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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche
Autoren: Carter Brown
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nicht einmal das sagen —
oder?« Damit fand unsere Unterhaltung ihr Ende.
    Zwei Minuten später tauchte Rochnoff auf. Er war klein und dick und hatte dichtes,
gelocktes dunkles Haar und einen üppig geschwungenen Schnurrbart. Er wirkte
geradezu aggressiv lebendig und daher völlig fehl am Platz.
    »Polizei!« knurrte er. »Das
ganze Haus ist voll Polizei! Ist schon bald überhaupt kein Platz mehr für die
Leichen!«
    »Lieutenant Wheeler«, stellte
ich mich vor. »Ich möchte mich mit Ihnen sehr gern über Leila Cross
unterhalten.«
    »Was Sie nicht sagen!«
erwiderte er. »Kein Polizist könnte sich bei mir eine Bestattung leisten. Zehn
Minuten für Sie, Lieutenant. Gehen wir drüben in die Bar, gleich auf der
anderen Seite der Straße. Dieser Laden hier macht mich verrückt.«
    »Gute Idee!« sagte ich zu ihm.
    Er streifte die farblose
Blondine mit einem Blick. »Ich gehe für zehn Minuten weg«, rief er ihr zu.
»Und, meine Liebe, während ich weg bin — tun Sie sich was Gutes an und
genehmigen Sie sich einen Viertelliter Blut.«
    Die Blondine schloß die Augen,
und ein gequälter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.
    Rochnoff zuckte die breiten Schultern.
»Das Mädchen macht mir Sorgen«, vertraute er mir an, während wir hinausgingen,
»weiß nicht recht, woran ich mit ihr bin.«
    »Es gibt eine ganz sichere
Methode, das festzustellen«, erklärte ich ihm.
    In der weitaus heitereren
Atmosphäre der Bar auf der anderen Seite der Straße ließen wir uns nieder.
    »Scotch?« fragte Rochnoff .
    »Immer die beste Grundlage«,
stimmte ich ihm zu. »Mit einem Schuß Soda.«
    Er bestellte sich einen »ohne«
und wandte sich dann wieder mir zu. »Ich habe es schon dem anderen Lieutenant
erzählt, als der mich nachts aus dem Bett holte: Ich weiß nichts von diesem
Mädchen. Sie war eine gute Kosmetikerin und verstand ihre Sache.« Er nahm
voller Behagen einen Zug von seinem Whisky. »Solche Leute braucht man in meinem
Geschäft. Und was sie mich kosten! Leila kam vor etwa drei Wochen zu mir und
bewarb sich um eine Stellung. Sagte, sie hätte schon früher in der Branche
gearbeitet, hätte jedoch keine Zeugnisse. Ich ließ sie eine Arbeit ausführen,
zur Probe, und kam dabei zu der Überzeugung, daß sie ziemlich tüchtig war. Hat
noch am selben Tag angefangen — gute Leichenkosmetikerinnen sind schwer zu
finden. Weiß nicht, warum, immerhin das einzige Geschäft, bei dem der Kunde
keinen Widerspruch erheben kann.«
    »Haben Sie mal mit ihr geredet,
während sie bei Ihnen arbeitete?«
    »Ich habe ein paarmal >guten
Morgen< zu ihr gesagt«, antwortete Rochnoff . »Bin
ein vielbeschäftigter Mann, Lieutenant, die Leute hören mit dem Sterben ja
nicht auf! Mir bleibt keine Zeit zu etwas anderem. Ich habe von ihr nichts
weiter gewußt, als daß sie gut arbeitete, und das allein ist mir wichtig.«
    »Sie müssen zu dem
fortschrittlichen Typ des Arbeitgebers gehören, von dem man ab und zu liest«,
sagte ich. »Ständig in Sorge um das menschliche Klima.«
    Er sah mich ungerührt an. »Ist
ja wohl ein Scherz«, erklärte er schließlich.
    »Was ist mit den Leuten, mit
denen sie zusammen arbeitete?« fragte ich ihn. »Hat sie sich mit irgendeinem
angefreundet?«
    Er dachte einen Augenblick
nach. »Die meiste Zeit über hat sie neben Drusilla Peace gearbeitet.«
    Ich starrte ihn an. »Und so
heißt sie wirklich? Drusilla ?«
    »Warum denn nicht?«
    »Ganz recht«, antwortete ich.
»Warum auch nicht. Bin so einem Namen nur noch nicht begegnet.«
    »Ich glaube nicht, daß sich
Leila mit einer der anderen eingelassen hat, aber Sie können ja, wenn Sie
wollen, mit Drusilla sprechen.«
    »Ja, das werde ich tun.«
    Er trank seinen Whisky aus.
»Jetzt können Sie einen bestellen, und dann gehen wir besser wieder zurück«,
sagte er. »Schönes Wetter in letzter Zeit.«
    »Regen und Kälte«, erwiderte
ich verständnisinnig. »Scharfe Winde. Die Leute sterben dabei wie die Fliegen.«
    »Richtig«, und Rochnoff nickte zufrieden. »Wie ich schon sagte: schönes
Wetter!«
    Ich bestellte nochmals was zu
trinken, denn ich fühlte schon die kalte, feuchte Luft in meine Knochen
kriechen.
    »Vielleicht hatte sie eine
Vergangenheit?« meinte Rochnoff plötzlich. »Der
sollten Sie mal nachgehen, Lieutenant.«
    »Versuche ich ja gerade«,
erwiderte ich. »Wenn das Wetter in den vergangenen drei Wochen nicht so schön
gewesen wäre, hätte jemand wie Sie wohl doch noch die Zeit gefunden, mit ihr zu
sprechen und etwas über ihre Vergangenheit zu
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