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Der Untergang der islamischen Welt

Der Untergang der islamischen Welt

Titel: Der Untergang der islamischen Welt
Autoren: Hamed Abdel-Samad
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es geht nicht nur um die Geschichte, sondern um die Religion, die die Welt in Gläubige und Ungläubige teilt. Es geht auch um die geopolitische Lage und die materielle Unterlegenheit gegenüber dem Westen in allen Bereichen des Lebens, die dazu führt, dass den Muslimen nichts übrigbleibt, als sich gegen die seelenlose und aggressive Macht des Westens zu wehren. Dieser selbsterteilte Auftrag ist freilich keinesfalls legitimiert, denn Alternativen zum vermeintlich atheistisch kapitalistischen System des Westens bieten die islamischen Staaten keineswegs. Im Gegenteil, die Konsummentalität ist in vielen islamischen Staaten mittlerweile hässlicher ausgeprägt, weniger verschleiert als im Westen. Gerade in Saudi-Arabien ist diese Schizophrenie am deutlichsten zu greifen: Auf der einen Seite steht die washingtonfreundliche Energiepolitik des Herrscherhauses, die Öffnung des Landes für alle westlichen Konsumwaren und für die US -Marines, auf der anderen Seite steht eine menschenverachtende, wahhabitische Richtung des Islam, die alle Bereiche des Lebens orthodox-religiös deutet und bestimmt. Die Integration eines nach außen hin westlichen Lebensstils, den man exzessiv lebt und offenkundig genießt und zugleich innerlich verachtet, macht diese Schizophrenie explosiv. Kein Wunder, dass fünfzehn der neunzehn Attentäter des 11 . September 2001 aus Saudi-Arabien stammten.
    Nachdem der saudische Botschafter in Washington die Lehrpläne seines Landes für hassfrei erklärte, untersuchte die »Washington Post« dies in einem Bericht im März 2006 und stellte fest, dass die Religionsschulbücher nach wie vor vom Islam als der einzig wahren Religion sprächen und dass in ihnen der Dschihad gegen die Ungläubigen und Polytheisten als Pflicht eines gläubigen Muslims dargestellt sei. Der Bericht listete zahlreiche Beispiele für die nach wie vor hasserfüllten Passagen in den Schulbüchern auf, darunter ein Beispiel aus dem Buch der ersten Klasse:
    »Ergänze folgende Sätze mit jeweils einem der beiden Worte (Islam – Hölle): Jede Religion außer          .ist falsch. Wer kein Muslim ist, landet in der         .«
    In dem »reformierten« Buch für die vierte Klasse ist zu lesen:
    »Der wahre Glaube bedeutet, dass du die Ungläubigen und die Polytheisten hasst und ihnen mit Härte begegnest.«
    »Wer die Lehre des Propheten befolgt und die Einigkeit Allahs bezeugt, darf keine Freundschaft mit Menschen pflegen, die gegen Allah und seinen Propheten sind, selbst wenn sie zu den nächsten Verwandten gehören.«
    Aus dem Buch für die sechste Klasse:
    »Die Affen sind die Juden, die Leute des Sabbats, und die Schweine sind die Christen, die ungläubigen Anhänger Jesu.«
    Die Elftklässler werden auf die Ideologie des Dschihad vorbereitet:
    »Kampf gegen Unglaube, Unterdrückung, Ungerechtigkeit und diejenigen, die sie verbreiten. Dies ist der Gipfel des Islam. Diese Religion ist durch den Dschihad entstanden und durch die Flagge des Dschihad aufgestiegen.«
    Es ist ein Treppenwitz, wenn ausgerechnet das saudische System seine Schüler lehrt, dass Dschihad den Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit bedeute – denn dies hieße für jemanden mit gesundem Menschenverstand, dass das saudische System zum Kampf gegen sich selbst aufruft. Aber in einem solchen System, das die Wahrnehmung seiner Untertanen vernebelt, ist kaum jemand imstande, die unfreiwillige Pointe zu erkennen. Derartige Bücher werden nicht nur in Saudi-Arabien als Lehrmaterial benutzt, sondern auch in neunzehn europäischen Staaten, in denen saudische Akademien existieren. Und selbst wenn einige Inhalte aus Verlegenheit modifiziert werden, bleibt die Geisteshaltung der Lehrer die gleiche, denn sie wurden durch die alten Lehren beeinflusst.
    Eine Untersuchung des Bildes des »Anderen« in den jemenitischen Schulbüchern, die im Auftrag der Regierung 2009 in Sana vorgelegt und mittlerweile auf der Webseite des Präsidentenamtes veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass der »Andere« immer als der gierige Feind in den Schulbüchern negativ gezeichnet werde. Mit dem »Anderen« ist selbstverständlich der Westen gemeint. Doch die Studie schließt mit der Ausrede, dass dieses Bild auch als negative Reaktion auf das negative Bild des Islam, das der »Andere« in seinen Schulbüchern konstruiert, gelesen werden kann.
    Ein Blick in die jordanischen Schulbücher ergibt ein ähnliches Bild. Der »Andere« wird immer als das
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