zu erkennen, womit er seinen Lebensunterhalt verdient. Jedenfalls hat er keine Waffe da. Wer bei seiner Arbeit Waffen benutzt und noch einen Funken Verstand hat, bewahrt zu Hause keine auf. Es gibt nichts Schriftliches. Nichts, was einen Hinweis liefern könnte. Manche Leute bewahren Andenken auf. Diese Typen sind dumm. Strohdumm. Vielleicht sogar ein bisschen krank. Irgendwann werden sie erwischt. Eine Polizeirazzia würde nichts über Calum verraten. Keine E-Mails. Keine Tweets. Keine SMS . Über zurückverfolgte Anrufe würde rauskommen, dass er mit Leuten wie Young in Verbindung stand, doch für die Freundschaften, die man pflegt, kommt man nicht ins Gefängnis. Calum wurde noch nie verurteilt, noch nie verhaftet, hat noch keine Gefängniszelle von innen gesehen. Er ist seit zehn Jahren im Geschäft. Bevor er sich zur Ruhe setzt, wird er sich nicht damit brüsten, dass er nie verhaftet wurde.
    Nicht verhaftet zu werden ist nicht dasselbe wie nicht verdächtigt zu werden. Keine Ahnung, wie er in diesem Punkt abschneidet. Weiß die Polizei von ihm? Bestimmt. Von Jamieson muss sie wissen, den kennt jeder. Jamieson ist der Mann der Stunde. Calum hat schon für ihn gearbeitet. Auch für ein, zwei etabliertere Leute. Aber er ist an niemanden gebunden – das ist wichtig. Er ist flexibel. Vielleicht kennt ihn die Polizei noch nicht. Weiß nicht, was er tut. Genau das wünscht er sich, und genau das erwartet auch Jamieson von seinen Mitarbeitern. Dass sie am Anfang eine reine Weste haben.
    Wie immer betritt Calum den Club durch den Haupteingang. Es bringt nichts, sich in das Gebäude zu schleichen. Wenn jemand den Club beobachtet, dann nicht nur von vorn, sondern auch von hinten. Wenn man sich hintenrum reinschleicht, macht einen das bloß verdächtiger. Die Treppe rauf, durch die Tür. Der Snookersaal ist für Gäste geöffnet, genau wie die Bar. An drei verschiedenen Tischen spielen sechs Leute, vier weitere sitzen an der Bar. Einer der Männer an den Tischen ist Kenny McBride, Jamiesons Fahrer. Fahrer ist nur die grobe Beschreibung. Jamieson kann meistens selbst fahren. Kenny ist ein Taxi für den Boss. Er fährt bei wichtigen Aufträgen. Liefert Sachen aus. Holt Sachen ab. Alles, wofür man einen Wagen braucht. Im Vorbeigehen nickt Calum ihm zu.
    Den Flur lang, bis ganz zum Ende. Niemand vor der Bürotür, keine sichtbaren Bodyguards. Nie. Keine Paranoia, doch das kommt bestimmt noch. Geht den meisten so. Jamieson ist Mitte vierzig. Das ist nicht alt. Er wirkt jünger als die meisten Leute in seinem Alter. Ist noch nicht so bedeutend, dass man sich gegen ihn verschwört. So denken die meisten Leute. Ein lockerer Umgang mit der Sicherheit. Rücksichtslos, ja, aber auch zwanglos. Calum klopft dreimal und wartet, dass er reingerufen wird. Er
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