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Der unersättliche Spinnenmann

Der unersättliche Spinnenmann

Titel: Der unersättliche Spinnenmann
Autoren: Pedro Juan Gutierrez
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ein bisschen. Sie knöpft die Bluse auf, holt eine ihrer Titten raus und lässt ihn saugen. Ich sehe sie gierig an.
    »Du siehst wunderhübsch aus nach der Geburt.«
    »Du immer mit deinen Sprüchen … Mein Mann sagt mir so was nie.«
    »Ich hätte dir Blumen mitbringen sollen, anstatt mit leeren Händen zu kommen.«
    »Lass gut sein, mach mir nicht das Leben schwer. Ich werd schon ganz feucht, gleich spring ich dich an und beiß in dich rein.«
    »Hm, hört sich gut an.«
    »Dies Kind hier könnte von dir sein, du Arsch.«
    »Gefall ich dir immer noch?«
    »Du wirst mir immer gefallen, das weißt du genau.«
    »Wann können wir uns sehen?«
    »Nächste Woche. Mami kann ein paar Stunden auf das Baby aufpassen.«
    Ich sehe sie schweigend an. Sie sagt:
    »Schau mich nicht so an, mein Lieber. Mir läuft es schon die Schenkel runter.«
    »Oh, verdammt! Schau mal, was bei mir los ist.«
    Ich zeig auf meine Hose. Der Stoff ist straff gespannt und pulsiert. Uff. Stopp. Wir wechselten das Thema. Sie erzählte mir, dass das Baby außer ihrer Milch jeden Tag mehrere Unzen Karottensaft trinkt. Ich weiß nicht mehr, worüber wir sonst noch redeten. Ich musste mich zusammenreißen, um sie nicht zu küssen und an ihren Titten zu saugen. Die Mutter und andere Verwandte gingen ein und aus. Haymé war das schwarze Schaf der Familie, und keiner von ihnen wollte, dass sie ihre Ehe gefährdete, weil sie sich mit einem tollen weißen Bürschchen von fünfzig einließ. Ich verabschiedete mich:
    »Rufst du mich nächste Woche an?«
    »Montag oder Dienstag. Bist du allein zu Haus?«
    »Den ganzen Tag, Haymé. Ich warte auf dich.«
    Ich ging zum Malecón vor, zur Strandpromenade, und lief Richtung Vedado. Im Kino La Rampa wurde »Alles über meine Mutter« gegeben. Wegen der Nominierung für den Oscar. Haymé hatte mich noch unruhiger gemacht. Vielleicht würde mich der Film alles über mein Leben vergessen lassen. Im Kino gab’s keinen Strom. Ungefähr zehn Leute warteten vor dem Eingang. Ein Lastwagen kam mit fünf grau gekleideten Arbeitern. Sie besahen sich die Leitungen, schauten sich die Transformatoren an, redeten untereinander. Schließlich luden sie eine Leiter und ein paar lange, gelbe Stäbe ab. Einer stellte die Leiter an einen Mast und stieg hinauf. Mit einem Stab berührte er etwas an der Spitze des Mastes und stieß dann ein paar Mal dagegen. An einem anderen Mast hörte man einen lauten Knall, und ein stahlblauer Blitz lief die Leitung entlang. Ein paar Frauen riefen: »Ayy!« Sechs oder sieben Polizisten näherten sich dem Lastwagen. Sie sahen besorgt und unruhig aus. Ein lauter Knall stört die Ordnung. Das ganze Viertel hatte keinen Strom mehr. Einer der Arbeiter sagte:
    »Verdammt, jetzt ist das endgültig im Arsch!« Ein anderer sagte:
    »Die Leitungen sind einfach zu alt. Das ist doch eine einzige Scheiße! So kann doch keiner arbeiten!« Einer von ihnen stieg in den LKW und sprach über Funk: »Hör mal, das wird schwierig hier. Schick mal …«
    Ich machte mich aus dem Staub. Weiß nicht mehr, wohin. Machte mich einfach aus dem Staub.

 
     
     
     
Unangenehme Sachen
     
     
    Ich fahre in einem Bus, der, rappelvoll, die Carlos-II-Straße Richtung La-Fraternidad-Park hinunterfährt. Man sollte meinen, dass an einem Sonntagmorgen wenig Leute mit dem Bus fahren. Doch nein. Es sind viele. Keine Ahnung, wo die alle herkommen. Immer unterwegs.
    Ich drängle und sage Entschuldigung und drängle und komme schließlich ans Ende des Mittelgangs. Ich stehe auf der Stufe vor der hinteren Tür, bereit, an der nächsten Haltestelle auszusteigen. Neben mir steht ein Kind von sechs oder sieben Jahren. Ein sauberer, kleiner Junge, gut und sorgfältig angezogen, mit rosigen, wohl genährten Wangen. Die Mutter hält ihn von hinten an den Schultern gepackt. Er kann sich auch selbst festhalten. Aber nein. Sie hält ihn fest. Er ist ein kleiner Pracht-Macho und muss beschützt und behütet werden, damit was wird aus ihm im Leben. Ein Leichenwagen fährt am Bus vorbei, rundherum verglast. Er transportiert gerade einen Sarg. Der Typ ist sicher im Notfall-Krankenhaus gestorben, das zweihundert Meter von hier entfernt liegt, denke ich. Jetzt bringt man ihn zur Totenwache ins Bestattungsinstitut. Irgendwie sorgt der Verkehr dafür, dass der Leichenwagen mit gleicher Geschwindigkeit fahren muss wie der Bus und auf gleicher Höhe mit uns bleibt. Das Kind sieht ihn und fragt seine Mutter:
    »Mami, in dem Sarg da bringen sie eine Leiche weg,
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